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Schwerin: Zwischen Freiheit und Schuldgefühl

Wenn sich heute die Tür zu dem kleinen Bistro „FeineKost“ in der Puschkinstraße in Schwerin öffnet, dann steht zum letzen Mal Svenja an der Seite von Inhaber Matthias Schubert hinter

  • Veröffentlicht Oktober 2, 2020
Von Schwerin aus zog es Svenja in die Welt – in Australien spürte sie erstmals ein Heimatgefühl. | Foto: „Roys Peak“ / privat

Wenn sich heute die Tür zu dem kleinen Bistro „FeineKost“ in der Puschkinstraße in Schwerin öffnet, dann steht zum letzen Mal Svenja an der Seite von Inhaber Matthias Schubert hinter dem Tresen. Vor allem Stammgästen ist die 21-jährige aufgrund ihres so ansteckend positiven Wesens und ihrer Freundlichkeit in kürzester Zeit ans Herz gewachsen. Aber es war von Beginn an klar, dass Schwerin und die „FeineKost“ nur ein Zwischenstopp sind. „Wenn auch ein deutlich schönerer, als ich es anfangs dachte“, so Svenja rückblickend. „Eigentlich wollte ich gar nicht hierher zurückkommen. Ich war mir vor gut 2 Jahren sicher, Schwerin und Deutschland hinter mir zu lassen. Daher war es anfangs auch wie ein Rückschlag, als ich doch wieder hier gelandet bin. Aber die Möglichkeit, hier die Zeit über, die mich ein Virus an meinen Plänen hinderte, bei Matthias arbeiten zu können, hat echt vieles in ein positives Licht gerückt.“

 

Innerlich schon lange auf Heimatsuche

Das „Virus“, das die 21-jährige meint, trägt – wie soll es anders sein – den Namen „SARS-CoV-2“, umgangssprachlich „Coronavirus“. Um aber die ganze Situation zu verstehen, müssen wir ein wenig in der Zeit zurückreisen. Svenja wuchs, anders als wohl die meisten hier in Schwerin, praktisch „quer durch“ Deutschland auf. Geboren in Göttingen, dann gleich nach Baden-Württemberg gezogen, wo sie einige Jahre lebte. Danach ging es dann nach Schleswig-Holstein und mit etwa zehn Jahren nach Schwerin. Damit ist die 21-jährige durchaus (auch) eine Schwerinerin. Bedingt durch viele Umzüge und ihre Erfahrungen der letzten zwei Jahre sieht sie ihre Heimat aber nicht hier. 2014 beendete sie die Realschule, dann ging‘s an die Niklot-Schule in Schwerin. Das Ziel: Abitur mit medizinischer Ausrichtung. Auch hier schloss sie erfolgreich ab.

Viele Jahre aber hatte die engagierte Tier- und Naturliebhaberin schon die „große weite Welt“ im Kopf. Ihr war ganz klar, dass sie nach der Schule aufbrechen und diese Welt entdecken möchte. Irgendwie muss das Fernweh dabei schon immer in ihr geschlummert haben. Denn es ist sicherlich kein Zufall, dass gerade „König der Löwen“ schon seit ihrer Kindheit ihr Lieblingsfilm ist. „Ich habe ihn mir total oft angesehen und gespürt, dass mich etwas in genau diese Welt hinauszieht.“ Gemeint ist natürlich nicht die Welt eines Zeichentrickfilms, sondern die einer realen, naturbelassenen Umgebung. Eine Welt, in der Tiere noch ihr richtiges Leben führen.

Zusätzlich verstärkt hat ihr Fernweh dann mit Sicherheit noch, dass ihre Schwester, die zehn Jahre älter ist als Svenja, mit 17 für ein Jahr nach Japan ging. „Sie war schon immer mein ganz großes Vorbild. Ich war stets die kleine nervige Schwester, die so sein wollte, wie die ältere“, erinnert sich Svenja lachend. „Als sie nach Japan ging, stand für mich fest: Ich will auch die Welt sehen.“

 

Schon mit 14 Jahren wollte Svenja nach Afrika

Von Schwerin ging es 2018 in eine Wildtierauffangstation in Namibia | Foto: privat

Ob ihre Tier- aber vor allem Katzenliebe letztlich den Ursprung in den Bildern aus „König der Löwen“ fand, sei dahingestellt. Aber Svenja war bereits mit 14 Jahren klar: Sie wollte nach Afrika. „Etwas mit Löwen machen. Am besten in einer Tierauffangstation arbeiten.“ Parallel zur Abizeit plante sie dann in jeder freien Minute. Sie durchforstete das Internet – ein typischer „Nanny-Auslands-Aufenthalt“ war schließlich nicht das, was sie wollte. Auf Instagram lernte sie eine Familie kennen, die reisend in Südostasien lebt. Vermutlich dabei wuchs auch ihr Interesse an Asien, was die spätere Reise beeinflussen sollte. Vor allem aber wurde ihr immer klarer „dass es ein alternatives Leben zum Hamsterrad Deutschland gibt. Eine Alternative zu dieser kompletten Workaholic-Gesellschaft. Schon unter jungen Menschen ist das Konkurrenzdenken hier unglaublich groß“.  Svenja ist da ganz ehrlich: „Auch ich habe mich ungewollt dadurch mit definiert, war voll in dem Sog“.

Im Kopf nahm sich die 21-jährige ein Jahr frei. So wie ihre große Schwester. Aber auch hier plante sie im Diktat der Gesellschaft. „Ein Jahr Auslandszeit ist ja hier total anerkannt. Bist Du aber länger unterwegs, bist Du der Dulli, der nur durch die Gegend dallert.“ Svenja fand tatsächlich eine Tierauffangstation, in der sie arbeiten wollte und konnte. „Auch das war nicht ganz einfach. Denn je länger ich mich damit beschäftigt habe, umso deutlicher wurde, dass es unzählige dieser Stationen gibt, die nur auf touristische Geldmacherei aus sind.“ Svenja aber hatte und hat bis heute nicht nur das reale Afrika im Kopf, sondern auch den Tierschutzgedanken. Diese touristische Tiervermarktungsbranche kam für sie daher nicht in Frage. Auch den Traum, ein Löwenbaby vor Ort mit der Flasche großzuziehen, gab sie schnell auf. „Auch das ist nicht tiergemäß. Das ist nur etwas für den Menschen, nicht aber für das Tier.“

 

Afrika: Zwischen „Traum leben“ und „echten Schuldgefühlen“

Svenja arbeitete in Namibia auch als Arztassistentin. Die Frau auf dem Foto wusste Alter und Nachnamen nicht, lächelte aber die gemeinsame Zeit über warmherzig. | Foto: privat

Als alles stand, startete im Februar 2018 die große Reise. Ein halbes Jahr Afrika stand auf dem Plan. Drei Monate davon in Namibia. „Länger darf man in Afrika mit dem Visum nicht in einem Land bleiben. Aber dort habe ich total meinen Traum gelebt.“ Sie kam in eine Tierschutzstation in der Freiwillige aus aller Welt in verschiedenen Projekten zusammenarbeiteten. „Mit meinem Englisch musste ich da gleich ins kalte Wasser springen“, erinnert sie sich. Aber irgendwie klappte es. Und Svenja fühlte sich wohl – obwohl vieles gar nicht direkt mit Tieren zu tun hatte. „So haben wir bei  55 Grad in der Wüste Zäune gebaut. Ich war sogar als eine Art Krankenschwester eingesetzt, habe Spritzen geben müssen. Das war total komisch, in Deutschland wäre das undenkbar. Aber dort ging es nicht anders. Und die Menschen haben in mir stets eine Ärztin gesehen. Ich war weiß, also muss ich gebildet und Ärztin sein – so denken viele Menschen dort noch immer.“ Einmal sprachen sie sogar ganz arme Arbeiter auf der Straße an, ob sie ihnen nicht ein Haus finanzieren könnte.

„Die Fragen nach Hilfe kamen immer wieder vor. Das war total schwierig, ich habe dann punktuell konkret geholfen, aber kein Geld gegeben. Und doch bekommt man in solchen Situationen echte Schuldgefühle“.

