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Ein Hauch von Griechenland

  (sr). Weht im Moment ein Hauch von Griechenland auch in der Schweriner Stadtpolitik? Schaut man sich die Tagesordnung zur kommenden Sitzung der Stadtvertretung an, dann könnte einem genau dieser

  • Veröffentlicht Juli 9, 2015

Schweriner Dom

 

(sr). Weht im Moment ein Hauch von Griechenland auch in der Schweriner Stadtpolitik? Schaut man sich die Tagesordnung zur kommenden Sitzung der Stadtvertretung an, dann könnte einem genau dieser Gedanken kommen.

 

Zugegeben, das die Landeshauptstadt große finanzielle Probleme hat, ist keine Neuigkeit. Darum geht es diesmal aber nicht. Griechenland hat am vergangenen Sonntag seine Bürgerinnen und Bürger befragt, wie sie zur Sparpolitik stehen, die die europäischen Partner im Moment vom Land einfordern. Diesen Weg, scheinen nun auch Teile der Schweriner Stadtpolitik für sich entdeckt zu haben.

 

Schweriner sollen über Buga-Bewerbung abstimmen

 

Silvio Horn, Fraktionsvorsitzender der UB-Fraktion
Silvio Horn, Fraktionsvorsitzender der UB-Fraktion

Die Unabhängigen Bürger (UB) möchten eine Bürgerbefragung darüber durchführen lassen, ob die Landeshauptstadt sich für das Jahr 2025 (oder später) für eine zweite Bundesgartenschau bewerben soll. Einen entsprechender Antrag, hat die Fraktion für die kommende Sitzung der Stadtvertretung gestellt.

 

Einen Termin hat die Fraktion auch gleich im Auge. Am 6. September findet landesweit ein Volksentscheid zur Gerichtsstrukturreform statt. An diesem Tag sollte dann, nach den Vorstellungen der Unabängigen Bürger, die Schwerinerinnen und Schweriner auch über die Bewerbung zur Buga abstimmen dürfen. Bei einer positiven Entscheidung für die Bewerbung für die Buga, so spekulieren die Unabhängigen, könnte die Bewerbung ein größeres Gewicht erhalten. Weiter hofft man durch die Verknüpfung von Buga-Frage mit der Entscheidung zur Gerichtsstrukturreform, eine größere Wahlbeteiligung zu erreichen.

 

Falsche Reihenfolge

 

SPD-Fraktionsvorsitzender Daniel Meslien
SPD-Fraktionsvorsitzender Daniel Meslien

In der Sitzung der Stadtvertretung im April, hatte der SPD-Fraktionsvorsitzende, Daniel Meslien, schon einen ähnlichen Vorschlag gemacht. Nun freut er sich, dass der Vorschlag nun auch in einen Antrag gegossen wurde. Trotzdem kündigt die SPD in einer entsprechenden Presseaussendung an, dass man den Antrag der Unabhängigen Bürger ablehnen möchte. Die Sozialdemokraten kritisieren die aus ihrer Sicht »falsche Reihenfolge«, die die Unabhängigen mit der Bürgerbefragung gehen möchten.

 

Der erste Schritt sei zuerst, nachdem eine Workshop aus Stadtverwaltung, Stadtvertreter, Touristiker und andere Fachleute bestehend, den Plänen der Buga-Bewerbung grünes Licht gegeben hat, die Erstellung einer Machbarkeitsstudie. Diese wird der Stadt etwa 100 000 Euro kosten und wird von den 500 000 Euro aus dem Überschuss der Bundesgartenschau 2009 an die Stadtwirtschaftlichen Dienstleistungen bezahlt werden. »Sollte diese ergeben, dass über eine erneute Bundesgartenschau sinnvoll Stadtentwicklung in Wassernähe vorangetrieben, Schwerin gleichzeitig bundesweit ein attraktives Ziel für Touristen werden kann und das Land bereit ist, neue Buga-Projekte finanziell großzügig zu fördern, ist der richtige Zeitpunkt gekommen, einen Bürgerentscheid zu einer erneuten Buga-Bewerbung durchzuführen.«, heißt es von den Sozialdemokraten.

 

Den Schwerinern soll die Möglichkeit gegeben werden, sich vor einer Abstimmung intensiv mit den Risiken und Chancen beschäftigen zu können.

 

Konsolidierungsvereinbarung Thema eines Bürgerentscheids?

 

Anita Gröger ist Stadtvertreterin für die Aktion Stadt und Kulturschutz in Schwerin
Anita Gröger ist Stadtvertreterin für die Aktion Stadt und Kulturschutz in Schwerin

Einen Bürgerentscheid in ganz anderer Sache strebt die Stadtvertreterin Anita Gröger an, die für die Aktion- und Kulturschutz (ASK) in der Schweriner Stadtvertretung sitzt. Gröger möchte über einen Konsolidierungsvertrag zwischen dem Land und der Landeshauptstadt abstimmen lassen, über den am kommenden Montag eigentlich die Stadtvertreter abstimmen sollen, einen Bürgerentscheid herbeiführen.

