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Kita-Kinder vor AfD-Stand abgedruckt:
Nach juristischer Schlappe zieht der Spiegel vor das OLG

Das Landgericht Hamburg entschied: Kinderfotos aus Spiegel-Reportage über OB-Wahlkampf in Schwerin durften ohne Zustimmung der Eltern nicht veröffentlicht werden. Der Fall liegt nun beim Oberlandesgericht und wird demnächst verhandelt.

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  • Veröffentlicht September 19, 2024

 

Screenjshot des Spiegelartikels über den OB-Wahlkampf in Schwerin
Screenshot des Spiegelartikels über den OB-Wahlkampf in Schwerin

 

Das Urteil, dass das Landgericht in Hamburg im Mai gefällt hatte, lies keinen Zweifel aufkommen. Die Kinder, die in traditioneller Tracht gekleidet waren und auf dem Weg an einem nahegelegenen Seniorenheim vorbeiliefen, wurden von einem Spiegel -Fotografen zufällig vor einem AfD-Wahlkampfstand fotografiert. Das Bild wurde später groß in einer mehrseitigen Reportage sowie einem Online-Artikel verwendet. Die Eltern verklagten daraufhin den Spiegel, weil Sie die Persönlichkeitsrechte ihrer Kinder verletzt sahen. Zu Recht, wie das Hamburger Landgericht entschied.

Schutz der Kinder hat Vorrang

Die Richter kamen zum Urteil, dass die Kinder nicht ohne die ausdrückliche Einwilligung der Eltern abgebildet werden durften. Das Gericht stellte in seiner Entscheidung die Schutzbedürftigkeit der Kinder in den Vordergrund und entschied, dass die Persönlichkeitsrechte in diesem Fall schwerer wögen als das öffentliche Interesse an der Reportage.  „Der Schutz der Kinder hat Vorrang, selbst bei politisch relevanten Themen“, so die Richter.

Die Richter des Landgerichts Hamburg hoben in ihrer Urteilsbegründung insbesondere hervor, dass die abgebildeten Kinder ohne die Zustimmung der Eltern auf dem Foto zu sehen waren und dabei eindeutig erkennbar gewesen seien. Nach der Rechtsprechung ist das Kriterium der „Erkennbarkeit“ bereits erfüllt, wenn es für die betroffenen Personen Anlass zur Befürchtung gibt, dass ihre Identität ohne weiteres ermittelt werden kann.

Die Richter verurteilten den Spiegel weiter dazu,  an die Kläger jeweils 443,90 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.09.2023 zu zahlen.

Dietmar Tackmann, ist einer der betroffenen Eltern und Mitglied des Stadtelternrats. Gegenüber dem der SVZ zeigte er sich im Mai über das Urteil der Richter erleichtert. „Wir sind sehr froh über das Urteil. Auch die Eltern der anderen Kinder sind zufrieden über den Ausgang und darüber, dass wir durchgehalten und überhaupt geklagt hatten“, zitierte ihn damals die Zeitung.  Ein anderes Elternpaar hatte zuvor versucht mit dem Spiegel eine außergerichtliche Einigung zu finden. Das Nachrichtenmagazin war aber nicht bereit den Eltern entgegenzukommen, so dass auch diese den Rechtsweg beschritten.

Unverständnis über das Verhalten von Spiegel

Die Veröffentlichung des Bildes hatte nicht nur bei den Eltern der Kita-Kinder für großen Ärger gesorgt. Neben den Familien äußerten damals auch der Stadtelternrat und die Erzieher der Kita Unverständnis über das Verhalten des Magazins. Dies möchte aber trotz der Klatsche vor dem Landgericht nicht aufgeben und hat Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt. Damit ist das Verfahren im Moment beim Oberlandgericht anhängig.

Wie eine Gerichtssprecherin auf Anfrage der Redaktion mitteilte, ist inzwischen für den 29. Oktober ein Verhandlungstermin angesetzt. Die Eltern hoffen nun, dass das Urteil des Landgerichts auch dort Bestand haben wird.

 

 

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Stefan Rochow

ist Journalist, Unternehmer und Gründer von SNO | Schwerin-Lokal. Mail: redaktion@sn-o.de

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