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Stadtmarketing-Gesellschaft vor dem Aus?
Stadtmarketing wird strategisch neu gedacht

Nach der Ernennung des Residenzensembles zum Weltkulturerbe steht Schwerin vor neuen Chancen und Herausforderungen. Doch die Kritik an der Arbeit der Stadtmarketing-Gesellschaft in Schwerin wird immer lauter.

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  • Veröffentlicht August 15, 2024
Touristeninformation am Markt
Die Touristeninformation am Markt wird auch von der Stadtmarketing-Gesellschaft betreut. Foto: Marc Eising

 

Vor drei Wochen wurde das  Residenzensemble von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt. Die Freude in der Stadt war groß.Gleichzeitig wurde auch klar, dass der Titel sowohl Chancen für die Stadt beinhaltet, aber auch Anforderungen an Schwerin stellt. So muss Schwerin nun auch gut vermarktet werden, damit mehr Touristen auf das neue Weltkulturerbe aufmerksam werden. Eine Aufgabe, die wie gemacht für die Stadtmarketing-Gesellschaft erscheint. Das Vertrauen in das Stadtmarketing scheint aber nicht besonders hoch zu sein. In der Verwaltung scheint man die Vermarktung der Stadt neu zu denken. 

Nach Recherchen unserer Redaktion will die Stadtverwaltung die Stadtmarketing-Gesellschaft auflösen. Grund dafür ist die schlechte wirtschaftliche Entwicklung der Gesellschaft, die in den roten Zahlen steht. Schon seit Jahren ist Stadtmarketingchefin Martina Müller heftig in der Kritik. Zu oft sei die Geschäftsführerin in der Hauptsaison im Urlaub, hat keinen Draht zur hiesigen Wirtschaft oder keine innovativen Ideen zur Vermarktung der Landeshauptstadt, so die Vorwürfe. Insbesondere touristisch abhängige Unternehmen wie Gastronomen und Hotelbetreiber nehmen kein Blatt mehr vor den Mund und kritisieren die Arbeit.

Private Initiativen bleiben außen vor

Eine vor Jahren gegründete Marketinginitiative privater Unternehmen löste sich wieder auf, da „eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Stadtmarketinggesellschaft“ vermeintlich „nicht möglich“ war. Man habe wenig Klarheit darüber, was die 17 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tatsächlich tun, so ein ehemaliger Sprecher der Initiative.  Deshalb forderte die Verwaltung jetzt auch einen Tätigkeitsnachweis für die Stadtmarketinggesellschaft ein. Innerhalb der Stadtverwaltung soll auf Vorschlag von Oberbürgermeister Rico Badenschier (SPD) eine neue Richtung favorisiert worden sein. Auslöser war wohl der Antrag von Martina Müller auf eine zusätzliche Finanzspritze von 100.000 Euro an die Verwaltung. Es wird, laut Informationen der Redaktion, bereits geprüft, ob die Stadtmarketinggesellschaft aufgelöst werden kann und einen Fachbereich innerhalb der Verwaltung das Zepter übernimmt. Denkbar seien wohl auch andere Modelle wie ein städtischer Eigenbetrieb. Die Gesellschafter der Stadtmarketinggesellschaft wurden darüber offensichtlich vorab nicht informiert. Derzeit laufen aber schon erste Gespräche mit der Stadt über den Rückkauf von Anteilen.

Welche Aufaben hat die Stadtmarketing-Gesellschaft?

 Doch welche Aufgaben hat die Stadtmarketing Gesellschaft Schwerin mbH eigentlich? Sie hat die Aufgabe, „das ‘Produkt’ Schwerin mit all seinen unterschiedlichen Facetten bekannt zu machen und zu entwickeln“; heißt es auf der Webseite.  Im Sinne eines Public Private Partnership wird die ausgegliederte Gesellschaft mit 17 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern betrieben, bekommt von der Stadtverwaltung ein finanzielles Budget im sechsstelligen Bereich, dazu Vermarktungsmöglichkeiten durch Vermietung von Plätzen wie städtische Flächen und Märkte. Sie koordiniert eigene Veranstaltungen wie die Wochenmärkte und vermietet fünf der kommunalen Veranstaltungsflächen wie den Platz am Beutel, den Platz um die Siegessäule, das Südufer des Pfaffenteichs, die Schwimmende Wiese und den Bertha-Klingberg-Platz. Auch für das Südufer am Pfaffenteich wird bei Veranstaltungen an das Stadtmarketing überwiesen.

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Öffentliche Toiletten nicht mehr bei der Stadtmarketing-Gesellschaft

Außerdem verdient die Gesellschaft durch Vermietung von Werbeflächen für die Überspanner in der Innenstadt,  Kostümverleih mit Schwerin-Bezug und seit 2015 die Bewirtschaftung öffentlichen Toiletten. Diese standen in der Vergangenheit insbesondere bezüglich der hygienischen Qualität und der Öffnungszeiten in der Kritik.  Als touristischer Dienstleister betreibt die Stadtmarketing außerdem die Tourist-Information am Markt und ist Ansprechpartner für die Reiseindustrie. Die Tourist-Information betreut Gästeanfragen vor Ort. Sie versendet das angefragte Prospektmaterial und stellt individuelle Reiseinformationen sowohl für Individualtouristen als auch für Gruppenreisen zusammen. Es werden Unterkünfte vermittelt, Tagungen organisiert und attraktive Angebotspakete für Kurzreisen geschnürt. Die Organisation von Stadtführungen wird ebenso in der Tourist-Information verantwortet und abgerechnet, wie die Entwicklung und der Verkauf von Merchandisingprodukten.

Stärkung der touristischen Marke ist Hauptaufgabe

Zu den zentralen Marketingaufgaben gehört laut eigene Angabe insbesondere die Stärkung der touristischen Marke Schwerin, die Bewerbung Schwerins als ganzjährig attraktives Reiseziel und die Erschließung neuer Quellmärkte und Zielgruppen. Einen besonderer Schwerpunkt sei die sommerliche Veranstaltungsreihe Schweriner Kultur- und Gartensommer. Finanziert wird der Schweriner Kultur- und Gartensommer allerdings mit Mitteln aus der Landesförderung. Im Hinblick auf den Titel „Weltkulturerbe“ wird derzeit hinter Verwaltungstüren mit dem Land und anderen potenziellen Partnern über die Entwicklung einer Strategie gesprochen.

 Die neue Stadtvertretung wird sich nach den Wahlen nun mit der Stadtmarketinggesellschaft und ihren Ergebnissen auseinandersetzen müssen, wenn ein Verwaltungsvorschlag zum Vortrag kommt.

 

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Stefan Rochow

ist Journalist, Unternehmer und Gründer von SNO | Schwerin-Lokal. Mail: redaktion@sn-o.de

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