 

Hintergrund der Vereinbarung, sind Mittel aus dem Konsolidierungsfonds des Landes, die Schwerin für die Haushaltssanierung in Anspruch nehmen möchte. Bis zu 24,3 Millionen Euro könnten dann in das Stadtsäckel fließen. Voraussetzung dafür ist, dass sich Land und Stadt durch eine Vereinbarung auf Difizitobergrenzen im städtischen Haushalt einigen. Es ist vorgesehen, dass die Landeshauptstadt ihr Defizit im Finanzhaushalt von 17,5 Millionen Euro im Haushaltjahr 2015 schrittweise auf 8 Millionen Euro im Haushaltsjahr 2018 senkt. Im Gegenzug zahlt das Land eine jährliche Konsolidierungshilfe, die schrittweise von 4 Millionen Euro (2015) auf 6 Millionen Euro (2018) steigt. Beide Seiten sind sich bei der Unterstützung darüber im Klaren, dass es hier um »Hilfe zur Selbsthilfe« geht und seitens der Stadt Sparanstrengungen vorausgesetzt werden müssen.

 

Die ASK weist in ihrem Antrag darauf hin, dass die Konsolidierungsvereinbarung »über Jahre hinweg immense Auswirkungen auf das Leben in der Landeshauptstadt hat. Es handelt sich um Entscheidungen die, in Teilen, über den Zeitrum der aktuellen Legislatur aller Stadtvertreter hinaus Bestand hat.«.

 

Kosten für Unterkunft werden voll erstattet

 

Besonders kritisieren die Stadtschützer den Umstand, dass finanzielle Mittel die zur Entlastung der Länder und Kommune vom Bund für die Unterbringung von Asylbewerbern bereitgestellt werden, bis zu einer Höhe von zwei Millionen Euro für eine Haushaltsverbesserung einzusetzen sind. Was in dem Antrag so dramatisch daherkommt, ist eigentlich leicht zu erklären.

 

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Das Land Mecklenburg-Vorpommern gehört zu einem von drei Bundesländern, die den Kommunen die Kosten für die Unterbringung voll erstatten. Damit ist auch Schwerin in der komfortablen Situation, dass der Stadt keine Kosten für Unterkunft, Heizung und Hausrat, Ernährung, Kleidung und medizinische Leistungen anfallen. Mecklenburg-Vorpommern zahlte schon im vergangenen Jahr, dafür 31 Millionen Euro an die Kommunen. Zwar hört man aus Kreisen der Kommunen, dass die Kommunen auf den zusätzlichen Folgekosten in der Sozialverwaltung und für Integrationsmaßnahmen sitzen bleiben würden. Hier hat das Land aber bereits angekündigt, dass es möglicherweise auch hier die Mittel aufstocken möchte.

 

Im vergangenen Jahr sind nach Angaben aus dem Innenministerium 46,5 Millionen Euro eingeplant gewesen, im laufenden Jahr schon 58,9 Millionen. Die Summe steige 2016 voraussichtlich auf 118 Millionen und 2017 dann auf 133 Millionen Euro.

 

Mut kontra Erfolg?

 

Die ASK hofft nach eigenen Angaben »auf den Mut der Stadtvertreter, einen demokratischen Prozess zu dem Vertrag, der unter anderem die kommenden fünf Jahre einen Investitionsstopp im sogenannten »freiwilligen Bereich« zur Folge hätte, zuzulassen«.

 

Durch die Verpflichtung der Stadt, zukünftig auf weitere »freiwillige Leistungen« zu verzichten, ist es möglich, die bisherigen »freiwilligen Leistungen« im vollen Umfang aufrecht erhalten zu können.

 

Oberbürgermeisterin Angelika Gramkow sieht hingegen in der Konsolidierungsvereinbarung einen großen Erfolg, nicht weiter durch einen Beratenden Beauftragten »Vorgaben von außen« umsetzen zu müssen. »Auch wenn uns der feste finanzielle Rahmen zu weiteren Einsparungen zwingt, können wir als Kommune selbst entscheiden, welche Maßnahmen wir dazu ergreifen. Die kommunale Selbstverwaltung wird damit wieder gestärkt«, sagt die Oberbürgermeisterin.

 

Direkte Demokratie und die Möglichkeit der Bürger, sich stärker in die kommunalen Belange ihrer Stadt einzubringen, ist ein gutes und wichtiges Recht. Allerdings ist es ein Irrglauben, dass durch mehr Bürgerentscheide, die anstehenden Probleme gelöst werden könnten.  Dafür ist die griechische Situation im Moment ein guter Beweis.

 

+ + + Update:

CDU-Fraktionsvorsitzender Sebastian Ehlers
CDU-Fraktionsvorsitzender Sebastian Ehlers

Heute Nachmittag hat sich nun auch die CDU-Fraktion zu einer Bürgerbefragung zur Buga zu Wort gemeldet. Fraktionsvorsitzender Sebastian Ehlers, bezeichnet den Vorschlag der Unabhängigen Bürger (UB) als »Gute Idee zu einem falschen Zeitpunkt«. »Ich habe viel Sympathie für die Idee, die Bürgerinnen und Bürger in die Entscheidung über die erneute Ausrichtung einer BUGA einzubinden.«, so Ehlers. Auch seine Fraktion möchte das Ergebnis der Machbarkeitsstudie abwarten und dann die Rahmenbedingungen für eine erneute Buga-Bewerbung abklären. »Die Abstimmung über eine inhaltsleere BUGA-Hülle ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht zielführend. Selbst die BUGA-Sympathisanten werden nicht die ‚Katze im Sack‘ kaufen. Die Entscheidung muss gründlich vorbereitet werden, dann bekommen wir auch die gewünschte hohe Akzeptanz für die BUGA«, erklärte Sebastian Ehlers.

 

 

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Redaktion

der digitalen Tageszeitung Schwerin-Lokal. Kontakt: redaktion@schwerin-lokal.de

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