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Kritik und Unterstützung: Reaktionen auf Badenschiers Entscheidung zur Stadtentwicklung und Wirtschaft

Oberbürgermeister, Rico Badenschier (SPD), hat kurz nach seiner Wiederwahl Stadtentwicklung und Wirtschaft zur Chefsache erklärt.  Seine Vorgehensweise sorgt für Kritik aus der Stadtvertretung. Auch die Schweriner Unternehmer reagieren sehr verhalten

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  • Veröffentlicht Juni 22, 2023

Ober­bürg­er­meis­ter, Rico Baden­schi­er (SPD), hat kurz nach sein­er Wieder­wahl Stad­ten­twick­lung und Wirtschaft zur Chef­sache erk­lärt.  Seine Vorge­hensweise sorgt für Kri­tik aus der Stadtvertre­tung. Und auch die Schw­er­iner Unternehmer reagieren nur sehr ver­hal­ten auf die Baden­schi­er-Entschei­dung.

Wirtschaft und Stad­ten­twick­lung wird zukün­ftig direkt bei Ober­bürg­er­meis­ter, Rico Baden­schi­er ange­siedelt sein. | Foto: Timm-All­rich

Am Son­ntag wurde Ober­bürg­er­meis­ter, Rico Baden­schi­er (SPD), von den Schw­er­iner­in­nen und Schw­er­inern mehrheitlich wiedergewählt. Am Mon­tag dann der Pauken­schlag: Zukün­ftig möchte der OB Stad­ten­twick­lung und Wirtschaft zur Chef­sache machen. Die entsprechende Abteilung in der Ver­wal­tung hat er sich nun sel­ber unter­stellt. Bish­er war dafür Dez­er­nent, Bernd Not­te­baum (CDU), zuständig.

Auf Nottebaum konnte die Wirtschaft bisher zählen

Das der neue/alte Ober­bürg­er­meis­ter plöt­zlich sein Liebe zur Wirtschaft ent­deckt, ver­wun­dert dann doch etwas. Die Unternehmer in Schw­erin hat­ten in der Ver­gan­gen­heit nicht immer den Ein­druck, dass sich Rico Baden­schi­er beson­ders für ihre Belange inter­essiert. Daher sieht der Unternehmerver­band die Entschei­dung des Ober­bürg­er­meis­ters auch kri­tisch. Der Ver­band habe in den zurück­liegen­den Jahren mit dem Dez­er­nen­ten, Bernd Not­te­baum, „sehr gut“ zusam­mengear­beit­et. „Auf seine Unter­stützung, sein Detail­wis­sen sowie eine trans­par­ente und koop­er­a­tive Zusam­me­nar­beit kon­nte die Schw­er­iner Wirtschaft zählen.“, heißt es beim Unternehmerver­band.

Vom Ober­bürg­er­meis­ter hätte man sich in der Ver­gan­gen­heit gewün­scht, dass er „mehr Präsenz und Kom­pe­tenz in den Fra­gen der Wirtschaft und auf unseren Ver­anstal­tun­gen gezeigt hätte, umso in den direk­ten Aus­tausch mit den Unternehmerin­nen und Unternehmern zu kom­men.“

Allerd­ings find­et es der Präsi­dent des Unternehmerver­ban­des, Matthias Kun­ze, nun fol­gerichtig, dass der Bere­ich Wirtschaft nun zur Chef­sache erk­lärt wird. „Jedoch verbinden wir damit aber auch hohe Erwartun­gen an den wieder gewählten Ober­bürg­er­meis­ter nun einige Fra­gen stärk­er gemein­sam und im Sinne der regionalen Wirtschaft anzuge­hen. Von unser­er Seite aus bieten wir dazu gern unsere Zusam­me­nar­beit an.“

Entscheidung hat Vertrauen beschädigt

Kri­tik an der Entschei­dung von Baden­schi­er kommt aber aus der Stadtvertre­tung. Die CDU/FDP-Frak­tion sieht durch den „Allein­gang des Ober­bürg­er­meis­ters“ das Ver­trauen zur Stadtvertre­tung beschädigt. „Rico Baden­schi­er muss sein Wahler­folg zu Kopf gestiegen sein, anders lässt sich dieser Schnellschuss am Tag nach der Stich­wahl nicht erk­lären.“, so Frak­tionsvor­sitzen­der, Gert Rudolf.

Ober­bürg­er­meis­ter und Stadtvertre­tung hät­ten sich im ver­gan­genen Jahr ein­vernehm­lich und nach lan­gen Diskus­sio­nen auf eine Dez­er­natsstruk­tur geeinigt. „Diese jet­zt ein­seit­ig aufzukündi­gen und den betrof­fe­nen Beige­ord­neten vor vol­len­dete Tat­sachen zu stellen, ist völ­lig inakzept­abel und eine Belas­tung für die Zusam­me­nar­beit mit der Stadtvertre­tung.“, so Rudolf weit­er. Er sieht „poli­tisch schwere Zeit­en“ auf Schw­erin zukom­men, wenn das in den kom­menden sieben Jahren der Poli­tik­stil von Rico Baden­schi­er wer­den sollte.

