Essenspreise in Kitas und Schulen vor deutlichem Anstieg – Hier passiert sozial etwas!
Die Entwicklung scheint unausweichlich: Udo Dietzel, Geschäftsführer der DDM GmbH, die unter anderem Kitas und Schulen mit Essen versorgt, spricht offen aus, was andere lieber verschweigen. Die aktuelle Lage wird
Alles wird teurer. Die Inflation befindet sich auf einem Kurs, der durchaus historisch für die Bundesrepublik Deutschland ist. Die Gründe sind vielfältiger Natur und branchenbezogen nicht einheitlich. Einen wesentlichen Einfluss dürften dabei natürlich die Folgen der Corona-Pandemie und die mit ihr verbundenen Schutzmaßnahmen aber vor allem auch der völkerrechtswidrige Krieg Russlands in der Ukraine haben.
Inflation schießt in die Höhe – Alles wird teurer
Aber letztendlich sind es überwiegend in den vergangenen Jahrzehnten entstandene Abhängigkeiten. Die Globalisierung hat zu existenziell wichtigen, aber oftmals nicht mehr selbst beeinflussbaren Lieferketten geführt, die nun unterbrochen sind und teilweise auch vor kompletten Brüchen stehen. Die Energieabhängigkeit Europas – speziell Deutschlands – von vor allem russischen Lieferungen ist zudem die Folge jahrzehntelanger Fehlpolitik in diesem Bereich.
All dies klingt oft so theoretisch: So weit weg. Aber letztendlich bekommen die Menschen Tag für Tag die Folgen der derzeitigen Verwerfungen deutlicher zu spüren. An der Tankstelle, beim Öffnen der Strom- oder Gasrechnung, im Supermarkt und an vielen anderen Orten. Überall steigen die Preise teilweise astronomisch. Nicht zuletzt auch die Mieten, die auch in Schwerin inzwischen Ausmaße annehmen, die für viele schwer zu stemmen sind.
Bereits erste Preissteigerungen bei Kita- und Schulessen
An verschiedenen Orten hat es zuletzt auch in den Kitas und Schulen bereits ein böses Erwachen gegeben. Denn hier und da sind bereits die Preise für die Essensversorgung teils deutlich gestiegen. Und kein Anbieter kann versichern, dass nicht bald die nächste Erhöhung ins Haus steht. Schnell war der Aufstand der Eltern da. Wenn es schon teurer würde, müsste es auch frischer, moderner, besser werden. Oder eigentlich müsste all dies doch auch zum bisherigen Preis gehen. Nachvollziehbar, denn es geht erneut ans eigene Portemonnaie. Aber mit ein wenig mehr Logik und etwas weniger Emotionalität dürfte schnell klar sein: Diese Elternwünsche sind fernab der Realität. Denn jeder einzelne Punkt in der Kette, bis das Essen auf dem Tisch steht, wird derzeit teurer.
Caterer mit massiven Preissteigerungen konfrontiert
„Die Dramatik der Situation ist unübersehbar“, sagt Udo Dietzel. „Rapsöl teilweise mehr als 100 Prozent teurer. Die Brotpreise sind bereits deutlich über 10 Prozent gestiegen. Bei Milchprodukten ist es noch mehr. Über Ost und Gemüse brauchen wir gar nicht erst zu sprechen. Gurken und Tomaten – das geht praktisch gar nicht mehr. Na und bei Strom, Gas, Benzin, da weiß doch jeder was derzeit los ist. Ohne können wir aber nicht kochen und nicht liefern.“ Udo Dietzel ist Geschäftsführer der Firma DDM – Dietzel Dienstleistungen und Management.
