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Warum der „olle Felten” am Marienplatz ein Symbol ist

  (stm). Beina­he jede Schw­er­iner­in und jed­er Schw­er­iner ken­nt sie, die Stat­ue des Straßen­fegers „Oll Fel­ten” am Marien­platz. Doch wer ist das über­haupt, und was machen kleine unschein­bare Gravuren auf

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  • Veröffentlicht April 7, 2015
Oll Felten (2)
Der Olle Fel­ten hat seinen Groschen vor der Sparkasse gefun­den. Vom Leben ver­wöh­nt wurde er aber nie.

 

(stm). Beina­he jede Schw­er­iner­in und jed­er Schw­er­iner ken­nt sie, die Stat­ue des Straßen­fegers „Oll Fel­ten” am Marien­platz. Doch wer ist das über­haupt, und was machen kleine unschein­bare Gravuren auf seinem Man­tel so beson­ders? Der Kün­ster und Erschaf­fer der Stat­ue hat uns im Rah­men unser­er Recherchen ein Inter­view gegeben.

 

Wer war nun Agust Fel­ten. Viel weiß man nicht über ihn. Bekan­nt ist, das er ein Straßen­feger war, der seine Arbeit sehr genau nahm, und auch vor der Obrigkeit der Stadt kein Blatt vor dem Mund nahm. Auf der Hin­weistafel zu der Stat­ue heißt es: „Mit Schlagfer­tigkeit und trock­en­em Humor brachte er die Leute zum Schmun­zeln. Im Jahre 1924 wurde er sog­ar zu einem Postkarten­mo­tiv. Er wurde gemocht und gehänselt. Er witzelte und tobte, und immer wieder ver­richtete er seine Arbeit akku­rat – mit seinem selb­st gebun­de­nen Reisigbe­sen.“

 

Die “Meck­len­bur­gis­che Zeitung” hat­te sein­erzeit über den Tod des August Fel­ten, berichtet. Das Mag­a­zin meldete damals, das August Fel­ten in der Heilanstalt auf dem Sach­sen­berg in Schw­erin nach mehrjährigem Aufen­thalt im Alter von 79 Jahren gestor­ben war. Über ihn kur­sieren mehrere kleine Anek­doten.

 

Eine vornehme Dame sei mit ihrem Hund am Pfaf­fen­te­ich, auf höhe des heuti­gen Haus der Kul­tur, ent­lang gegan­gen und ihr Vier­bein­er habe ein Geschäft mit­ten auf dem frisch gere­inigten Boden ver­richtet. Dies habe den „Oll Fel­ten“ so sauer gemacht, das er der sichtlich eingeschüchterten Dame ent­ge­gen­schrie: „Ich plage mich, das hier alles sauber ist, und dein ver­dammter Köter schit mi allens wed­der vull…“ Auf die Frage was sie denn jet­zt tun soll, antwortete er: „Was du dabei machen sollst? Dann binde dein­er Töle doch nen Beute vor den Nors!“

 
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Der olle Fel­ten, deswe­gen auch „Oll Fel­ten“ war also ein Nör­gler. Ein Schw­er­iner Orig­i­nal sagt man. Er lebte und starb völ­lig ver­armt. Das was von ihm geblieben ist, ist eine Stat­ue am Marien­platz.

 

„Der Zeitgeist kann mir den Buckel runterrutschen”

 

Bernd Streiter bei der Fertigstellung der Bronzestatue des Oll Felten Foto:  Julia Kluttig
Bernd Stre­it­er bei der Fer­tig­stel­lung der Bronzes­tat­ue des Oll Fel­ten Foto: Julia Klut­tig

Geschaf­fen hat die Stat­ue Bernd Stre­it­er. Mit ihm hat wohl genau der Richtige den „Oll Fel­ten“ ange­fer­tigt. Der Bild­hauer sagt über sich selb­st: „Der Zeit­geist kann mir den Buck­el runter rutschen.” Auf sein­er Inter­net­seite gibt er tiefe Ein­blicke in seine Arbeit.  Er ist Illus­tra­tor, Bild­hauer, Grafik­er.

 

Wir haben über die Oster­feiertage ein Inter­view mit ihm geführt.

 

Schw­erin-Lokal: Guten Tag Herr Stre­it­er, wie kam es sein­erzeit zu dem Auf­trag das Schw­er­iner Orig­i­nal anzufer­ti­gen?

