Sa, 12. Oktober 2024
Close

Schwerin: Diskussion um Ideen für Lockerungs-Modellprojekt

Die Corona-Landesverordnung ist das derzeit wohl am häufigsten geänderte Papier der Landesregierung mit Sitz in Schwerin. Man findet inzwischen nur noch wenig Menschen, die wirklich wissen, was konkret aktuelle Vorgabe

Avatar-Foto
  • Veröffentlicht April 14, 2021
Im historischen Rathaus kam der Hauptausschuss zusammen. | Foto: privat

Die Corona-Landesverordnung ist das derzeit wohl am häufigsten geänderte Papier der Landesregierung mit Sitz in Schwerin. Man findet inzwischen nur noch wenig Menschen, die wirklich wissen, was konkret aktuelle Vorgabe ist. Dabei gibt es in der aktuellen Zeit der Pandemiebekämpfung wohl nur wenig wichtigere rechtliche Verordnungen. In ihrer Fassung vom 1. April 2021 eröffnet die Corona-Landesverordnung für das Land MV unter anderem die Möglichkeit, dass Landkreise und kreisfreie Städte Modellprojekte entwickeln können. Als Lockerungsmaßnahmen mit Blick auf den aktuellen Lockdown. Das Ganze ist allerdings inmitten der dritten Pandemiewelle. Wissenschaftler stehen beinahe sprachlos vor dieser die Pandemie-Realität nahezu gänzlich verdrängenden Entwicklung. Intensivmediziner schlagen immer lauter Alarm.

 

Lockerungs-Modellprojekte in einem schwierigen Umfeld

Hinzu kam und kommt, dass in mindestens zwei Landkreisen in MV inzwischen nachgewiesenermaßen die täglich veröffentlichten Inzidenzwerte von den tatsächlichen doch erkennbar bis signifikant abweichen. Über Öffnungen nachzudenken, wenn Inzidenzzahlen scheinbar „angepasst“ werden, erscheint vor diesem Hintergrund – aber auch dem Umstand einer in MV faktisch nicht existierenden Notbremse im Sinne der Bund-Länder-Vereinbarungen – schon schwierig. 

 

Verwaltung schlug für Schwerin „erleichterndes“ Ziel für Modellprojekt vor

Einer dieser Kreise ist, wie wir bereits darstellten, der Landkreis Ludwigslust-Parchim. Dieser grenzt direkt an große Teile der Landeshauptstadt Schwerin. Für die Stadt durchaus eine nicht unproblematische Situation. Können die Verantwortlichen somit doch nur in Grenzen die Situation beim Nachbarn einschätzen. Eine Situation, die aufgrund von Ein- und Auspendlern durchaus schnell Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen in Schwerin haben kann. Verantwortungsvolle Corona-Politik, wie man sie der Stadtverwaltung Schwerin hinsichtlich des Gesundheitsschutzes durchaus attestieren kann, lässt vor den beschriebenen Hintergründen tatsächliche Öffnungsszenarien eher nicht zu. Vor diesem Hintergrund kann es als äußerst vernünftig und verantwortungsvoll bezeichnet werden, dass die Verwaltung ein Modellprojekt vorschlug, dann „kein ‚öffnendes‘, sondern ein ‚erleichterndes'“ Ziel unter dem Namen „Impfen als Ziel in de Normalität“ verfolgte. 

 

AfD-Stadtfraktion mit harscher Kritik 

Noch vor der entscheidenden Sitzung des Hauptausschusses am vergangenen Freitag meldete sich die Vorsitzende der AfD-Stadtfraktion zu diesem Vorschlag zu Wort. „„Der Wahlkampf beginnt. Ausgerechnet der Wahlkreis von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig soll zum Modellprojekt erhoben werden und mit Lockerungen für Geimpfte werben. Dabei ist nach wie vor überhaupt nicht genügend Impfstoff vorhanden. Selbst wer will, kommt an den raren Impfstoff nicht heran. Priorisierungen erübrigen den Rest – die zwei Klassen-Gesellschaft droht“! Schon seit Beginn der Pandemie habe man Erleichterungen für Geimpfte eine Absage erteilt. Ungerechtigkeit sei, so die Fraktion, „dadurch nicht nur vorprogrammiert, sondern würde die aktuellen Verteilungskämpfe rund um den Impfstoff noch weiter verschärfen“.

 

Wahlkampfvorwurf einer Wahlkämpferin?!

So nachvollziehbar diese Argumentation auf den ersten Blick auch klingt, so sehr gerät sie doch in ein  zumindest fragwürdiges Licht, wenn man sich den Vorschlag der Stadtverwaltung Schwerin kennt. Und genau diesen kannte Petra Federau bereits, als sie ihre harsche Kritik veröffentlichte. Denn liest man diese, entsteht der – zweifelsfrei gewollte – Eindruck, Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier plane ein nahezu einschränkungsfreies Leben für all diejenigen, die bereits gegen das Corona-Virus geimpft sind. Dem aber war nicht so. Ansatz des Modellprojektes war lediglich: „Für Personen mit ausreichendem Impfschutz entfällt die Verpflichtung zur Vorlage eines Schnelltestergebnisses, soweit es nach den §§ der Corona-LVO vorgeschrieben ist“. Kurzum: Dieser Personenkreis hätte sich den Schnelltest erspart, wo er derzeit Zugangsvoraussetzung ist. 

 

Hauptausschuss entschied sich dennoch gegen Verwaltungsvorschlag

Obwohl also nicht die große Klaviatur der Impfprivilegien – wie von der AfD-Fraktion Schwerin gefühlt vermittelt werden sollte – geplant war, sondern eben lediglich das Entfallen des Schnelltests, setzte sich die Verwaltung mit dem Vorschlag im Hauptausschuss letztlich doch nicht durch. Denn die Mitglieder der Runde hatten vier Projekte zur Auswahl, und entschieden sich für ein anderes. Neben dem beschriebenen Ansatz standen auch die Öffnung eines einzelnen Fitness-Studios (von diesem selbst als Modellprojekt beantragt),  eine Probengenehmigung für das Jugendsinfonieorchester sowie die Öffnung zweier Jugend-Einrichtungen vor. Der Hauptausschuss votierte letztlich für das letztgenannte. Dabei sollen, vorerst für die Dauer der Modellphase (vier Wochen), jeweils eine Einrichtung in Lankow und Krebsförden zu festen Terminen und nach klaren Strukturen und Vorgaben öffnen können, wobei es überwiegend darum geht, den Kindern und Jugendlichen eine Alltagsstruktur und Kommunikation, individuelle Bildungsangebote, Bewegung und auch Spaß und Motivation zu ermöglichen.

 

Zwei Jugendclubs öffnen – Bevorzugung der Caritas?

Ganz ohne Kritik blieb allerdings auch dieser Ansatz nicht. Denn hier setzt die Landeshauptstadt Schwerin nur auf einen Träger, die Caritas, die beide Einrichtungen betreibt. Alle anderen Träger der Jugendarbeit schauen nun in die Röhre. Die AfD-Fraktion wollte das Modellprojekt mit einem Änderungsantrag auf alle Träger und Vereine ausweiten, womit sie allerdings scheiterte. So bleibt es bei zwei Caritas-Einrichtungen. Eine Situation, die durchaus Fragen hinsichtlich einer konkreten Bevorzugung eines einzelnen Trägers durch die Stadtverwaltung Schwerin offen lässt. 

Avatar-Foto
Written By
Redaktion

der digitalen Tageszeitung Schwerin-Lokal. Kontakt: redaktion@schwerin-lokal.de

Kommentiere den Beitrag

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert