Mi, 23. April 2025
Close

Schwerin: Kulturförderung auf beschämendem Niveau

Als „beschä­mend ger­ing” beze­ich­net der Kul­tur­auss­chussvor­sitzende in Schw­erin, Dr. Daniel Treps­dorf (Die Linke) das derzeit­ige Niveau der städtis­chen Kul­tur­förderung. Er nutzt die laufend­en Haushaltsver­hand­lun­gen, um klare Worte in Rich­tung Finanzdez­er­nat

Avatar-Foto
  • Veröffentlicht August 20, 2020
ANZEIGE
Der Haushalt­sen­twurf sorgt ger­ade auch im Kul­turbere­ich sorgt weit­er für rege Diskus­sio­nen in Schw­erin.

Als „beschä­mend ger­ing” beze­ich­net der Kul­tur­auss­chussvor­sitzende in Schw­erin, Dr. Daniel Treps­dorf (Die Linke) das derzeit­ige Niveau der städtis­chen Kul­tur­förderung. Er nutzt die laufend­en Haushaltsver­hand­lun­gen, um klare Worte in Rich­tung Finanzdez­er­nat zu find­en.

Aus dem Kulturausschuss kommt deutliche Kritik

„Der auf der jüng­sten Sitzung im Kul­tur­auss­chuss disku­tierte Haushalt­sen­twurf der Ver­wal­tungsspitze ver­di­ent indes das Wort „Wurf“ in kein­er Weise. Es han­delt sich bei der Kul­tur­förderung – ins­beson­dere, was die geplanten freien Förder­leis­tun­gen jen­seits der insti­tu­tionell gebun­de­nen Aufwen­dun­gen im Fach­bere­ich anbe­langt – eher um ein fort­ge­set­ztes Stolpern, ein „Wür­fchen“, so Dr. Treps­dorf. Natür­lich ist dem engagierten Kom­mu­nalpoli­tik­er bewusst, dass es sich bei der Kul­tur­förderung um eine „frei­willige Auf­gabe” der Stadt han­delt. Und selb­stver­ständlich weiß auch Treps­dorf um die weit­er­hin anges­pan­nte Haushalt­slage. Den­noch aber „sind Kun­st und Kul­tur wesentliche Fak­toren, wenn es um essen­zielle Dinge des Men­sch­seins geht”. Eine nicht ein­same Sicht des LINKEN-Poli­tik­ers aus Schw­erin, son­dern eine deutsch­landweit ver­bre­it­ete Sicht. Längst wird näm­lich vielerorts die Sichtweise lauter, dass Kul­tur Pflich­tauf­gabe sein müsse.

Dr. Daniel Treps­dorf kämpft als Auss­chussvor­sitzen­der für die Kul­tur in Schw­erin. | Foto: S. Warsakis

Ausschussvorsitzender greift Finanzdezernenten deutlich an

Die im aktuell in den poli­tis­chen Gremien disku­tierten Mit­tel für die städtis­che Kul­tur­förderung sind laut Treps­dorf lediglich „ein fort­ge­set­ztes Stolpern”. Die im Dop­pel­haushalt 2021/22 vorge­se­henen Zuschüsse in Höhe von ca. 5,7 Mil­lio­nen Euro seien alles andere als ein Kos­ten­treiber in der vorgelegten Haushalt­s­pla­nung von Finanzdez­er­nent Dr. Rico Baden­schi­er. Dieser lehnt, offen­bar mit Blick auf sein per­sön­lich­es Ziel ein­er schnell­st­möglichen Entschul­dung der Stadt, eine Erhöhung der Mit­tel ab.

