Mi, 23. April 2025
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Krebsförden oder Neumühle:
Unterkunft für Geflüchtete entfacht hitzige Diskussionen

Pläne für eine neue Flüchtlingsunterkunft entzweit Schwerin: Standortwahl zwischen Krebsförden und Neumühle sorgt für hitzige Debatten. Der Ortbeirat Neumühle hat sich klar positioniert.

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  • Veröffentlicht Dezember 5, 2024
Gut 150 Bürger nahmen gestern an der Sitzung des Ortsbeirates in Neumühle teil.
Gut 150 Bürg­er nah­men gestern an der Sitzung des Orts­beirates in Neumüh­le teil. Foto: pri­vat

 

In Schw­erin ist ein heftiger Stre­it über den Stan­dort ein­er neuen Flüchtling­sun­terkun­ft ent­bran­nt, der auch die SPD in der Stadt in eine Zwick­müh­le bringt. Die Stadtver­wal­tung unter Ober­bürg­er­meis­ter Rico Baden­schi­er (SPD) hat den Vorschlag gemacht, einen sanierungs­bedürfti­gen Wohn­block in der Ben­no-Voelkn­er-Straße im Stadt­teil Kreb­s­för­den umzubauen. Der Stadt­teil hat viele sozialen Her­aus­forderun­gen. Die Ver­wal­tung sieht in der Sanierung eine Chance zur Aufw­er­tung.

Die SPD-Stadt­frak­tion hinge­gen hat einen Erset­zungsantrag zum Vorschlag der Ver­wal­tung einge­bracht, die Unterkun­ft am Stan­dort Neumüh­le „An den Wade­hän­gen“  in Block­form als Mod­ul­bauweise zu erricht­en. SPD-Frak­tionsvor­sitzende Mandy Pfeif­fer begrün­det den Vorschlag ihrer Frak­tion damit, dass im Stadt­teil Kreb­s­för­den bere­its „Men­schen mit beson­deren Her­aus­forderun­gen leben”.  Mit der Stan­dor­tentschei­dung in Neumüh­le würde hinge­gen „entsch­ieden der Seg­re­ga­tion ent­ge­gengewirkt”. Dort lebe eine starke Stadt­ge­sellschaft, vor Ort gäbe es die notwendi­ge Infra­struk­tur.

„Beim dort ansäs­si­gen Sportvere­in wurde die Infra­struk­tur für eine Erweiterung des Ange­botes um inte­gra­tionsspez­i­fis­che Maß­nah­men mit­tels des Sol­i­dar­ität­spro­gramms des Lan­des M‑V
bere­its durch Beschluss der Stadtvertre­tung der 7. Leg­is­latur geschaf­fen”, heißt es im Antrag weit­er. Das alles seien gute Voraus­set­zun­gen für die Inte­gra­tion von bis zu 180 Geflüchteten.

Es muss eine Lösung her

Ober­bürg­er­meis­ter Baden­schi­er vertei­digt allerd­ings öffentlich den ursprünglichen Ver­wal­tungsvorschlag vehe­ment. „Ich ste­he hin­ter dem Ver­wal­tungsvorschlag, einen Wohn­block der Woh­nungs­ge­sellschaft Schw­erin in der Ben­no-Völkn­er-Straße in Kreb­s­för­den zu sanieren“, sagte er in der ver­gan­genen Woche gegenüber der „Ost­seezeitung” (OZ). Er argu­men­tierte weit­er, dass durch die Ren­ovierung in Kreb­s­för­den nicht nur drin­gend benötigter Wohn­raum geschaf­fen, son­dern auch ein städtis­ches Unternehmen gestärkt würde, da die Sanierungskosten vom Land getra­gen wer­den. Die geplanten Kosten für Kreb­s­för­den belaufen sich auf 6,5 Mil­lio­nen Euro, während der Neubau von 76 Tiny Hous­es in Neumüh­le mit 9 Mil­lio­nen Euro zu Buche schla­gen würde. Baden­schi­er hob weit­er her­vor, dass Kreb­s­för­den bere­its über eine aus­geze­ich­nete Infra­struk­tur ver­füge, inklu­sive guter Verkehrsan­bindun­gen.

