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Künftiges Flüchtlingsheim: Bürger lassen sich informieren

  (stm). Gestern kamen mehr als 100 Men­schen im Schw­er­iner Stadt­teil Stern Buch­holz zusam­men, um sich über eine geplante Flüchtling­sun­terkun­ft in der ehe­ma­li­gen Blüch­er-Kaserne zu informieren.   Die geplante Zweig­stelle

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  • Veröffentlicht April 8, 2015
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Stern Buchholz (2)

 

(stm). Gestern kamen mehr als 100 Men­schen im Schw­er­iner Stadt­teil Stern Buch­holz zusam­men, um sich über eine geplante Flüchtling­sun­terkun­ft in der ehe­ma­li­gen Blüch­er-Kaserne zu informieren.

 

Die geplante Zweig­stelle der Zen­tralen Auf­nahmestelle für Flüchtlinge in Stern Buch­holz sorgte in den let­zten Monat­en immer wieder für Auf­se­hen. Unter den Bewohn­ern des Stadt­teils herrschte Unsicher­heit und Angst, was da auf sie zukom­men würde. Gestern soll­ten die Bürg­erin­nen und Bürg­er auf ein­er Ver­samm­lung über den Stand der Dinge informiert wer­den. Der Flüchtlingsrat hat­te im Vor­feld kri­tisiert, dass die Anwohn­er viel zu spät informiert wer­den. Innen­min­is­ter Caffi­er argu­men­tierte hinge­gen, dass eine Infor­ma­tion erst jet­zt erfol­gen könne, wo die nöti­gen Verträge mit dem Eigen­tümer der Immo­bilie unter­schrieben seien. Das Inter­esse an der Ver­anstal­tung war gestern groß.

 

Was ist geplant?

 

Auf dem ehe­ma­li­gen Kaser­nen­gelände in Stern Buch­holz soll ein Flüchtling­sheim entste­hen. Bis zum 1. Juni 2015 sollen 300 Bet­ten zur Ver­fü­gung ste­hen. Es wird auss­chließlich Mehrbettz­im­mer geben. Vier bis sechs Flüchtlinge sollen sich ein Zim­mer teilen. Essen gibt es in einem großen Zim­mer, in dem alle Platz find­en.

Stern Buchholz

Betreu­ung der Flüchtlinge wird es durch soziale Ver­bände und dem Flüchtlingsrat geben. Den sozialen All­t­ag gestal­ten die Bewohn­er selb­ständig. Kleinere Repara­turen, Instand­hal­tungs­maß­nah­men und andere anfal­l­ende Arbeit­en wer­den von den Bewohn­er gegen einen Lohn von 1,50 €/ Stunde selb­st aus­ge­führt.

Die zukün­fti­gen Bewohn­er wer­den medi­zinis­che Betreu­ung aus der zen­tralen Auf­nahmestelle in Horst erhal­ten. Vor Ort übern­immt medi­zinis­ches Fach­per­son­al die Betreu­ung der Flüchtlinge.

 

Sicher­heit und Betrei­bung wer­den extern aus­geschrieben. Das bedeutet, das sich pri­vate Unternehmen für diese Auf­gaben bewer­ben kön­nen. Weniger als zwei Autominuten ist die näch­ste Polizei­di­en­st­stelle ent­fer­nt, um im Not­fall vor Ort zu sein.
Es wird einen Raum für Chris­ten geben, und einen Gebet­sraum für Mus­lime.

 

Jed­er Bewohn­er soll eine Min­destver­sorgung in Höhe von 140,00 Euro im Monat erhal­ten. Dies sind weniger als 4,80 Euro pro Tag und Per­son. Dieses Geld ist für Klei­dung, Fahrkarten, kuturelle und soziale Teil­habe sowie zusät­zliche Verpfle­gung und Notwendigkeit­en angedacht. Kindern wird eine monatliche Unter­stützung von etwa 85,00 Euro zuge­sprochen. Es wer­den viele Kinder und Jugendliche erwartet. Die Kosten trägt das Land Meck­len­burg-Vor­pom­mern, im Rah­men der beste­hen­den Geset­zge­bung.

 

Warum überhaupt eine weitere Zentrale Aufnahmestelle in Mecklenburg Vorpommern?

 

Die bish­erige einzige Zen­trale Auf­nahmestelle für Flücht­lineg in Nostorf/Horst ist über­füllt. Die zunehmenden weltweit­en Kon­flike, so zum Beispiel in dem durch IS und Milizen zerüt­ten­ten Syrien und der umkämpften Ukraine, haben die Flüchtlingszahlen im ver­gan­genem Jahr steigen lassen. Die Zustände im Auf­nah­me­lager Horst bei Boizen­burg sind nach Angaben der Bewohn­er und Hil­f­sor­gan­ista­tio­nen wie ProA­syl und ander­er Flüchtlingsver­bände, schon lange nicht mehr auszuhal­ten. In den let­zten Jahren gab es ver­mehrt Hunger­streiks und Proteste zu den mis­er­ablen Lebensver­hält­nis­sen.