Genaugenom­men allerd­ings reduziert der Dez­er­nent und Ober­bürg­er­meis­ter in Per­son­alu­nion die kul­tur­spez­i­fis­chen Mit­tel. Denn bis­lang flossen jährlich mehrere Mil­lio­nen in das Meck­len­bur­gis­che Staat­sthe­ater. Da dieses nun in die Träger­schaft des Lan­des wech­selt, spart die Stadt die Mit­tel ein. „Von diesem Geld kommt nicht ein ‚müder Euro‘ in der Kul­tur­förderung an. Hier hätte sich der Ober­bürg­er­meis­ter doch ein­mal ein gutes Beispiel an Bun­des­fi­nanzmin­is­ter Scholz nehmen kön­nen. Mit einem „Wumms!“ hätte er die seit Jahren struk­turell unter­fi­nanzierte Kul­tur­land­schaft Schw­erins nach vorn brin­gen kön­nen. Sparsamkeit als Sekundär­tu­gend allein ist noch kein Zukun­ft­skonzept für die Lan­deshaupt­stadt Meck­len­burg-Vor­pom­merns“, so Dr. Daniel Treps­dorf.

Regi­na Dorf­mann, Frak­tionsvor­sitzende Bündnis90/Die Grü­nen Schw­erin | Foto: Foto­stu­dio Warsakis

Auch Grünen-Fraktion fordert Geld aus gesparten Theatermillionen

Hier legt er den Fin­ger in eine doch deut­lich klaf­fende Wunde. Denn bere­its die Frak­tion Bünd­nis 90/Die Grü­nen hat­te zu Jahres­be­ginn auch mit einem Antrag in der Stadtvertre­tung von Schw­erin jährlich 1 Mil­lion Euro aus den einges­parten The­ater­mil­lio­nen zusät­zlich für die Kul­tur­förderung gefordert. In der Begrün­dung ihres Antrags erin­nerte die Frak­tion an mah­nende Worte des ein­sti­gen Bun­de­spräsi­den­ten Richard von Weizsäck­er. „Kul­tur ist kein Luxus, den wir uns entwed­er leis­ten oder nach Belieben auch stre­ichen kön­nen, son­dern der geistige Boden, der unsere innere Über­lebens­fähigkeit sichert”.

„Verwaltungsspitze verleugnet drängende Aufgaben”

Der Kul­tur­auss­chussvor­sitzende erin­nert in seinen recht scharf for­mulierten Worten in Rich­tung Finanzdez­er­nat der Stadt Schw­erin an eine „lange Liste der finanziellen Unter­ausstat­tung im Bere­ich Kul­tur. Er spricht gar von „ein­er lan­gen Kladde an von der Ver­wal­tungsspitze ver­leugneten, drän­gen­den Auf­gaben und Ver­ant­wortlichkeit­en.” Fehlende Stellen, Hon­o­rare, die nicht die Vor- und Nach­bere­itungszeit­en abdeck­en, ungek­lärte Sach­mit­telbe­darfe sind dabei nur ein Teil der Liste, die die kom­mu­nalen Bere­iche bet­rifft. Noch ver­heeren­der sieht es in Teilen der nicht-kom­mu­nalen Kul­tur­land­schaft aus.

„Dann können wir auch die Tore der Stadtvertretung schließen”

Sehr deut­lich fasst er daher zusam­men, was angesichts der weit­er­hin gerin­gen Mit­tel viele Unter­stützer und vor allem Aktive der Kun­st- und Kul­turszene in Schw­erin denken: „Dieser Zus­tand ist für eine Lan­deshaupt­stadt, die den Weltkul­turerbeti­tel errin­gen möchte, abso­lut unwürdig! […]  In der Ver­wal­tungsspitze wird man freilich gebetsmüh­le­nar­tig den Dreierkanon ein­stim­men: Coro­na, Schulden, Kom­mu­nalauf­sicht! – Wenn dies der Fall ist, müssten wir kon­se­quenter­weise die Tore der Stadtvertre­tung schließen und fol­gen­des Schild ans Rathaus­portal hän­gen: ‚Wegen Über­schul­dung sind keine gesellschaft­spoli­tis­chen Gestal­tung­sun­ternehmungen erwün­scht! Auch die Arbeit der Stadtvertre­tung ist bis auf weit­eres pausiert wor­den. Kom­men Sie in 20 Jahren wieder!”

Kommentiere den Beitrag

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert