Fr, 26. April 2024
Close

„Die Heuchelei ist zum Kotzen, Manuela Schwesig“

"Die Heuchelei ist zum Kotzen" - mit klaren Worten reagiert der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk auf einen Twitter Tweet von Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. Aber auch innerhalb der Plattform und

  • Veröffentlicht Februar 28, 2022
Blau-gelb beleuchtet wurde das Schloss Schwerin, Landtagssitz in MV, als Zeichen der Anteilnahme mit der Ukraine. | Foto: privat

Häufig ist die Sprache der Diplomatie eher von Zurückhaltung und freundlichem Umschreiben des Gemeinten gekennzeichnet. Und eben diese Sprache ist vielfach eben auch die der Botschafter eines Landes im Ausland. Dann und dort, wo sie es für angebracht erachten, werden die Repräsentanten aber auch klar und deutlich. So geschah es auch vergangenen Samstagfrüh, als ein Tweet von Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig den Botschafter der Ukraine, Andrij Melnyk, jede Diplomatie vergessen ließ.

 

„Mit solchen Bildern kann man jetzt kein reines Gewissen bekommen“

Schwesig hatte auf Twitter ein Foto des in den ukrainischen Staatsfarben beleuchteten Schlosses, Sitz des Landtags von Mecklenburg-Vorpommern, mit dem Kommentar „Solidarität mit der Ukraine. Ein wichtiges Zeichen des Landtages“ gepostet. Die Reaktion des ukrainischen Botschafters erfolgte am Samstagfrüh unmissverständlich klar: „Die Heuchelei ist zum Kotzen, Manuela Schwesig“, so seine Reaktion ebenfalls auf Twitter. Gegenüber dem Sendet ntv unterstrich Melnyk seine Reaktion dann am Nachmittag nochmals. Schwesig gehöre zu den Politikerinnen, die den russischen Kurs schon lange unterstützten. „Jetzt den Landtag anstrahlen zu lassen, das ist Spott. Mit solchen Bildern kann man jetzt kein reines Gewissen bekommen“, so der ukrainische Botschafter.

Klare Kritik vom ukrainischen Botschafter an Ministerpräsidentin Schwesig. | Screenshot

Regierungssprecher weist Kritik zurück

Schnell machte diese doch kristallklare Kritik Melnyks an der russlandfreundlichen Politik Schwesigs deutschlandweit die Runde. So reagierte deren Sprecher, Andreas Timm, noch am selben Tag und wies die Kritik als „falsch“ zurück, wie verschiedene Medien übereinstimmend berichteten. Vielmehr hätte die Ministerpräsidentin den Angriff Putins auf die Ukraine mit klaren Worten kritisiert, beschreibt der NDR die Worte Timms. „Mit dem Anstrahlen des Schweriner Schlosses hat der Landtag Mecklenburg-Vorpommern ein Zeichen des Mitgefühls an die Menschen in der Ukraine gesandt. Hinter diese Aktion hat sich die Ministerpräsidentin gestellt“, wird Andreas Timm zitiert.

 

Vermeintlich klare Worte Schwesigs nicht zu finden

Bei einem Blick in die offiziellen Pressemitteilungen der Staatskanzlei lässt allerdings kein einziges Wort der Ministerpräsidentin in dieser Hinsicht finden. Und dort wären sie an sich zu erwarten. Nun befindet diese sich aktuell auch im Krankenhaus und hatte ja auch den umstrittenen Tweet via Twitter abgesetzt. Aber auch dort fanden sich zum Zeitpunkt von Timms Darstellungen keine klaren Worte, die einen Angriff Putins verurteilen würden.

Auch dieser Tweet Schwesigs erntet auf Twitter massivste Kritik zahlreicher Nutzerinnen und Nutzer. | Screenshot

 

Russlandaktivitäten sollen lediglich „ruhen“

Auch hat Schwesig keinerlei Konsequenzen angekündigt, was ihr Agieren als „Neben-Außenpolitikerin“ und Teil des mehr als fragwürdigen Netzwerkes um Wladimir Putin und Gerhard Schröder oder auch entsprechend politische Kurkorrekturen betrifft. Abgesehen davon, dass man die „Aktivitäten gegenüber Russland ruhen“ lassen wolle. Kein klarer Schlussstrich also unter die Fake-Klimastiftung des Landes, mit der Schwesig und ihr Vorgänger Erwin Sellering nicht den Klimaschutz sondern vor allem die Fertigstellung von Nord Streem 2 forcieren wollten. Wissend um geltende Sanktionen des transatlantischen Partners Deutschlands, der USA. Kein Schlussstrich unter die ohnehin immer mehr Fragen aufwerfenden Russlandtage – die auch nur vorübergehend ausgesetzt sind, wie es der ebenso umstrittene Staatskanzlei-Chef Patrick Dahlemann kürzlich erklärte.

Vor diesen Hintergründen und im Wissen darum, dass es stets Manuela Schwesig war, die in ihrer Rolle als Ministerpräsidentin in vorderster und prominenter Position Russland bei jeder denkbaren Gelegenheit hofierte, für die Ukraine, die nicht erst seit vergangenem Jahr von Putin und seinen Schergen bedroht wurde, kein öffentlich erkennbares Wort übrig hatte, die Kritik von Andrij Melnyk derart dünn untermalt zurückzuweisen, mag Job von Andreas Timm sein, dürfte aber kaum auf Zustimmung stoßen.

Twitter-Nutzer erinnern wiederholt an die Verbindung von Schwesig und Schröder. | Screenshot

 

Massive Kritik und Rücktrittsforderungen im Netz 

Dies findet nicht zuletzt auch in einem noch immer andauernden Shitstorm Bestätigung, den der Post Schwesigs mit dem beleuchteten Schloss ebenso erntet wie auch ein zweiter, in dem sie Gerhard Schröder auffordert, sein Engagement in russischen Energieunternehmen zu beenden, aber keinerlei Anzeichen von Selbstkritik oder eigenen Konsequenzen zeigt. Die Menschen beziehen sehr deutlich Position. Und nicht wenige fordern dabei eben auch die persönlichen Konsequenzen Schwesigs ein.

Mangelndes Schamgefühl, eine zynische Haltung und Ablenkung von der eigenen Person  – das sind nur einige der möglichen „Überschriften“, unter denen sich die Reaktionen einordnen lassen. So schreibt Angelika Stone: „Das reicht nicht, Frau Schwesig. Zerschlagen Sie diese Stiftung. Und machen Sie das gründlich und gut. Sie haben Schuld auf sich geladen“. Felix Ackermann meint: „Sie schulden den Menschen in der Ukraine eine Erklärung, warum Sie wider besseren Wissens den russischen Staat bei seinem Versuch unterstützt haben, die strategische Sicherheit der Ukraine zu beschädigen. Leuchtstrahler in blau-gelb zählen nicht“.

Klare Kritik an Manuela Schwesig als Reaktion auf ihren eigenen Tweet bei Twitter. | Screenshot

 

Forderung nach Rücktritt auch aus SPD-Reihen

Moritz Harrer: „Beenden Sie endlich offiziell Ihre Nebenaußenpolitik. Machen Sie der Fake-Stiftung ein Ende. Dann reden wir über Glaubwürdigkeit.“ Neben diesen und unzähligen ähnlich klingenden Antworten finden auch zahlreiche, die glasklare Konsequenzen fordern. Alexander Eichholtz schreibt kurz, was zahlreiche User noch entsprechend ergänzten: „Sie sollten zurücktreten!“ Eine Forderung, die übrigens auch von diversen Twitter-Usern erhoben wurde, die sich als SPD-Mitglieder zu erkennen gaben.

Dies alles mag man als „Social Media Phänomen“ abtun. Allerdings sind die meisten der Reaktionen mit Klarnamen erfolgt. Sie zeigen demnach durchaus eine erkennbare reale Stimmungslage, zu deren Einzelstimmungen die Menschen auch ebenso klar stehen.

Wiederholt werden auf Twitter Rücktrittsforderungen laut – auch aus den eigenen Reihen. | Screenshot

Merz attackiert erkennbar Schwesig im Bundestag

Letztlich fand Schwesig mit ihrem Tweet vom blau-gelb beleuchteten Schloss auch Eingang in die Sondersitzung des Deutschen Bundestages am gestrigen Sonntag. In Anwesenheit des ukrainischen Botschafters fand auch der kürzlich zum Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion gewählte neue CDU-Parteivorsitzende Friedrich Merz deutliche Worte in Richtung der SPD-Landesvorsitzenden und Ministerpräsidentin von MV.

Zum Netzwerk Putins zählten, so Merz, bereits seit mehreren Jahren „auch mehr oder weniger gutgläubige Interessenvertreter aus aller Welt. Auch und gerade hier in Deutschland. Die sich einmal als Putin-Versteher generieren, das andere Mal als Freunde Russlands. Die bis hin zu windigen Stiftungskonstruktionen nichts unversucht lassen, mit diesem System Geschäfte zu machen, und das Ganze dann auch noch versuchen, der Öffentlichkeit als gemeinnützig zu vermitteln. Sie als ‚nützliche Idioten‘ ganz im Sinne der Leninschen Denkweise zu bezeichnen, ist dann wohl noch die freundlichste Umschreibung dieses Treibens. Auch und gerade hier in Deutschland.“

Written By
Stephan Haring

Stephan Haring ist freier Mitarbeiter unserer digitalen Tageszeitung. Er hat ein Bachelor-Studium der Kommunikationswissenschaften an der Universität Erfurt mit den Nebenfächern Sozialwissenschaften & Politik absolviert. Im Nachhinein arbeitete er in leitenden Funktionen der Presse- & Öffentlichkeitsarbeit, im Leitungsbereich eines Unternehmens sowie als Rektor einer privat geführten Hochschule. Zudem entwickelte, organisierte und realisierte er mit der durch ihn entwickelten LOOK ein Fashionevent in Schwerin. Heute arbeitet er freiberuflich als Texter, Pressesprecher und Textkorrektor sowie als Berater in verschiedenen Projekten. In einem Schweriner Ortsbeirat ist er zudem ehrenamtlich als Vorsitzender kommunalpolitisch aktiv.

Kommentiere den Beitrag

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert