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Wohnpark Zippendorf: Abschaffung des Schulgeldes in der Pflegeausbildung

Schwerin, 13.06.2016 (red/sr). Mecklenburg-Vorpommern sucht händeringend Pflegekräfte und bittet gleichzeitig angehende Pflegende für ihre Ausbildung zur Kasse. Damit muss Schluss sein, meint das Pflegeheim Wohnpark Zippendorf und startete eine Unterschriftenaktion.

  • Veröffentlicht Juni 13, 2016

Schwerin, 13.06.2016 (red/sr). Mecklenburg-Vorpommern sucht händeringend Pflegekräfte und bittet gleichzeitig angehende Pflegende für ihre Ausbildung zur Kasse. Damit muss Schluss sein, meint das Pflegeheim Wohnpark Zippendorf und startete eine Unterschriftenaktion. Am vergangenen Donnerstag wurden die Unterschriften der CDU-Landtagsfraktion übergeben. Schnelle Abhilfe ist aber nicht zu erwarten. 

 

CDU-Landtagsabgeordneter Bernd Schubert (links) nimmt fast 2.000 Unterschriften für die Abschaffung des Schulgeldes bei Pflegeberufen entgegen (c) Schwerin-Lokal

 

Der Pflegenotstand hat seit einigen Jahren Schwerin erreicht. Die Pflegeheime in der Landeshauptstadt, haben immer mehr Probleme, Fachkräfte zu finden. Der Pflegenotstand betrifft die zu Pflegenden ebenso wie die, die in der Pflege arbeiten. Es gibt immer mehr alte und sehr alte Menschen. Darüber hinaus werden immer weniger Kinder geboren. Verharmlosend spricht die Politik allgemein vom demografischen Wandel und verschleiert damit, dass es an dieser Stelle unsere gesamte Gesellschaft in Frage gestellt wird, da sie zunehmend überaltert.

 

Auch in Mecklenburg-Vorpommern wird es in wenigen Jahren viel mehr Menschen geben, die gepflegt werden müssen. Alleine in Schwerin wird die Anzahl in wenigen Jahren von 700 auf etwa 5.200 pflegebedürftige Menschen steigen. Damit rechnen zumindest die Zahlen des Sozialministeriums in Mecklenburg.Vorpommern. Gleichzeitig sinkt die Anzahl von Pflegekräften, die schon heute händeringend gesucht werden. Weil in den kommenden Jahren geburtenschwache Jahrgänge in die Ausbildungen eintreten, kann dieser Bedarf durch Ausbildung von Fachkräften längst nicht mehr aufgefangen werden.

 

Die Pflegebedürftigen werden derzeit im Land von rund 18.500 Mitarbeitern versorgt; 85 Prozent dieser Mitarbeiter sind in direkten Pflege tätig. Schätzungen gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2030 in Mecklenburg-Vorpommern bis zu 15.000 zusätzliche Pflegekräfte benötigt werden.

 

Schulgeld für Ausbildung

 

Unter diesen Umständen ist es unverständlich, dass diejenigen, die sich heute für einen Pflegeberuf entscheiden,  an Privatschulen Schulgeld in Höhe bis zu 150,00 Euro zahlen müssen. „Wir brauchen jede motivierte Kraft, um die steigende Zahl von Pflegebedürftigen adäquat zu versorgen. Wer Altenpflegerin oder Altenpfleger werden möchte, darf dafür nicht noch mit einer kostenpflichtigen Ausbildung bestraft werden.“, sagt Sven Kastell, der Einrichtungsleiter des Wohnparks Zippendorf. Deshalb hat der Wohnpark vor einiger Zeit eine Unterschriftenaktion gestartet. Was in Bundesländern wie Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland Pfalz und im Saarland geschafft ist, soll auch in Mecklenburg-Vorpommern eingeführt werden: Das Land soll das Schulgeld für die Pflegeberufe übernehmen.

 

„Potentielle Bewerber dürfen wir nicht mit Schulgeld abschrecken. Die Abschaffung des Schulgeldes wäre ein wichtiger Schritt, mit dem der Pflegeberuf aufgewertet, die Auszubildenden entlastet und die Pflege insgesamt gestärkt würde. Dadurch können wir dem Fachkräftemangel entgegen treten und jungen Menschen den Einstieg in den Pflegeberuf erleichtern.“, glaubt Kastell.

 

Unterschriften für Schulgeldfreiheit

 

Über 2.000 Unterschriften kamen auf Initiative des Wohnparks Zippendorf zusammen. Verschiedene Einrichtungen unterstützten die Pflegeeinrichtung bei ihrem Signal an die Landespolitik. Ursprünglich wollte man am vergangenen Donnerstag die Unterschriften der Sozialministerin, Birgit Heße übergeben. Das Interesse im Ministerium hielt sich allerdings sehr in Grenzen, ebenso im Bildungsministerium unter Mathias Brodkorb. In der SPD-Landtagsfraktion hatte man auch wenig Interesse daran, sich kurz vor Ende der Legislaturperiode mit einem Thema zu beschäftigen, dem man eher skeptisch entgegensteht.