„Es ist, als ob Dir einer den Kopf abhacken will.“
(Udo Dietzel, Geschäftsführer DDM GmbH)
Seit Jahrzehnten arbeitet er in der Branche, und er hat so manche Situation miterlebt. Und viele, die aufgeben mussten. Unterhält man sich mit ihm, wird schnell klar, wie tief er in der Materie steckt. Aber eben auch, in welcher Situation sein Unternehmen ist, das unter anderem die Kitas des Diakoniewerks Neues Ufer versorgt und auch die Montessori- wie die Niels-Stensen-Schule. Und nicht nur sein Unternehmen. „Es geht mir nicht nur um uns, wenn ich laut sage, was aktuell los ist und vor allem, was auf uns zukommt. Das trifft all meine Kolleginnen und Kollegen genau so. Da haben wir Corona einigermaßen überstanden – obwohl wir in der Schul- und Kitaverpflegung schon nur noch etwa 85 Prozent des damaligen Umsatzes haben. Und jetzt ist es so, als ob dir einer mit dem Beil den Kopf abhacken will.“
„Es geht um’s Überleben!“
Dietzel kennt sie natürlich, die Blicke, wenn es um die Frage der Preise für Essen in Schule und Kita geht. „Da feilscht man am Ende teilweise um Centbeträge.“ Wie wichtig diese aber sind, sagt er auch: „Man konnte bislang froh sein, wenn man je Essen 5 Cent verdient.“ Betrachtet man diese Zahl und setzt sie in Relation zu den massiven Preissteigerungen, dann ist klar: Das kann nicht mehr funktionieren. „Die Preisveränderungen kommen. Und zwar nicht unerheblich.“ Dietzel stellt aber auch klar: „Das hat auf unserer Seite gewiss nichts mit Gewinnmaximierung zu tun. Es geht allein ums Überleben.“
Udo Dietzel sieht Gefahr mehrerer Preissteigerungen
Dietzel weiß, dass es viele hart trifft. Gerade deshalb ist es ihm wichtig, dass die bevorstehenden Entwicklungen frühzeitig und klar kommuniziert werden. „Eben um die plötzliche Überraschung möglichst zu vermeiden. Bislang war es unser Ziel, maximal eine Preiserhöhung im Jahr durchzuführen. Momentan hoffen wir für unser Unternehmen, dass wir mit den aktuellen Preisen noch bis Juli durchhalten. Und ob das dann bis Dezember hält? Ich fürchte, wir werden schon im Herbst erneut gegensteuern müssen. Und dann eben zum Jahreswechsel erneut.“
Politische Entscheidungen bergen zusätzliche Preisrisiken
Dann nämlich steigt die Mehrwertsteuer in der Gastronomie wieder auf 19 Prozent. Coronabedingt ist sie derzeit für Speisen auf 7 Prozent reduziert. „Das geht nicht ohne eine Preissteigerung. Vor allem auch, da ja im Herbst bereits der Mindestlohn auf 12 Euro steigt, was das gesamte Lohngefüge in Bewegung bringen dürfte“, so Dietzel. „Ich finde es absolut richtig, dass die Menschen für ihre Arbeit auch entsprechendes Geld bekommen. Aber die Politik muss sich auch klar darüber sein, dass bei fast 20 Prozent Netto-Lohnplus in diesem Bereich binnen eines Jahres die Preise steigen. Was die Menschen in die eine Tasche bekommen, verschwindet aus der anderen. Vermutlich sogar mehr.“
„Schreitet die Politik nicht ein, verschärft sich die Situation massiv!“
(Udo Dietzel, Geschäftsführer DDM GmbH)
Eine nicht unwesentliche Verantwortung für die bevorstehenden Preissteigerungen gerade bei Kita- und Schulessen haben damit letztlich auch politisch gesteuerte Entwicklungen. „Ich sage ganz klar: Wenn die Politik nicht einschreitet, verschärft sich die Situation noch massiv“, so Dietzel. „Die Politik muss endlich mehr über die Folgen ihrer Entscheidungen nachdenken. Jeder Betriebswirt sieht, was diese mit sich bringen. Die Politik offenbar nicht. Obwohl, vielleicht ja doch, denn der einzige Gewinner bei der ganzen Sache ist am Ende der Staat, der ein kräftiges Steuerplus haben wird.“
„Hier passiert sozial etwas!“
Dietzel betont noch einmal, dass es eben letztlich nicht allein die unmittelbaren Produkt- und Energiepreise sind, die die Unternehmen der Branche zu Preiserhöhungen in Kitas und Schulen – aber auch in Alten- und Pflegeheimen, in Kliniken und an anderen Orten – zwingen. Ihm ist es wichtig, den Menschen zu erklären, was die Dramatik der Situation ausmacht, und weshalb ein „normales“ Schul- oder Kita-Essen, das heute 4 Euro kostet, schon bald mindestens 5 € kosten wird. Bei Bio- beziehungsweise vegetarischem Essen, heute 5 Euro, ist der Anstieg mindestens ebenso hoch zu erwarten. Für eine Ganztags-Kita-Versorgung, die derzeit bei knapp über 5 Euro am Tag liegt, rechnet Diezel mit bis zu über 7 Euro gegen Ende des Jahres. „Alles optimistisch kalkuliert.“ Zusatzleistungen wie Wasserspender oder offen zugängliche Obstschalen sieht er akut gefährdet. „Und ich bin mir recht sicher, dass das alles noch nicht das Ende ist. Hier passiert sozial etwas!“
Nicht alle Preissteigerungen sind begründet
Es seien auch Preissteigerungen in den Lieferketten, die die Situation zusätzlich belasten würden. „Auch die Lieferkosten ziehen an. Teilweise trägt das auch skurrile Blüten, und wir müssen zweimal komplette Lieferkosten zahlen, wenn wir an zwei Standorte in Schwerin liefern lassen. Dabei ist der LKW, auf dem sich die Produkte für beide Orte befinden, ja nur einmal unterwegs.“ Udo Dietzel hat Verständnis, für realistische Anpassungen. „Aber es gibt eben auch – bei Dienstleistungen wie bei den Produkten – teilweise nicht reale Preiserhöhungen. Da kommt es zu Aufschlägen allein zum Zweck der Gewinnmaximierung. Und ausbaden müssen es diejenigen am Ende der Kette. In unserem Fall die Eltern, die das Essen der Kinder bezahlen.“
Dietzel wird keine Qualitätsabstriche machen
Udo Dietzels Unternehmen hat bislang viel getan, um bestmögliche Qualität zu gewährleisten. Dazu gehörte unter anderem die landesweit erste DGE-Zertifizierung für ein Schulessen-Angebot in Rostock. Inzwischen ist auch der DDM-Mensabetrieb der Berno-Schule Schwerin entsprechend ausgezeichnet. Ein Beleg für die konstante Einhaltung hoher Qualitätsstandards. Überhaupt kocht DDM, wo es möglich ist, wieder in Schulen und betreibt darüber hinaus Küchen, die für weitere Schulen und Kitas kochen. „Es gibt bei uns kein warmes Mittagessen, das schon irgendwann früh produziert und irgendwo warm gehalten wurde, um erst mittags rauszugehen. Zudem ist kein Essen länger als 15 Minuten zwischen Küche und Essensort unterwegs.“ Neben diesen für Udo Dietzel unumstößlichen Eckpunkten der Arbeit seines Unternehmens, garantiert auch eine für die Branche hohe Fachkraftquote gleichbleibende Qualität bei Einhaltung aller Qualitätsstandards.