Mehrere Stunden dauerte es, die zweithöchste Düne der Welt („Big Daddy“, 325m) in Namibia zu ersteigen. | Foto: privat

Nach den drei Monaten ging es auf eine Reise durch Südafrika. Einige Wochen arbeitete sie  in einem Katzenprojekt, das sie schon von Deutschland aus gefunden hatte. Danach lief die Reise ganz ohne Plan – ein Roadtrip durch das Land.  „Wir haben einige Male einfach angehalten, ganz illegal und auf unserer Matratze im Auto geschlafen. Es war ein total chaotisches Leben – aber auch total frei.“ Wanderungen, Bungee-Jumping von der höchsten Brücke Südafrikas – das, was hier so „abenteuerlich-romantisch“ klingt, „war aber im Rückblick zum Teil total naiv. Wir haben absolut unterschätzt, wie kriminell es da ist.“ Einmal geschah es dann: Die Scheibe vom Mietwagen war eingeschlagen, Laptop und andere Technik geklaut. „Zum Glück hatten wir einige Sachen so gut versteckt, dass sie noch da waren.“ Und doch ging die Reisedurch Südafrika weiter. „Wir sind zum Beispiel bei einem Stamm gelandet, der noch in Lehmhütten lebte. Alles war so, wie man sich Ureinwohner vorstellt“.

 

Asien: Ein Kulturschock und ein Blick hinter das „Reale“

Nach dem halben Jahr in Afrika suchte die 21-jährige, die ihr Abi in Schwerin gemacht hatte, dann das nächste Kontrastprogramm – es ging nach Asien, nach Mumbai. „Und da ging das Abenteuer erst richtig los. Denn eigentlich dachte ich, nach Afrika könnte mich kein Kulturschock mehr ereilen.“ Der erste Eindruck aber: Gestank, Smog, Lärm, Reizüberflutung und ein Ersticken in Plastik. „Irgendwie habe ich dennoch erst einmal eine Woche in echter Euphorie gelebt – dann aber fehlte mir die Natur.“

Die Reise führte Svenja nun nach Palitana, in die Stadt des Vegetarismus. Per Zug reiste sie dorthin. „2 Tage und 2 Nächte – und der Zug war so voll, wie man es hier aus dem Fernsehen kennt.“ In Palitana verbrachte die bekennende Veganerin einige Tage in einer Religionsgruppe, die nicht einmal Knoblauch oder Zwiebeln isst, um den Tieren im Boden nicht zu schaden. Sie aß mit der Gruppe, betete mit den Menschen – teilweise waren sie gemeinsam stundenlang im Tempel, ohne zu reden. Weiter ging dann die Reise nach Radjastan. Dort arbeitete die engagierte 21-jährige in einem Tierheim, in dem u.a. freilaufende Kühe aufgepeppelt werden. „Die Kuh ist in Indien zwar heilig, aber wenn sie keine Milch mehr gibt, wird sie ausgesetzt. Daher irren unzählige Tiere herum, fressen dann auch Plastik und verenden kläglich“.

 

Es gibt eine viel größere Welt hinter der vermeintlichen Realität

Es gibt weitaus mehr als eine vermeintliche Realität. | Foto: Streetart in Malaysia / privat

Svenjas Reise führte sie nun, weiterhin gemeinsam mit einem Freund, nach Neu Delhi. Von dort aus entschied sie sich, allein für zwei Wochen weiter zu reisen. „Das ist allerdings nicht ganz einfach, denn an sich kann man sich in Indien als Frau nicht frei bewegen.“ Und doch wagte sie es, um an einem Meditationskurs, etwa zwei Flugstunden entfernt, teilzunehmen. „Das war eine Art der Spiritualität, die man aus unserer westlichen Welt so gar nicht kennt. Ich kannte nur den Blick auf das greifbar Reale. Eben den eigentlich einzigen Blick, den man in unserer Welt lernt. Dadurch konnte ich mich anfangs nur schwer auf diese so ganz andere Perspektive einlassen. Aber ich habe dort so krasse Erfahrungen gemacht, die meine Sicht auf dieses Thema komplett verändert haben. Es gibt eben nicht nur das real Sehbare und Greifbare, sondern eine noch viel größere Welt dahinter.“

Svenja flog zurück und bemerkte, dass sie einen Wunsch nach Pause hatte. Die Reize waren zu groß. Es ging nach Deutschland, nach Schwerin. „Ich war zurück in der Komfortzone. Nach 7 Monaten nur Armut, war alles wieder so bequem.“

 

Neuseeland: Das erste Mal im Leben ein wirkliches Heimatgefühl

Auf der Insel Bali nahm Svenja in einem Tempel an einer hinduistischen Zeremonie in einem typischen Gewand teil. | Foto: privat

Aber bereits zwei Monate später ging die Reise weiter. Nun nach Neuseeland, wo Svenja ihre emotionale Heimat fand. Dort ging es mit einem „selbst“ ausgebauten Van „durch ein Paradies. Man glaubt nicht, wie ehrlich nett Menschen sein können“, schwärmt die 21-jährige. „Und dann die Natur. Du sitzt da, beobachtest Wellen und Vögel und wirst einfach langsam. Ich habe gespürt, dass ich dorthin gehöre, dort bleiben möchte. Ich hatte das erste Mal ein echtes Heimatgefühl.“

Zwischendurch reiste die sympathische 21-jährige nach Indonesien, erkundete dort einige Inseln und erlebte „mit die liebsten Menschen, die ich je kennengelernt hatte.“ Es ging zurück nach Neuseeland, und Svenja spürte, dass sie einen sich stetig vergrößernden Abstand zu ihrer früheren Kultur entwickelte.