 

Woher kommen die Flüchtlinge und Asylbewerber?

 

Etwa ein Vier­tel wird aus dem Kriesen­ge­bi­et Syrien erwartet. Den zweit­größten Anteil, wer­den Flüch­linge aus der Ukraine aus­machen. Es ist angedacht, dass die Bewohn­er bis zu drei Monate in Stern Buch­holz bleiben, bevor sie an andere Orte in Meck­len­burg-Vor­pom­mern weit­ergeleit­et wer­den. Die geplante Auf­nahmestelle in Stern Buch­holz ist eine Außen­stelle der Auf­nahmestelle in Horst bei Boizen­burg. In Stern Buch­holz sollen, so der Plan, die Flüchtlinge ankom­men, die ersten Erfahrun­gen sam­meln, Anträge stellen und die Kul­tur ken­nen­ler­nen.

 

Wer war auf der Veranstaltung?

 

Das Inter­esse von Seit­en der Bürg­er und der Poli­tik war gestern groß. So waren Min­is­ter­präsi­dent Erwin Sel­l­er­ing, Innen­min­is­ter Lorenz Caffi­er und Schw­erins Ober­bürg­er­meis­terin Ange­li­ka Gramkow eben­so anwe­send wie viele Kom­mu­nalpoli­tik­er aller Parteien.
Wie ver­lief die Ver­anstal­tung?

Stern Buchholz (3)

Am Anfang wurde eine Präsen­ta­tion gezeigt. Innen­min­is­ter Caffi­er betonte in seinem State­ment, dass es sich bei den meis­ten zukün­fti­gen Bewohn­ern um Men­schen han­delt, die nichts mehr haben außer das was sie nun hier vor Ort erhal­ten und erfahren wer­den. Sel­l­er­ing ver­sprach das die Poli­tik alles dafür tun werde um kri­tis­che Fra­gen und Sor­gen ern­sthaft anzuge­hen.
Der NPD-Frak­tionsvor­sitzende im Land­tag Meck­len­burg-Vor­pom­mern, Udo Pastörs, der eben­falls anwe­send war, ver­suchte in seinen State­ments Stim­mung gegen die Auf­nahmestelle zu machen. Er scheit­erte an den anwe­senden Gästen und Bewohn­ern, die den NPD-Mann aus­buht­en.

 

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Ober­bürg­er­meis­terin Gramkow forderte wenig später dazu auf, dass alle Nich­tan­wohn­er die Ver­anstal­tung ver­lassen soll­ten, da son­st die ehrlich gemein­ten Fra­gen der Anwohn­er durch eine poli­tis­che Diskus­sion außen vor bleiben wür­den.

 

Viele Fra­gen von Bürg­ern, beschäftigten sich mit dem zukün­fti­gen All­t­agsleben, der medi­zinis­chen Ver­sorgung und vor allem der Sich­heit. Ins­beson­dere der Schutz vor Über­griffe durch recht­sex­trem­istis­che Grup­pen, lag den Bewohn­ern gestern am Herzen.

 

Welche Fragen blieben offen?

 

Fra­gen rund um die Durch­führung von Spra­chunter­richt oder geplante Maß­nah­men zur Inte­gra­tion, soziale Kon­tak­te zu Bevölkerung kamen gestern etwas kurz und wur­den kaum beant­wortet. Das ist trau­rig, da die Ein­bindung der geflüchteten Men­schen erfahrungs­gemäß die beste Möglichkeit ist Vorurteile und Äng­ste abzubauen.

 

Wie geht es nun weiter?

 

Ober­bürg­er­meis­terin Ange­li­ka Gramkow ver­sprach eine Infor­ma­tion­süber­sicht zugänglich zu machen, die über Möglichkeit­en informiert, wie sich Inter­essierte mit Ange­boten und Unter­stützung an die zukün­fti­gen Bewohn­er richt­en kön­nen.

 

Wo gibt es weitere Informationen?

 

Infor­ma­tio­nen für Bürg­erin­nen und Bürg­er wer­den trans­par­ent bere­it gestellt. Das wurde gestern deut­lich. Jed­er Inter­essierte bleibt darüber hin­aus aufge­fordert, sich zu informieren. Gerne ste­hen auch Anlauf­stellen und Ver­bände wie zum Beispiel ProA­syl, der Flüchtlingsrat MV oder Amnesty Inter­na­tion­al für Anfra­gen und Anre­gun­gen zur Ver­fü­gung. Hier haben sich Men­schen zusam­menge­fun­den, die seit vie­len Jahren mit dem The­ma ver­traut sind. Inter­essierte soll­ten sich aber auch nicht scheuen, ihre Stadtvertreter in Schw­erin anzus­prechen. Trans­parenz und Infor­ma­tion ist immer bess­er als das Schüren von Äng­sten und die Bedi­enung und plat­ten Vorurteilen.

 

 

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