Gert Rudolf sieht auch keinen Sinn darin, jet­zt die Bere­iche Bauen, Stad­ten­twick­lung und Umwelt auseinan­derzureißen. „Bish­er wur­den Prob­leme zwis­chen den Fach­grup­pen an einem Tisch gelöst, jet­zt sind zwei Dez­er­nen­ten zuständig. Es ist zu befürcht­en, dass sich B‑Plan-Ver­fahren dadurch verzögern.“, prog­nos­tiziert der Frak­tion­schef.

Dass sich Rico Baden­schi­er plöt­zlich für den Bere­ich Wirtschaft inter­essiert, ver­wun­dert Gerd Rudolf. „An Wirtschaft­spoli­tik hat­te der Ober­bürg­er­meis­ter bish­er wenig Inter­esse. Auch in seinem Wahl­pro­gramm spielte das The­ma kaum eine Rolle.“, so der CDU-Poli­tik­er. Umso erstaunlich­er find­et es Gert Rudolf, dass die Wirtschaft unter Baden­schi­er plöt­zlich Chef­sache wer­den soll. „Bernd Not­te­baum hat sich durch seine kom­mu­nika­tive und lösung­sori­en­tierte Art bei der Wirtschaft in den zurück­liegen­den Jahren sehr viel Anerken­nung erwor­ben. Rico Baden­schi­er tritt in große Fußstapfen.“

Kopfschütteln bei UB

Auch die Unab­hängi­gen Bürg­er (UB) in der Stadtvertre­tung sind verärg­ert über die Entschei­dung Baden­schiers. „Das der Ober­bürg­er­meis­ter so kurz nach der Wahl und ohne vorherige Absprache mit den Dez­er­nen­ten und den Stadt­frak­tio­nen ein­fach fes­tlegt, dass die Bere­iche Stad­ten­twick­lung und Wirtschaft ab sofort in seinem Dez­er­nat bear­beit­et wer­den, löst bei uns nur Kopf­schüt­teln aus.“, sagt Frak­tionsvor­sitzen­der, Man­fred Strauß. Bei allem Ver­ständ­nis nach der Wahl einige Dinge ändern zu wollen – mit ein­er der­ar­ti­gen „Holzham­mer-Aktion“ kann man nur das Gegen­teil erre­ichen.

„Nicht nur das Ver­trauen bei den Dez­er­nen­ten, son­dern auch bei den Stadtvertreterin­nen und Stadtvertreter ist durch diesen ego­is­tis­chen Vorstoß beschädigt.“, befind­et UB-Chef, Strauß. Schein­bar sei nicht gewollt, ein­vernehm­liche Lösun­gen zu find­en. „Diese Art von Poli­tik lässt in der bevorste­hen­den Amtspe­ri­ode nichts Gutes für Schw­erin erah­nen.“

SPD-Fraktion sieht einen konsequenter Schritt

SPD-Frak­tionsvor­sitzende, Mandy Pfeif­fer, kann die Aufre­gung bei CDU, FDP und UB allerd­ings nicht ver­ste­hen. Für sie ist der Schritt, nun die Stad­ten­twick­lung und Wirtschaft nun direkt beim Ober­bürg­er­meis­ter anzusiedeln, „kon­se­quent angesichts der großen Her­aus­forderun­gen, die wir in bei­den The­men­bere­ichen erken­nen.“

„Ins­beson­dere bei der nach­halti­gen und sozialen Stad­ten­twick­lung sehe ich drin­gen­den Nach­holbe­darf. Wir müssen es schaf­fen, die soziale Durch­mis­chung der Stadt­teile entschlossen­er als bish­er zu fördern.“, so Pfeif­fer. Dazu sei es auch notwendig, dass die Lan­deshaupt­stadt ihre kom­mu­nalen Flächen behält und entwick­elt, statt an Inve­storen mit hohem Prof­it­in­ter­esse zu verkaufen. „Rico Baden­schi­er ist der Richtige, wenn es um eine vernün­ftige und sozialverträgliche Stad­ten­twick­lung geht.“

Tweer-Versprechen war kein Alleingang

Die „erstaunlich unge­hal­tene Reak­tion“ der UB und der CDU/FDP erschließt sich der SPD-Frak­tion­schefin nicht. Es sei doch ihr gemein­samer OB-Kan­di­dat, Thomas Tweer gewe­sen, der das The­ma Wirtschaft und Stad­ten­twick­lung zur Chef­sache machen wollte. Diese Idee würde Rico Baden­schi­er nun umset­zen. Das nun zu „skan­dal­isieren“ hält Mandy Pfeif­fer für „unredlich“. Eben­so weißt sie zurück, dass Rico Baden­schi­er mit Wirtschaft „nichts am Hut“ habe. „Eine nach­haltige Wirtschafts- und Finanzpoli­tik ist ein­er der Eckpfeil­er seines Wahl­pro­gramms. Ich bin mir sich­er, dass die The­men Wirtschaft und Stad­ten­twick­lung bei Rico Baden­schi­er in guten Hän­den sind.“

Tat­säch­lich war eine Haupt­forderung des parteilosen OB-Kan­di­dat­en, Thomas Tweer, gewe­sen, die Wirtschaft in Schw­erin zur Chef­sache zu machen. Anders als Baden­schi­er, hat er sich aber im Vor­feld mit dem bish­er zuständi­gen Dez­er­nen­ten, Bernd Not­te­baum, auf eine zukün­ftige Auf­gaben­verteilung geeinigt gehabt. Im Wahlkampf hat­te Tweer das immer wieder betont.

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