„Je mehr Menschen und Orte ich kennenlernte, umso mehr Dinge habe ich hinterfragt.“

Sie fand es nicht in Schwerin oder anderswo in Deutschland. Erst in Neuseeland fand Svenja ein echtes Heimatgefühl. | Foto: Mount Cook, Neuseeland / privat

Vielleicht auch aufgrund ihrer historischen Familienwurzeln lernte sie die englische Kultur immer mehr lieben. Und auch einen Engländer… Und ihr wurde immer klarer, dass sie nicht mehr nach Deutschland zurück wollte. „Das war kein Urlaubsgefühl oder bloße Schwärmerei. Ich fühlte mich das erste Mal wirklich angekommen. Ich wollte nicht vor etwas weglaufen, sondern einfach dort sein, wo ich mich heimisch fühle.“

Ende 2019 stand der Entschluss, dass sie mit ihrem Freund nach Australien weiterreisen möchte, fest. Aber die Natur machte alles etwas schwierig. Während in Neuseeland nun Wassermassen vom Himmel kamen, stand halb Australien in Flammen. Am Neujahrstag 2020 saßen Svenja und ihr Freund in Neuseeland gefühlt in einer riesigen Nebelwolke. Es war aber der Rauch der ein paar tausend Kilometer entfernten Brände.

 

Australien: Zukunftspläne, Gemüsefarm, ein Känguru – und dann kam Corona

Ob Neuseeland oder Australien – hier fand Svenja zu sich und einem Heimatgefühl. | Foto: Südinsel Neuseeland / privat

Im Februar 2020 brachen die beiden nach Australien auf. Dort wollten sie 88 Tage arbeiten, um dann ein direktes weiteres Visum zu bekommen. Ein Papier, das die Tür in die als Heimat empfundene Region öffnen sollte. Svenja arbeitete nun auf einer Gemüsefarm, sah ein Känguru – und dann brach das Coronavirus in die gerade so heile Welt der 21-jährigen. Im Fernsehen sahen sie die Bilder aus Italien. „Wir dachten, zum Glück sind wir jetzt nicht in Europa. Aber wir bekamen zunehmend Angst um unsere Familien“, erinnert sie sich. Und plötzlich – „beinahe von heute auf morgen“ – begannen die Leute um sie herum, über eine Rückkehr nach Europa zu reden.

„In meinem Kopf gab es diese Option überhaupt nicht. Ich wollte keinesfalls nach Deutschland zurück.“ Das Virus aber erreichte auch Australien, und der Bundesstaat Victoria, in dem die beiden gerade lebten, schloss die Bundesgrenzen. „Unsere Idee: Wir nehmen ein Auto, fahren in die Natur, arbeiten nebenbei und sitzen das Ganze aus.“ Svenja hatte die besagten 88 Tage für das Visum im Blick. Dann aber ging alles recht schnell, und die Situation dramatisierte sich. „Es gab plötzlich keine Lebensmittel mehr, die Preise stiegen um das Dreifache, die Benzinpreise schossen in die Höhe.“ Und – auch in Australien gab es kein Toilettenpapier mehr. „Die Stimmung im Land kippte. Reisen war nicht mehr möglich“, erinnert sich die 21-jährige.

 

Aus Idee des Aussitzens wurde Kampf um Rückflugmöglichkeit

Das Coronavirus stoppte alle Pläne der 21-jährigen. | Foto: Symbolbild

Die absolute Ablehnung einer Rückkehr wich dem Gedanken, auf jeden Fall weg zu müssen. Nur gab es nun ein ganz anderes Problem: Um nach Europa zu gelangen, fliegt man über Asien, wo die Fluggesellschaften zwischenlanden. Die Flughäfen dort aber waren faktisch alle dicht. Svenja fuhr mit ihrem Freund zum Flughafen. „Irgendeinen Flug wollten wir nehmen.“ Noch im Auto buchte sie zwei Tickets über Singapur nach England. Plötzlich aber war auch Singapur geschlossen. Auf dem Flughafen machte ihnen eine Durchsage die Situation bewusst: „Ihr kommt hier nicht mehr weg“, hieß es. Svenja erinnert sich an eine „wirklich dramatische Atmosphäre der Hilflosigkeit und Angst“.

