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Schwerin untersagt nächtliche Versammlung für bis zu 100.000 Teilnehmer

Das ist schon eine insgesamt etwas merkwürdige Geschichte, die sich gestern in Schwerin ereignete. Nachdem eine in Greifswald geplante Versammlung des derzeit durch Deutschland tourenden Corona-Skeptikers und „Querdenken“-Aktivisten Bodo Neumann

  • Veröffentlicht November 11, 2020
Der Marktplatz in Schwerin blieb auch bis in die Nacht leer. Eine dort geplante Veranstaltung untersagte die Stadt. | Foto: privat

Das ist schon eine insgesamt etwas merkwürdige Geschichte, die sich gestern in Schwerin ereignete. Nachdem eine in Greifswald geplante Versammlung des derzeit durch Deutschland tourenden Corona-Skeptikers und „Querdenken“-Aktivisten Bodo Neumann nebst seines Teams durch das dortige Verwaltungsgericht untersagt worden war, meldete man eine Ersatzveranstaltung in Schwerin an.

 

Veranstaltung für bis zu 100.000 Teilnehmer auf Marktplatz angemeldet

Soweit mag das noch alles nachvollziehbar sein. Etwas eigenartig aber erscheinen dann doch die Inhalte der Anmeldung. Wie auch an den anderen Orten erfolgte die Anmeldung der Corona-Skeptiker in Schwerin durch den Mitorganisator der Bus-Tour Wolfgang Greulich. Stattfinden sollte sie von 22 Uhr bis 0 Uhr auf dem Marktplatz der Landeshauptstadt. Der Veranstalter meldete dabei 50.000 bis 100.000 Teilnehmer an. Wer nun den Marktplatz kennt, weiß, dass eine solche Anzahl an Menschen dort gar nicht Platz findet. Schon gar nicht unter den entsprechenden Corona-Maßnahmen. Auch bleibt offen, woher innerhalb weniger Stunden eine derartig große Menschenmasse hätte kommen sollen. Aber die Anmeldung wies diese Teilnehmeranzahl aus.

 

Stadt untersagt Veranstaltung – Land setzt Ausreise der Organisatoren durch

Bereits gestern Mittag traf die Versammlungsbehörde der Landeshauptstadt Schwerin die Entscheidung, diese Ersatzveranstaltung sowie auch jede Form einer Ersatzveranstaltung nicht zu genehmigen. Ein sehr formaler Grund spielt dabei eine wesentliche Rolle. Denn der Anmelder, der sich mit seiner Demonstrationsanmeldung in Schwerin gegen die Untersagung einer in Greifswald angemeldeten Versammlung wendet, stammt nicht aus Mecklenburg-Vorpommern. Das allein wäre im Normalfall nicht problematisch. Allerdings hat das Bus-Team bereits mit der Einreise nach Mecklenburg-Vorpommern offenbar gegen die geltende Corona-Landesverordnung verstoßen.

Wie der Nordkurier bereits gestern berichtete, stoppte die Landespolizei das Tour-Team nach dessen Einreise nach MV und forderte sie zur sofortigen Wiederausreise auf. Dieser Aufforderung wollten die „Querdenken“-Aktivisten nicht nachkommen. Ein Versuch, die Ausweisung vor dem Verwaltungsgericht Greifswald abzuwenden, scheiterte allerdings. Daher vollstreckte die Polizei die Anordnung am gestrige Nachmittag. Damit befindet sich nun die angemeldeten Versammlungsleiter nicht mehr im Land. Somit hätten sie ihrer rechtlichen Funktion im Rahmen einer eventuellen Veranstaltung am gestrigen Abend in Schwerin nicht nachkommen können. Mit dem Verbot per Ordnungsverfügung verhinderte die Landeshauptstadt damit eine Versammlung ohne Versammlungsleiter und entspricht zudem der Corona-Landesverordnung.

 

Stadt genehmigt kurzfristig zwei kleine Veranstaltungen – Gericht in Schwerin kippt Ausreiseentscheidung

Zwei daraufhin von Bürgern aus Mecklenburg-Vorpommern für den Abend in Schwerin angemeldete Veranstaltungen mit 30 bzw. 150 Teilnehmern hingegen genehmigte die Landeshauptstadt. Damit konnten sich die Corona-Kritiker treffen. Einige kamen dann auch. Sie blieben aber eher eine sehr überschaubare Menge.

Zuletzt hielten sich Gerüchte, dass die am Nachmittag des Landes verwiesenen Vorreiter der Querdenker-Tour doch noch in Schwerin auftauchen könnten. Das Verwaltungsgericht Schwerin hatte, wie wir aus gut informierten Quellen der Stadtverwaltung erfuhren, und wie es auch das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) berichtete, die Entscheidung der Greifswalder Kollegen kassiert. In Schwerin wertete der Richter laut RND das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit letztlich höher als das Einreiseverbot der Corona-Verordnung.

Written By
Stephan Haring

Stephan Haring ist freier Mitarbeiter unserer digitalen Tageszeitung. Er hat ein Bachelor-Studium der Kommunikationswissenschaften an der Universität Erfurt mit den Nebenfächern Sozialwissenschaften & Politik absolviert. Im Nachhinein arbeitete er in leitenden Funktionen der Presse- & Öffentlichkeitsarbeit, im Leitungsbereich eines Unternehmens sowie als Rektor einer privat geführten Hochschule. Zudem entwickelte, organisierte und realisierte er mit der durch ihn entwickelten LOOK ein Fashionevent in Schwerin. Heute arbeitet er freiberuflich als Texter, Pressesprecher und Textkorrektor sowie als Berater in verschiedenen Projekten. In einem Schweriner Ortsbeirat ist er zudem ehrenamtlich als Vorsitzender kommunalpolitisch aktiv.

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