Die Lage ist ernst
All das aber kostet natürlich – Geld und Kraft. „Solange alles vernünftig läuft, ist man ja auch mit Freude dabei. Da stört das überhaupt nicht. Aber wenn Situationen wie zuletzt und aktuell eintreten, dann wird es extrem schwierig“, sagt Udo Dietzel, der die Verantwortung für 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trägt und sein komplettes Privatgeld während der Corona-Zeit in sein Unternehmen gesteckt hat und. „Nur Freude löst das bei der Familie nicht unbedingt aus. Und natürlich nimmt es ein großes Stück an Sicherheit für die Zukunft. Aber alle, die mich kennen, wissen, dass diese Arbeit meine Herzenssache ist.“
„Die Politik muss jetzt dringend handeln!“
(Udo Dietzel, Geschäftsführer DDM GmbH)
Eine Herzenssache für die er ebenso wie für seine Mitarbeiter, Kunden aber auch seine Kollegen bereit ist zu kämpfen. „Dieses Thema muss man einfach anfassen. Ich werde dafür kämpfen, dass sich etwas bewegt. Gerade eine rot-rote Regierung sollte sich spürbar dafür stark machen, dass es bezahlbares Schul- und Kita-Essen gibt.“ Aufwecken möchte Udo Dietzel die Politik, und ihr vor Augen halten, welche Auswirkungen bereits getroffene Entscheidungen haben werden – und wie es mit noch offenen oder geplanten Entwicklungen aussieht. Die Politik müsse erkennen, dass sie jetzt und unmittelbar handeln müsse, wenn eine massive Belastung der Eltern verhindert werden soll. Udo Dietzel sieht dabei die reale Gefahr, dass Eltern ihre Kinder von der Schulspeisung abmelden könnten. Teilweise würden diese dann an Imbissbuden zu finden sein. Oder aber sie bekämen plötzlich mittags gar nichts mehr. Weil es finanziell nicht mehr geht.
Dietzel fordert konsequentes Umdenken und Umsteuern
Neben dem dringenden Handlungsbedarf, um aktuelle Entwicklungen zu bremsen, sieht Udo Dietzel aber auch die Notwendigkeit eines kompletten Umdenkens. „Lassen sie uns doch nach Skandinavien schauen. Da bekommt jedes Kind sein Essen. Davon entfernen wir uns in Deutschland immer mehr. Essen – vernünftig und nachhaltig – muss einen zentralen Stellenwert bekommen. Es gehört für mich zur Bildung – von Beginn an.“ Sein Vorschlag: „1 Euro je Essen für alle – Den Rest trägt der Staat. Dieser Schritt in Verbindung mit einer auch inhaltlichen Einordnung in das Bildungssystem, das wäre ein echter Fortschritt. “
Große Gefahr auch für die Gastronomie
Ja, Udo Dietzel will nicht schweigen, während die Situation immer dramatischer wird. Die Landespolitik müsse vor Ort ihren Teil der Arbeit leisten und sich, gemeinsam mit den Unternehmerverbänden, im Bund für Entlastungen stark machen – und für ein generelles Umsteuern. Kurzfristig gelte es, dramatische Preissteigerungen mit entsprechenden sozialen Folgen in Schulen, Kitas und vielen anderen Einrichtungen zu verhindern. „Und selbstverständlich auch in der Gastronomie. Denn sie ist ebenso wie wir von der aktuellen Katastrophe betroffen. Auch dort drohen die gleichen Faktoren massive Preissteigerungen zur Folge zu haben. Diese wiederum dürften Kunden ausbleiben lassen. Eine ohnehin coronabedingt stark gebeutelte Branche würde tatsächlich zu sterben beginnen.“