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„Wir sehen uns als linker Stachel in der SPD“

  Immer wieder ist von  Politikverdrossenheit der jungen Generation die Rede. Interessieren sich junge Menschen tatsächlich nicht für Politik? Dieser Frage wollten wir einmal nachgehen und haben uns deshalb mit

  • Veröffentlicht März 23, 2018
2016 kam Mustafa Nemat Ali durch Zufall zu den Jusos.
Foto: Dario Rochow | Schwerin-Lokal.de

 

Immer wieder ist von  Politikverdrossenheit der jungen Generation die Rede. Interessieren sich junge Menschen tatsächlich nicht für Politik? Dieser Frage wollten wir einmal nachgehen und haben uns deshalb mit jungen Menschen unterhalten, die sich  in den parteipolitischen Jugendorganisationen in Schwerin engagieren. Wir trafen Mitglieder der Jungen Union (JU), Junge Liberale (Julis), der Linksjugend solid und den Jusos. 

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Durch Zufall zu den Jusos gekommen

 

Juso-Kreisvorsitzender Mustafa Nemat Ali ist durch einen Zufall in die Politik gekommen. Der 25-jährige ist Vertriebsassistent bei einer Schweriner Versicherung. Immer wieder muss er hier mit dem Zug reisen. Irgendwann einmal hört er wie ein Mann zu einem anderen sagte: „Schau Dir das an. Nun tragen die Syrer hier sogar schon Anzüge.“ Für den jungen Mann war das ein Schlüsselerlebnis, wie er uns erzählt. Er, der nahezu akzentfrei deutsch spricht, wollte politisch aktiv werden.  Ihn stört, dass Menschen – die inzwischen viele Jahre in Deutschland leben – durch solche Äußerungen diskriminiert werden. Gegen diesen unterschwelligen Rassismus wollte er etwas tun. Nach der Internetrecherche über unterschiedliche Jugendorganisationen, fand er im Juli 2016 seine politische Heimat bei den Jungen Sozialisten (Jusos), der Jugendorganisation der SPD. 

Geboren im Irak, kam Mustafa Nemat Ali mit sieben Jahren nach Deutschland. 18 Jahren lebt er hier. Bei den Jusos hat ihn das „Familiäre“ angesprochen. „Für mich war wichtig, dass es neben der Politik auch um gemeinsame Freizeitgestaltung geht. Hier habe ich dann bei den Jusos das gefunden, was ich gesucht habe.“, so Nemat Ali. Für junge Menschen sei Politik oft ein „langweiliges Geschäft“. 

 

Nicht nur nach neuen Mitgliedern schauen

 

„Wir sehen uns als linker Stachel in der SPD“
Foto: Dario Rochow | Schwerin-Lokal.de

 

„Es liegt ja an jedem selbst, wie er sich einbringt. Manchmal muss man seine Vorurteile über Bord schmeißen, um zu erkennen dass Politik auch Spaß machen kann.“, sagt der Juso-Kreisvorsitzende. Für ihn war das damals eine Erfahrung, die er selber gemacht hat. Die möchte er nun auch an andere junge Menschen weitergeben. Im Dezember letzten Jahres wurde Mustafa Nemat Ali zum Kreisvorsitzenden seines Jugendverbandes in Schwerin gewählt. Die Jusos in Schwerin wollen in nächster Zeit vor allem die Themen Rechtspopulismus, Jugendarbeit, die Intensivierung der Zusammenarbeit mit potentiellen Bündnispartnern und den Ausbau der Arbeit in den sozialen Netzwerken vorantreiben. „Mir fällt auf, dass wir manchmal immer viel zu viel nach neuen Mitgliedern Ausschau halten. Ich denke, dass es auch unsere Aufgabe ist, die Mitglieder zu motivieren, die ja schon da sind“, so Nemat Ali. 

 

Verband positionieren und kritisch bleiben

 

Der frischgewählte Kreisvorsitzende möchte durch politische Stammtische die Diskussion im Verband fördern. Hier starte man nun eine neue Reihe, die zum Mitdiskutieren einladen soll. „Wir möchten über Dinge diskutieren, die junge Menschen bewegen“, sagt er. Als erstes Thema, mit dem sich die Jusos beschäftigen wollen, ist das Thema Europa. Aber auch kommunalpolitische Themen werden nicht zu kurz kommen. Hier ist man im engen Kontakt mit der SPD-Stadtfraktion. Ein großes Problem in der Stadt sei immer noch die Vergabe von Kita-Plätzen. Die Stadt würde zwar viel Geld investieren. Trotzdem ist hier aus Juso-Sicht dringender Handlungsbedarf. 

 

 

Ein weiteres Thema ist für den Kreisvorsitzenden die Videoüberwachung am Marienplatz. Hier würde man sich nun sehr genau ansehen, was die Maßnahme für einen Nutzen bringt und was sie kostet. „Wir sehen das nach wie vor kritisch.“ Das die Jusos in dieser Frage anderer Meinung an die Mutterpartei ist, zeige doch, dass der Meinungspluralismus in der SPD möglich ist und auch ausgehalten wird. „Wir sehen uns als linker Stachel in der SPD“, so Mustafa Nemat Ali. Als Schwerpunkt der künftigen Arbeit im Kreisvorstand  sieht er  daher das Entwickeln eigener, langfristiger politischer Ziele, die Jusos zu positionieren und kritisch bleiben. 

 
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Written By
Stefan Rochow

ist Journalist, Unternehmer und Gründer der digitalen Tageszeitung "Schwerin-Lokal". Mail: redaktion@schwerin-lokal.de

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