Baden­schi­er drängt zur Eile: Lei­der habe schon die alte Stadtvertre­tung die notwendi­ge Entschei­dung für einen Stan­dort der Unterkun­ft aufgeschoben. Daher gäbe es im Moment eine Über­gangslö­sung in der Werk­straße in Schw­erin-Süd. Dieser Über­gang liefe aber nur bis 2025. Es müsse also eine Lösung her.  Baden­schi­er hat­te auch in den Beratung der Auss­chüsse immer wieder davor gwarnt, dass eine Verzögerung der Entschei­dung dazu führen kön­nte, dass die Stadtvertre­tung die Kon­trolle über den Prozess ver­liert und eine öffentliche Auss­chrei­bung erforder­lich wird, was den Stan­dort der Unter­bringung dem Zufall über­lassen kön­nte.

In Neumüh­le ist man wenig begeis­tert über die Vorstel­lun­gen der SPD-Frak­tion. Zuvor hat­te schon der Vor­sitzende des CDU-Stadt­bezirksver­ban­des, Sebas­t­ian Hafe­meis­ter deut­liche Kri­tik an den Plä­nen geübt.

SPD auf dem Irrweg

„Die SPD befind­et sich auf einem Irrweg und die Rück­mel­dun­gen aus der Bevölkerung in den ver­gan­genen Tagen unter­stützen mich in dieser Annahme.“, so Hafe­meis­ter. Der Bau in Neumüh­le sei entsch­ieden abzulehnen. „Die Auf­nahme- und Inte­gra­tions­fähigkeit unser­er Gesellschaft ist erschöpft und unsere Stadt kommt mit der Unter­bringung der Asyl­suchen­den an die Gren­zen der Belast­barkeit“ so der CDU-Poli­tik­er weit­er. Die Fläche „An den Wade­hän­gen“ in Neumüh­le sei denkbar ungeeignet. „Ins­beson­dere die kurze Nutzungs­dauer der geplanten Tiny Hous­es von nur zehn Jahren, die möglicher­weise fehlende Nach­nutzung der Gebäude und die unter Umstän­den prob­lem­be­hafteten Inte­gra­tions­möglichkeit­en durch eine erforder­liche Umzäu­nung lassen mich daran zweifeln, ob die SPD sich über­haupt mit der Unter­suchung der Ver­wal­tung beschäftigt hat“, find­et Hafe­meis­ter.

Am Mittwoch waren die Pläne der SPD auch The­ma auf der Sitzung des Orts­beirates Neumüh­le. Gut 150 Anwohn­er waren gekom­men, um zu sehen wie sich der Ort­beirat zur Ansied­lung ein­er Geflüchtete­nun­terkun­ft in Neumüh­le posi­tion­ieren würde. Zuvor hat­te das Bekan­ntwer­den der SPD-Pläne für Unruhe im Stadt­teil gesorgt. Das die Gemüter am Mittwoch nicht überkocht­en, das war auch der sou­verä­nen Sitzungs­führung durch den Orts­beiratsvor­sitzen­den Mar­tin Frank (Linke) zu ver­danken.

Kein Fürstimme zum SPD-Antrag in Neumühle

Gle­ich am Anfang machte Frank deut­lich, dass der Antrag der SPD heute Abend bei den Vertretern ver­mut­lich keine Mehrheit find­en werde.  Nach ein­er Debat­te in der noch ein­mal alle Parteien ihre Posi­tio­nen deut­lich macht­en, sollte die Prophezeiung von Mar­tin Frank ein­tr­e­f­fen. Erstaunlich war an diesem Abend nur, dass selb­st Frank-Peter Schön­feld, der für die SPD im Orts­beirat sitzt, sich bei der Abstim­mung enthal­ten hat. CDU, Unab­hängige Bürg­er (UB)/FDP, AfD und Linke erteil­ten den Bestre­bun­gen der SPD-Frak­tion eine klare Absage. Damit fiel der Stan­dort Neumüh­le für eine Gflüchtete­nun­terkun­ft beim Ort­beirat mit großer Mehrheit durch. Es gab nicht ein­mal eine Stimme für den Antrag.

