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BSW begeistert Schwerin:
Sahra Wagenknecht zieht zahlreiche Anhänger an

Gestern kam Sahra Wagenknecht nach Schwerin. Wenn es auch noch keinen Verband vor Ort gibt, mobilisierte das BSW über 1.200 Menschen. Umfragen sehen die Partei in Mecklenburg-Vorpommern stark im Aufwind.

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  • Veröffentlicht Mai 17, 2024
Sahra Wagenknecht in Schwerin
Sahra Wagenknecht zog gestern in Schwerin viele Menschen auf den Marktplatz. Foto: Dario Rochow

Einen Landesverband des “Bündnis Sahra Wagenknecht” (BSW) gibt es in Mecklenburg-Vorpommern noch nicht. Auch ein Kreisverband ist in Schwerin noch nicht gegründet worden. Trotzdem ging die im Januar gegründete Partei gestern in die Offensive: Zum Wahlkampfauftakt kam das Zugpferd des Bündnisses, Sahra Wagenknecht, selbst nach Schwerin. 

Umfragen sehen Wagenknecht-Partei bei 14 Prozent

Die Voraussetzungen für die Wagenknecht-Partei im Land könnten nicht besser sein. Würde am kommenden Sonntag der Landtag gewählt werden, dann könnte das BSW mit 14 Prozent der Stimmen rechnen. Das zumindest sagt die jüngste Umfrage des Meinungsforschungsinstituts “Forsa” im Auftrag der “Ostsee-Zeitung”. Anfang des Monats sah “Infratest dimap” das Bündnis bei zehn Prozent. Die Infratest-Umfrage erfolgte im Auftrag des NDR. 

So waren es dann auch gut 1.200 Leute, die sich gestern am späten Nachmittag auf dem Marktplatz versammelt hatten, um den Wahlkampfauftritt der langjährigen Fraktionsvorsitzenden der Linken im Bundestag, Sahra Wagenknecht, zu verfolgen. 

Jens Kulbatzki, der in Schwerin und Umgebung die Partei aufbauen möchte und gestern durch die Veranstaltung führte, war begeistert über den Zuspruch. Bis kurz vor Beginn, habe er nicht wirklich einschätzen können, wie viele Menschen man zum Wahlkampfauftakt mobilisieren könnte. Nun freue er sich aber darüber, wie viele Menschen gekommen seien. 

„Scholz-Jäger“ kandidiert zur Europawahl auf Platz 1

Vor Wagenknecht sprach gestern der BSW-Spitzenkandidat für die Europawahl am 9. Juni, Fabio Di Masi. Di Masi war bis 2021 Bundestagsabgeordneter der Linken und galt auch über die Fraktionsgrenzen hinweg als Finanzfachmann. Bekannt wurde der Ex-Linke vor allem dadurch, dass er bis heute immer wieder die mögliche Verwicklung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in die sogenannte Cum-Ex-Affäre beleuchtete. So hat Scholz inzwischen zugeben müssen, dass er sich in seiner Zeit als Bürgermeister von Hamburg insgesamt drei Mal mit dem damaligen Chef der Warburg-Bank Christian Olearius getroffen hat. 

Zuvor hatte das Finanzamt in Hamburg  von der Privatbank eine Rückzahlung von 47 Millionen zu Unrecht erhaltenen Steuererstattungen eingefordert. Nach dem Treffen mit Scholz verzichtet das Finanzamt damals auf die Rückzahlung der Erstattung. Di Masi sieht darin bis heute eine politische Beeinflussung der Behörde, in die auch Scholz verwickelt sein könnte. Der Kanzler selbst beruft sich bisher immer auf Erinnerungslücken, die eine Aufarbeitung des Vorfalls erschweren. 

In Schwerin sagte der BSW-Spitzenkandidat, es sei “völlig klar, dass die Wirtschaft abschmiert, wenn wir immer nur die kleinen Leute und den Mittelstand abschröpfen”. De Masi forderte die Schließung von Steuerschlupflöchern für große Konzerne. “Diese Europawahl ist auch eine Chance, der Ampel die Rote Karte zu zeigen”, sagte er. 

Wagenknecht geht mit Bundesregierung hart ins Gericht

Jubel auf dem Schweriner Marktplatz brach aus, als Sahra Wagenknecht die Bühne betrat. Die Wahl am 9. Juni habe nicht nur für Europa Bedeutung, betonte Wagenknecht in ihrer Rede. „Tatsächlich geht es bei dieser Wahl auch um Deutschland.“ Nach ihrer Gründung im Januar wird das BSW zum ersten Mal bei der Europawahl auf den Stimmzetteln stehen.

Weiter kritisierte die Bundestagsabgeordnete die Bundesregierung und insbesondere Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dafür, die Situation in Deutschland beschönigend darzustellen. Sie wies darauf hin, dass zwar viele Milliarden Euro für die Rüstungsindustrie und Waffenlieferungen an die Ukraine bereitgestellt würden, jedoch Geld für die Schulbildung der Kinder in Deutschland fehle. In der Ampelkoalition werde „nur noch über Sozialbetrug, aber nicht mehr über Armut geredet“, so Wagenknecht. Außerdem kritisierte sie, wie zu vor schon Fabio Di Masi die angeblichen Gedächtnislücken des Kanzlers in der Cum-Ex-Affäre.

Sahra Wagenknecht warf den Grünen, insbesondere Außenministerin Annalena Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck, vor, sich als „Moralweltmeister“ zu inszenieren, indem sie günstige Energie aus Russland ablehnten und stattdessen die Bürger mit teuren Alternativen belasteten. Dies sei ein Grund für die Gründung der BSW, um zu einer Außenpolitik des Friedens und der Vernunft zurückzukehren. Waffenlieferungen an die Ukraine würden nur zu mehr Krieg und Tod führen, erklärte Wagenknecht.

Interesse an neuer Partei auf dem Markt spürbar

BSW-Regionalbeauftragter, Jens Kulbatzki, war mit dem Wahlkampfauftakt in Schwerin sehr zufrieden. Er habe das Interesse an der neugegründeten Partei auf dem Markt gespürt. Viele Menschen seien aus Neugierde gekommen, was das BSW bewegen möchte. “Das wir am Ende über 1.200 Leute mobilisieren konnten, ist ein großer Erfolg für uns”, so Kulbatzki. Er habe in Gesprächen immer wieder die Angst der Menschen davor geschildert bekommen, dass der Krieg zwischen Russland und der Ukraine auch auf Deutschland übergreifen könnte. Mit dem BSW hätten die Menschen nun zur Europawahl die Möglichkeit, diesen Bedenken eine parlamentarische Stimme zu verleihen. 

Die Veranstaltung auf dem Schweriner Markt fand im Rahmen der Europawahlkampagne des BSW statt. Geplant sind mehrere Kundgebungen in ganz Deutschland. Den Abschluss bildet eine Kundgebung am 6. Juni in Berlin.

Im Anschluss an den gestrigen Auftritt in Schwerin, ging es dann nach Rostock.

Bildergalerie Auftritt Sahra Wagenknecht in Schwerin

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Stefan Rochow

ist Journalist, Unternehmer und Gründer von SNO | Schwerin-Lokal. Mail: redaktion@sn-o.de

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