 

Bernd Stre­it­er: Die Sparkasse ver­anstal­tete eine Auss­chrei­bung für Kun­st vor der Haupt­fil­iale im Zuge der Neugestal­tung des Marien­platzes. Da hat­te ich mich mit der Fel­ten- Idee bewor­ben. Die Anre­gung dazu kam schon früher. Als ich die Blu­men­frau machte, wurde Fel­ten schon erwäh­nt. Ich bedanke mich hier­mit noch ein­mal sehr für die Anre­gung, die direkt aus der Lan­deshaupt­stadt kam.

 

Schw­erin-Lokal: Hat ihnen die Arbeit an der Skulp­tur in irgen­dein­er Art oder Weise beson­dere Ein­drücke oder Arbeitsweisen abver­langt?

 

Bernd Stre­it­er: Das Beson­dere an der Fig­ur war, außer dass es ein echt­es Porträt des Oll Fel­ten ist, die Fig­ur die Trep­pen her­ab­steigen zu lassen. Das muss dann alles passen, damit die Fig­ur später nicht wack­elt. Also hab ich zuerst die Treppe mit Gips abge­formt und im Ate­lier ein Pos­i­tiv davon aufge­baut.

 

Schw­erin-Lokal: Dem aufmerk­samen Beobachter fall­en beson­dere Kleinigkeit­en an der Stat­ue auf. Was hat es mit den ein­gravierten Worten auf sich?

 

Der Mantel des Schweriner Originals weisst einen erstaunlichen Zeitbezug auf.
Der Man­tel des Schw­er­iner Orig­i­nals weisst einen erstaunlichen Zeit­bezug auf.

Bernd Stre­it­er: Ja, was hat das mit den ein­gravierten Worten auf sich?! Um nicht allein am Fel­ten kleben zu bleiben, habe ich ver­sucht, daraus ein Sym­bol zu machen und einen weit­eren Zeit­bezug einzu­flecht­en, der den Fel­ten zum Träger viel­er Nach­wen­de­schick­sale macht. Denn die Arbeit­slosen, die es nach der Wende plöt­zlich in Hülle und Fülle gab, sahen sich auch plöt­zlich mit dem Besen oder der Laub­harke in der Hand weit weg von ihren eigentlichen Berufen in einem oft diskri­m­inieren­den Zusam­men­hang ste­hen. Und so manch­es, was sich das Arbeit­samt aus­dachte, wirk­te auf mich regel­recht zynisch und entwürdi­gend. So habe ich mich im Vor­feld schlau gemacht und bekam vom Sozialamt eine lange Liste von Schlag­worten aus dem Maß­nah­menkat­a­log, die ich dann teil­weise auf den Man­tel des Ollen Fel­ten stem­pelte, damit er auch heut noch was zu tun hat: Näm­lich zum Nach­denken anre­gen! Der I‑Punkt der ganzen Ironie ist der gefun­dene Groschen. Darauf ste­ht tat­säch­lich: »Sich regen bringt Segen« Als ob es schon mal jemand mit einem Besen in der Hand zu irgen­deinem Segen gebracht hätte. Ein from­mer Spruch, der einen an all jenen, die es ver­ste­hen mit Zin­sen aus Geld Geld zu machen, vor­bei lenkt. Nun, Fel­ten hat seinen Groschen vor der Sparkasse gefun­den. Aber ein Glück­spilz war er wohl im wirk­lichen Leben nie.

 

Schw­erin-Lokal: Hat­ten Sie schon eine Ausstel­lung ihrer Werke in Schw­erin?

 

Bernd Stre­it­er: Nein, aber vielle­icht wird das noch. Mit Bertha Kling­berg und Fel­ten bin ich schon mit zwei Werken vertreten und dicht dabei, in Raben­ste­in­feld, ist da noch mein großer Kreisverkehr mit den Bronz­er­aben darauf.

 

Schw­erin-Lokal: Wo kann man derzeit Ihre Werke anse­hen?

 

Bernd Stre­it­er: Ich hab derzeit eine Mini­ausstel­lung in Wit­ten­berge, aber es wird in der Prig­nitz und in Havel­berg dem­nächst wieder neue Sachen in Bronze von mir geben. Ein­mal zur Buga drei Relieftafeln und zwei kleinere Fig­uren in Bronze zum Kloster­leben in Havel­berg und eine Büste von der berühmten Per­leberg­er Opern­di­va Lotte Lehmann für die Stadt Per­leberg.

 

 

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