Die Entschei­dung des Stad­trates wird am kom­menden Mon­tag erfol­gen. Das klare Votum des Ort­beirates aus Neumüh­le dürfte da nicht unberück­sichtigt bleiben. CDU und AfD haben an die Stadtvertre­tung Erset­zungsanträge zur Beschlussvor­lage der Stadtver­wal­tung gestellt, die weit­ge­hend sind.

CDU und AfD möchten Pläne aussetzen

So möchte die CDU mit einem Antrag vom 14. Okto­ber erre­ichen, dass Ober­bürg­er­meis­ter Baden­schi­er die Pläne der Schaf­fung ein­er weit­eren Gemein­schaft­sun­terkun­ft in Schw­erin aus­set­zt.

„Die Migra­tionspoli­tik der Bun­desregierung und der Lan­desregierung Meck­len­burg-Vor­pom­mern ist gescheit­ert. Die Auf­nahme- und Inte­gra­tions­fähigkeit ist erschöpft. Auch die Lan­deshaupt­stadt Schw­erin kommt mit der Unter­bringung der Asyl­suchen­den an die Gren­zen der Belast­barkeit für die Ver­wal­tung sowie der Ein­wohn­er”, heißt es im Antrag.

Weit­er soll sich Baden­schi­er gegenüber der Lan­desregierung „für einen Kur­swech­sel in der Migra­tion” einzuset­zen. Dabei sei der Lan­desregierung ihre Ver­ant­wor­tung in der Unter­bringung der Asyl­suchen­den aufzuzeigen. Ein „weit­eres Umlenken der Asyl­suchen­den in die Kom­munen ohne Ein­lö­sung der eige­nen Ver­sprechun­gen, wie der aus­re­ichen­den Schaf­fung von Kapaz­itäten in den
Erstauf­nah­meein­rich­tun­gen” ins­beson­dere im Osten des Lan­des, sei nicht mehr hin­nehm­bar und durch die kom­mu­nale Ebene auch nicht mehr aufz­u­fan­gen.

Das die Migra­tionspoli­tik des Bun­des und des Lan­des gescheit­ert ist, schreibt auch die AfD in ihrem Erset­zungsantrag vom 4.November. „Die Auf­nahme- und Inte­gra­tions­fähigkeit ist erschöpft. Die Lan­deshaupt­stadt Schw­erin hat die Gren­zen der Belast­barkeit sowohl für die Ein­wohn­er als auch die Ver­wal­tung bei der Unter­bringung von Flüchtlin­gen und Asyl­be­wer­bern längst erre­icht”, heißt es bei der AfD weit­er.  Weit­er soll der Ober­bürg­er­meis­ter der Lan­desregierung „ihre Ver­ant­wor­tung ins­beson­dere bei der Abschiebung von aus­reisepflichti­gen Asyl­be­wer­bern aufzuzeigen”.

Wie die CDU, möchte auch die AfD die Pläne der Errich­tung ein­er zweit­en Gemein­schaft­sun­terkun­ft in Schw­erin aus­ge­set­zt wis­sen.

Wie man hin­ter den Kulis­sen hört, kön­nte die Mehrheit der Stadtvertre­tung am Mon­tag dem Antrag der CDU zus­tim­men. Die Ver­wal­tung hat in ihrer Stel­lung­nahme zum Erset­zungsantrag darauf hingewiesen, dass sie diesen für unzuläs­sig hält, eben­so wie die den Antrag der AfD. Am Ende liegt die Entschei­dung allerd­ings bei der Stadtvertre­tung. Dem Ober­bürg­er­meis­ter bliebe dann nur das Mit­tel des Wider­spruchs gegen die Entschei­dung.

 

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