Ihr Freund sprach mit einer Mitarbeiterin an einem der Schalter. „Das waren unendlich lange Minuten“, erinnert sie sich. „Aber offensichtlich hatte die Frau wirklich Mitleid mit uns. Denn es ging tatsächlich noch ein Flug – nicht wie sonst über Asien sondern tatsächlich non-Stop bis London. Und für den hat sie uns noch zwei Tickets gegeben.“ Zwar flogen dann gut zwei Wochen später wieder einige ähnliche Flüge. Das aber war in dem konkreten Augenblick absolut nicht absehbar.

 

„Wäre ich bloß geblieben“

„Wäre ich bloß geblieben.“ | Foto: Wakatipu See, Neuseeland / privat

„Damals war ich total glücklich, raus zu sein. Heute sage ich mir, wäre ich bloß geblieben“, sagt Svenja im Rückblick. Und man sieht in ihren Augen, wie ernst ihr das ist. Denn heute weiß sie, dass es irgendwie funktioniert hätte. Natürlich ist sie realistisch und hat die Situation der letzten Tage in Australien und am Flughafen nicht vergessen. „Und dennoch hätte ich besser bleiben sollen.“ Sicherlich sind an diesem Gedanken auch die Entwicklungen nicht ganz unschuldig. Denn in London gelandet, saß sie im britischen Lockdown bei der Familie ihres Freundes fest. Dann starb ihr Großvater in Deutschland, ihrer Mutter ging es nicht gut. Sie wusste, sie muss nach Deutschland zurück. „Dorthin, wohin ich doch gar nicht mehr wollte.“

Innerlich aufgewühlt traf die 21-jährige 1,5 Jahre nach ihrem letzten Zwischenaufenthalt wieder in Deutschland ein. Es folgten zwei Wochen Quarantäne bei ihrer Schwester in Frankfurt/Main. Svenja wollte dann nach Berlin zu einer Freundin. „Das Ganze ging aber nicht gut. Wir waren beide nicht mehr die selben.“

 

Bistro „FeineKost“ weckte wieder die Lebensfreude

In der Puschkinstraße von Schwerin befindet sich das Bistro „FeineKost“. | Foto: schwerin-lokal

Und dann fiel die 21-jährige in ein tiefes Loch. Der Ort, der ihr erstmals ein echtes Heimatgefühl gab, lag gut 18.000 Kilometer entfernt. Sie war dort, wo sie innerlich nicht sein wollte. Svenja zog erst einmal zu ihrem Bruder – nach Schwerin. „Bei einem Gang durch die Stadt sah ich die ‚FeineKost‘. Da gibt es nur vegane und vegetarische Gerichte – das ist total meins. Ich bin einfach rein, und hab Matthias gefragt, ob er eine Aushilfe braucht.“ Und eben dieser Matthias brauchte eine Aushilfe. „Das war schon ein extrem glücklicher Zufall, als Svenja in meiner Tür stand“, erinnert sich Matthias Schubert heute. „Denn es gibt wirklich wenig Menschen, die so perfekt hier in unser kleines Bistro passen. Es war einfach zu spüren, wie sie hier ihre Lebensfreude wiedergefunden hat. Davon haben unsere Gäste und auch ich total profitiert. Dass es nur vorübergehend ist, war klar.“

 

Svenjas Reise geht weiter…

Und dieses „vorübergehend“ endet heute, wenn Matthias und Svenja am Nachmittag die Tür des Bistros „FeineKost“ in der Puschkinstraße abschließen. Matthias sucht dann wieder nach engagierter Unterstützung, und Svenja packt ihre Koffer. Denn am 17. Oktober zieht sie nach England. Und so sehr sie Matthias, die „FeineKost“ und deren Gäste, und sicher auch ein paar Menschen hier ins Herz geschlossen hat, muss man davon ausgehen, dass sie nicht zurückkommt. Aber wer weiß…

 

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Redaktion

der digitalen Tageszeitung Schwerin-Lokal. Kontakt: redaktion@schwerin-lokal.de

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