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Erste Studie zu (sexualisierter) Gewalt im Breitensport legt Zwischenergebnisse vor

Im August 2020 begann eine Studie des bundesweiten Forschungsprojektes "SicherImSport" zu den Themen sexualisierte Grenzverletzungen, Belästigung und Gewalt im Vereinssport - nun wurden die ersten Zwischenergebnisse veröffentlicht. Demnach erlebten 64%

  • Veröffentlicht November 9, 2021

4.400 befragte Vereinsmitglieder aus elf Landessportbünden

Bei dem im August 2020 begonnenen und bundesweit ersten Breitensport-Forschungsprojekt „SicherImSport“, gefördert vom Landessportbund NRW und unter Beteiligung des Landessportbunds M-V e.V. mit neun weiteren Landessportbünden, liegen den Verantwortlichen nach Abschluss der umfangreichen Datenerhebung von fast 4.400 befragten Vereinsmitgliedern konkrete Zwischenergebnisse vor:

„Die Befunde unserer Online-Studie bestätigen, dass sexualisierte Grenzverletzungen, Belästigung und Gewalt auch im Vereinssport vorkommen. Deshalb sind der Ausbau von Maßnahmen zum Schutz vor Belästigung und Gewalt sowie Anlaufstellen und Unterstützungsangebote für Betroffene im Sport wichtig – dies hat ein großer Teil der Sportverbände erkannt und Maßnahmen zur Prävention eingeführt“, betonen Prof. Dr. Bettina Rulofs (Bergische Universität Wuppertal) sowie Dr. Marc Allroggen und Dr. Thea Rau (Universitätsklinikum Ulm) als wissenschaftliche Projektleitung. Nach dem Aufsehen erregenden Ergebnissen der „Safe Sport“-Studie zum Leistungssport aus dem Jahr 2016 werten die Forscher nun erstmals Daten ausschließlich zum Breitensport aus – die größte Untersuchung zu diesem sensiblen Thema in Deutschland soll bis zur Jahresmitte 2022 abgeschlossen sein.

So gab die Mehrheit der Befragten zwar an, mit dem Vereinssport insgesamt „allgemein gute bis sehr gute Erfahrungen“ gemacht zu haben, doch etwa ein Viertel der Vereinsmitglieder (rund 26 Prozent) erfuhr mindestens einmal sexualisierte Grenzverletzungen oder Belästigungen (ohne Körperkontakt) im Kontext des Vereinssports, beispielsweise in Form von anzüglichen Bemerkungen oder unerwünschten Text-/Bildnachrichten mit sexuellen Inhalten. Bei rund 19 Prozent kam mindestens einmal sexualisierte Belästigung oder Gewalt mit Körperkontakt vor, zum Beispiel sexuelle Berührungen oder sexuelle Handlungen gegen den Willen. Auch weitere Formen der Verletzung oder Gewalt wurden in der Studie erhoben. So antworteten immerhin 64 Prozent der Personen, mindestens einmal emotionale Verletzungen oder Gewalt im Vereinssport erlebt zu haben, also beschimpft, bedroht oder ausgeschlossen worden zu sein – und mehr als jeder Dritte (37 Prozent) nannte mindestens einmal körperliche Verletzungen oder Gewalt, in Form von geschüttelt oder geschlagen werden. Auch erwähnenswert: Je höher das sportliche Leistungsniveau, desto größer offenbar das Risiko, von Belästigung oder Gewalt betroffen zu sein. So berichten gleich 84 Prozent der Befragten, die auf internationaler Ebene im Leistungssport aktiv waren, von mindestens einer Erfahrung von Belästigung oder Gewalt – dies trifft im Vergleich „nur“ auf 53 Prozent derjenigen zu, die im Freizeit- oder Breitensport aktiv waren.

In einer weiteren Teilstudie äußerten sich über 300 Sportorganisationen (92 Stadt-/Kreissportbünde sowie 215 Fachverbände in fünf Bundesländern) zum Stand der Prävention und Intervention innerhalb der eigenen Strukturen. Dabei gaben 63 Prozent (SSB/KSB) und 56 Prozent (Fachverbände) an, über fundierte Kenntnisse zur Vorbeugung von sexualisierter Gewalt zu verfügen. Allgemeine Präventionsmaßnahmen wie z.B. die Benennung von Ansprechpersonen, Durchführung von Schulungsmaßnahmen oder Einsicht von Führungszeugnissen sind demnach weit verbreitet. Risikoanalysen oder Konzepte zur Aufarbeitung von Vorfällen sind allerdings lediglich in nur einem Zehntel der Verbände vorhanden, die bei der Beratung zum Umgang mit Verdachtsfällen oder Vorfällen größten Unterstützungsbedarf haben.

Der Landessportbund M-V e.V. hat in den letzten Jahren verschiedene Maßnahmen gegen sexualisierte Gewalt im Sport entwickelt und umgesetzt. Neben der Beratung von Sportvereinen, -verbänden und -bünden zu Präventions- und Interventionsfragen durch die Präventionsbeauftragte liegt der Schwerpunkt in der Schulung von haupt- und ehrenamtlich Tätigen im Sport. Des Weiteren wurden diverse Arbeitshilfen für die Mitgliedorganisationen aufbereitet und auf der Homepage veröffentlicht. Der regelmäßige Austausch in einem Netzwerk mit der Kontaktstelle Kinderschutz des Kinderschutzbundes M-V und den Lehrreferenten unterstützt die Präventions- und Interventionsarbeit des LSB M-V. „Diese Arbeit ist eine Daueraufgabe und muss routiniertes Alltagsgeschäft in allen Mitgliedsorganisationen werden, damit sich die Vereinsmitglieder in jeder Sportart und in jedem Sportverein wohlfühlen“, so LSB-Geschäftsführer Torsten Haverland.

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Redaktion

der digitalen Tageszeitung Schwerin-Lokal. Kontakt: redaktion@schwerin-lokal.de

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