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Wirklich wegen zu viel Arbeit oder als Signal? – CDU/FDP-Fraktion lehnt Anträge ab

Überreizt es Stephan Martini mit der Anzahl seiner Anträge in der Stadtvertretung? Müsste man als Stadtvertreter nicht durchaus auch eine gewisse Rücksicht auf die Belastung und Arbeitsfähigkeit von Stadtverwaltung und

  • Veröffentlicht Mai 30, 2022
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Plus Minus Augenoptik
Endlich ist der Demm­ler­saal wieder Tagung­sort der Stadtvertre­tung Schw­erins. | Foto: AG Gym­na­si­um Melle

Die let­zte Sitzung der Stadtvertre­tung Schw­erins stand ganz im Zeichen ein­er Per­son­alie. Nach­dem näm­lich das Innen­min­is­teri­um Wider­spruch gegen die Wahl von Karin Müller (DIE LINKE) zur Sozialdez­er­nentin der Stadt ein­gelegt hat­te, wollte ihre Partei mit einem Dringlichkeit­santrag erre­ichen, dass die Stadt juris­tisch gegen diesen Wider­spruch vorge­ht. Für viele uner­wartet kam es anders: Die Koali­tion aus CDU/FDP, Unab­hängi­gen Bürg­ern (UB) und DIE LINKE stand nicht sta­bil. Der Antrag fand keine Mehrheit.

 

Wie auch immer es kam: Martinis Anträge reizten CDU/FDP-Fraktionschef

Es ist nachvol­lziehbar, dass einige in den Koali­tion­srei­hen dieses Ergeb­nis nur schw­er ver­dauen kon­nten. Denn nie­mand kann auss­chließen, dass diese Abstim­mungsnieder­lage nicht dur­chaus Nach­wirkun­gen bei anderen The­men haben kön­nte. Das aber ist noch Zukun­ftsmusik. Klar dürfte sein, dass der Frak­tionsvor­sitzende der CDU/FDP-Frak­tion, aus deren Rei­hen die entschei­den­den Enthal­tun­gen kamen, an diesem Abend nicht nur ein­mal emo­tion­al­isiert gewe­sen sein dürfte. Zumin­d­est lässt dies eine Wort­mel­dung zu späterem Zeit­punkt der Sitzung annehmen. Zu diesem Zeit­punkt standen gle­ich sieben Anträge der Stadtvertreters Stephan Mar­ti­ni (ASK) auf der Tage­sor­d­nung. Direkt hin­tere­inan­der weg. Und dies reizte Gert Rudolf und seine Frak­tion offen­bar.

 

Gert Rudolf, Frak­tionsvor­sitzen­der der CDU/FDP-Frak­tion Schw­erin, lädt gemein­sam mit sein­er Frak­tion zum Bürg­er­dia­log ein. | Foto: Foto­stu­dio Syl­vana Warsakis

Rudolf räumt allen gleiche Rechte ein, um dann ein „Aber” nachzusetzen

„Herr Mar­ti­ni, wir sind eine aus 45 Stadtvertretern beste­hende Stadtvertre­tung, da hat jed­er die gle­ichen Rechte. […] Sie haben heute sieben Anträge auf der Tage­sor­d­nung, von 35. Das ist ein Fün­f­tel. Sie sind ein Fün­fund­vierzig­s­tel der Stadtvertre­tung. Ich maße mir nicht an, Sie zu bit­ten, vielle­icht sich zu zügeln mit der Antrags­flut.” Ist diese Aus­sage aber nicht genaugenom­men der Hin­weis, dass Mar­ti­ni doch bitte weniger Anträge ein­re­ichen möge? Was son­st kön­nte der Hin­weis darauf, dass er „nur” 1/45 der Stadtvertre­tung ist, son­st meinen? Ist die Kon­se­quenz aus der Aus­sage des CDU/FDP-Frak­tion­schefs, dass ein Einzel­stadtvertreter wie Stephan Mar­ti­ni auch lediglich 1/45 der Gesam­tanträge ein­er Sitzung stellen dürfte. Das wäre bei 35 Tage­sor­d­nungspunk­ten gar kein­er gewe­sen. Ver­mut­lich meinte es Rudolf let­ztlich nicht in dieser lin­earen Kon­se­quenz. Aber sieben Anträge waren ihm zu viel. Und dabei reichte sein Blick offen­bar auch auf die ver­gan­genen Sitzun­gen, auf denen Mar­ti­ni eben­falls sehr präsent war.

Der Umstand, dass alle sieben Anträge Mar­ti­nis auch noch direkt nacheinan­der auf der Tage­sor­d­nung auf­taucht­en, war übri­gens dur­chaus auch in den Rei­hen der Stadtvertre­tung mit etwas Ver­wun­derung aufge­fall­en. So hieß es, eine solche Kon­stel­la­tion hätte das Prä­sid­i­um dur­chaus ver­hin­dern kön­nen.