 

Im Gespräch über Möglichkeit einer Landesinitiative (c) Schwerin-Lokal

 

Der Leiter des Arbeitskreises Soziales der CDU-Landtagsfraktion, Bernd Schubert, hat nun am vergangenen Donnerstag die Unterschriften entgegengenommen. „Im Rahmen der Schulgesetzänderung hat sich die CDU-Fraktion dafür stark gemacht, dass die Ausbildungsgänge in den Bereichen Gesundheit/Pflege/Soziales an Berufsschulen in freier Trägerschaft stärker vom Land bezuschusst werden. Wir haben dies mit dem Ziel verbunden, dass die Träger das Schulgeld spürbar absenken. Unser Ziel bleibt eine möglichst zügige Schulgeldfreiheit“, sagte Schubert bei der Übergabe der Unterschriften. Wenig Hoffnung machte der CDU-Landtagsabgeordnete den Initiatoren, dass sich in dieser Legislaturperiode, die ja mit der Wahl am 4.September zu Ende geht, noch etwas bewegt. Man habe die SPD als Koalitionspartner nicht für dieses Thema gewinnen können.

 

Skepsis gegenüber geplanten Änderungen auf Bundesebene

 

„Die CDU-Landtagsfraktion wird die Pflegeausbildungsreform auf Bundesebene unterstützen. Durch die Reform wird es zur Verbesserung der Pflegeausbildung kommen. Der Beruf wird so attraktiver werden und die Pflege gestärkt. Mit der Pflegeausbildungsreform wird es eine Abschaffung des Schulgeldes für die Ausbildungsberufe geben.“, stellte Schubert in Aussicht.

 

Für Sven Kastell und seine Mannschaft, ist das allerdings eine langwierige Option, die eigentlich keine wirkliche Option für ihn ist. Gerade im Hinblick auf die Fachkräfteplanung  und den Bedarf, hätte sich mancher in dieser Runde an diesem Tag ein anderes Statement gewünscht. „Lösungen werden jetzt gebraucht, zumal bis heute nicht abzusehen ist, wann die Pflegeausbildungsreform umgesetzt werden kann.

 

Es sei ein Verlust an Spezialisierung und Qualifizierung zu befürchten, wenn die Ausbildungen in der Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflege zusammengelegt würden. Auch ist für viele Kritiker der Reform überhaupt nicht ausgemacht, dass die Zusammenlegung der Ausbildungsberufe zu einer Attraktivitätssteigerung der Ausbildung führt. Eher befürchtet man ein Ausbildungschaos, sollte die Reform durchgesetzt werden.

 

„Von vielen Mitarbeitern aus verschiedenen Pflegeeinrichtungen haben wir Unterschriften erhalten, die signalisieren, dass ein Handeln der Politik für eine Aufwertung des Pflegeberufes und zukünftigen Fachkräftesicherung erwartet wird. Dabei ist es gerade nicht an der Zeit, auf eine wie auch immer geartete Novellierung der Pflegeausbildung zu warten.“, macht Sven Kastell deutlich.

 

Auch Michael Händel, Vorsitzender des Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e. V. (bpa), Landesgruppe Mecklenburg-Vorpommern ist skeptisch: „Die Abschaffung des Schulgeldes ist eine Aufgabe des Landes, die sofort umzusetzen ist. Es wäre falsch, hier auf den Bund zu hoffen. Eine schulgeldfreie Pflegeausbildung muss selbstverständlich sein, damit wir potenzielle Bewerberinnen und Bewerber nicht verlieren“, sagt er.

 

Skeptisch betrachtet er auch die Pflegeberufausbildungsreform.  „Wenn die Altenpflege mit der Krankenpflege und der Kinderkrankenpflege – wie geplant – zu einem Beruf zusammengelegt wird, gefährden wir Tausende von Ausbildungsplätzen in der Altenpflege und setzen damit die Versorgung von Pflegebedürftigen in Mecklenburg-Vorpommern aufs Spiel“, warnt er.

 

Kastell und die Unterzeichner der Unterschriftenaktion wünschen sich sehr, dass die Landespolitik das Anliegen ernst nimmt und sich für eine schulgeldfreie Pflegeausbildung in Mecklenburg-Vorpommern einzusetzen. Die ist aber im Moment im Wahlkampfmodus und möchte zur Zeit nicht handeln.  Lösungsansätze werden aber dringend benötigt, um die Pflege von älteren Menschen auch in Zukunft absichern zu können.

 

 

 

 

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Redaktion

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