 

„Sie haben uns so viel Arbeit beschert”

Mar­ti­ni würde, so Gert Rudolf, mit seinen Anträ­gen die Frak­tio­nen „über­fordern” und in eini­gen Teilen gar die Ver­wal­tung „lahm­le­gen”. Da Rudolf für seine gesamte Frak­tion sprach, ließe sich also ableit­en, dass diese mit den sieben Anträ­gen des ASK-Vertreters bere­its über­fordert war. Dann natür­lich ließe sich die Schlussfol­gerung ver­ste­hen. Denn Gert Rudolf erk­lärte, seine Frak­tion würde alle sieben Anträge schon allein auf­grund ihrer Anzahl ablehnen: „Wir wollen Ihnen heute mit­geben, dass Sie bei der Quan­tität und der Art und Weise, dieses Haus zu dominieren, nicht mit­machen. Und wir wer­den deshalb Ihre Anträge ablehnen. […] Sie, seit­dem Sie in der Stadtvertre­tung sind, haben der­art viele Auf­gaben verteilt und uns so viel Arbeit beschert, dass ich dieses heute ein­mal sagen muss.”

 

Stephan Mar­ti­ni (ASK), Stadtvertreter | Foto: pri­vat

Martini kritisiert Verhalten der CDU/FDP-Fraktion

Eine pauschale Antragsablehnung also. Keine inhaltliche Auseinan­der­set­zung, da sieben Anträge zu viel Arbeit bedeuteten. „Das ist nicht nur anti­demokratisch, son­dern auch eine Belei­di­gung gegenüber tausenden Men­schen der Stadt. Die Anträge, die die CDU/FDP ohne auf sie einzuge­hen abgelehnt hat, waren unter anderem: finanzielle Unter­stützung des Tier­heimes, Unter­stützung der Lebensmittelausgabe/Tafeln der Stadt, Gebühren­freie Kon­ten für alle gemein­nützi­gen Vere­ine, finanzielle Unter­stützung von Kindertage­spflegeper­so­n­en”, so Stephan Mar­ti­ni. „Als Stadtvertreter kri­tisiere ich das Ver­hal­ten des CDU/FDP-Frak­tion­schefs und der ihm in der Sache fol­gen­den Stadtvertreter auf’s Schärf­ste. Da er im Namen der gesamten CDU/FDP Frak­tion sprach, und seinen Aus­sagen nicht wider­sprochen wurde – attestiere ich der Schw­er­iner CDU/FDP an dieser Stelle ein deut­lich­es Demokratie-Defiz­it. Die CDU sollte sich ern­sthaft die Frage stellen, ob dies der angemessene Umgang mit der kom­mu­nalen Demokratie ist.”

 

Manch Antrag wäre besser eine Anfrage

Let­ztlich kam es übri­gens nur zu ein­er Ablehnung. Die anderen sechs Anträge sind in die Auss­chüsse ver­wiesen. Die Dom­i­nanz der Anträge Mar­ti­nis auf der Tage­sor­d­nung war let­ztlich unüberse­hbar und stieß, wie zu hören ist, auch bei anderen Stadtvertretern zum wieder­holten Male zumin­d­est nicht auf Gegen­liebe. Ein Blick in die Inhalte ließe, auch dies war aus den Rei­hen der Stadtvertre­tung zu hören, dur­chaus hier und da die Anmerkung zu, dass es eher eine Anfrage als ein Antrag sei. Dies gelte nicht allein für die sieben Punk­te der let­zten Sitzung, son­dern beträfe grund­sät­zlich ver­schiedene The­men Mar­ti­nis, mit denen sich die Stadtvertre­tung beschäfti­gen musste. Hier kön­nte also Stephan Mar­ti­ni selb­st dur­chaus durch entsprechen­des Ums­teuern für eine Entspan­nung der Sit­u­a­tion sor­gen.

 

CDU/FDP-Fraktionschef bietet Unterstützung an

Ob es let­ztlich tat­säch­lich ein Demokratie-Defiz­it oder eventuell doch „nur” ein Zeichen und Sig­nal war, dürfte die weit­ere Zusam­me­nar­beit zeigen. Dass es keine Ewigkeit­sklausel war, die nun Dauer­ablehnun­gen zur Folge hätte, das machte Gert Rudolf in seinem Wort­beitrag auch deut­lich. Und dabei reichte er Stephan Mar­ti­ni dur­chaus die Hand: „Kom­men Sie mit etwas weniger, dann erre­ichen Sie mehr. Dann haben Sie auch unsere Unter­stützung. Ich biete den Dia­log an.” Es wird sich zeigen, ob sich Stephan Mar­ti­ni auf diesen Vorschlag ein­lässt, und ob es dann auch ein­er Unter­stützung des einen oder anderen „Mar­ti­ni-The­mas” seit­ens der CDU/FDP-Frak­tion kommt.

  • Henning Kobs

    Jour­nal­ist. Wohnt in Braun­schweig. Schreibt seit der Grün­dung im Jahr 2013 als freier Mitar­beit­er gele­gentlich für unsere dig­i­tale Tageszeitung. Er arbeit­et vor allem im Back-Office der Redak­tion.

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