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Schwerin: Wiederholt Probleme in Verbindung mit Alkoholausschank

Corona ist seit einigen Tagen wieder deutlich präsenter in Schwerin. Nach etwas ruhigeren Wochen ist die Landeshauptstadt wieder Risikogebiet. Aber nicht nur diese. Auch für ganz Mecklenburg-Vorpommern sprang die Corona-Ampel

  • Veröffentlicht Dezember 7, 2020
Wird der Glühwein zum Problem in Schwerin? | Foto: Symbolbild

Corona ist seit einigen Tagen wieder deutlich präsenter in Schwerin. Nach etwas ruhigeren Wochen ist die Landeshauptstadt wieder Risikogebiet. Aber nicht nur diese. Auch für ganz Mecklenburg-Vorpommern sprang die Corona-Ampel gestern auf „Rot“. Dabei können die Unterschiede kaum größer sein. Während der Landkreis Rostock mit einem Inzidenzwert von nur 14,8 Infektionen binnen 7 Tagen je 100.000 Einwohner und die Hansestadt selbst mit nur 17,2 mehr als nur gut dastehen, meldet die Mecklenburgische Seenplatte 80,6. Derzeit auf Platz zwei im wenig erstrebenswerten Ranking liegt nun Schwerin mit einem I-Wert von 72,1 Infektionen binnen 7 Tagen je 100.000 Einwohner. Binnen kürzester Zeit drehte sich dabei die Lage – im Land und konkret auch in Schwerin. Verstanden aber haben die Situation scheinbar noch immer nicht alle.

 

Trotz Risikogebiet: Bislang keine neuen Maßnahmen der Stadt

Mit den 18 gemeldeten Neuinfektionen am Wochenende bleibt Schwerin auch weiterhin Corona-Risikogebiet. Anders als Ende Oktober/Anfang November, als für Schwerin die Corona-Ampel erstmals „Rot“ zeigte, reagierte der Krisenstab unter Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier dieses Mal nicht erkennbar. Schloss man Anfang November z.B. alle Innenbereiche für Freizeitaktivitäten von Kindern und Jugendlichen und ordnete ein Alkohol-Verkaufsverbot ab 23 Uhr an, so kam es jetzt zu keinen weiteren Verschärfungen. Keine Maskenpflicht am teile übervollen Marienplatz also und auch ansonsten eher ein entspannteres Agieren. Vielmehr öffneten Hütten mit vorweihnachtlichen Angeboten in der Mecklenburgstraße und am Anleger der Weißen Flotte- Und zahlreiche Gastronomen bieten nun Glühwein to-go an. Trotz angespannter Lage möchte die Stadtspitze den Menschen in Schwerin offenbar eine unter den aktuellen Umständen bestmögliche Vorweihnachtszeit ermöglichen.

 

Zahlreiche Verstöße gegen Regeln und teilweise partyähnliche Szenen

Dass dies viele allerdings gleich als Freibrief sahen und sehen, Regeln zu vergessen, könnte diesen Ansatz eines sanfteren Agierens schnell stoppen. Schon die gesamte vergangene Woche kam es wiederholt zu Verstößen gegen die Vorgaben und Regeln. Beispielsweise auch am Schlossanleger, wie die Pressestelle der Stadt Schwerin auf Anfrage bestätigte. Dort werden derzeit Glühwein und andere vorweihnachtliche Angebote aus Hütten verkauft. Organisatorisch unter Einhaltung wirklich aller geltenden Regeln. Am Samstag vor einer Woche (28.11.2020) aber musste das Ordnungsamt die Polizei im Rahmen der Amtshilfe anfordern, um die Situation zu klären. Auch weitere Einsätze des Ordnungsamtes folgten. Betreiber bzw. Veranstalter tun zwar ihren Teil, um auf Regeleinhaltung hinzuwirken. Die Realität einiger Besucher aber sieht scheinbar anders aus.

 

Wiederholt Probleme an verschiedenen Stellen der Innenstadt 

In der gesamten Innenstadt ist das Ordnungsamt derzeit verstärkt damit beschäftigt, die Lage im Blick zu behalten und gegebenenfalls einzugreifen. Inzwischen kam es bereits zu zahlreichen Ordnungswidrigkeiten-Verfahren. Am Freitag konnte man – bezogen auf die momentane Lage -schon fast von einer „Eskalation“ sprechen. Straßenpartyähnliche Zustände an einem Bierwagen, große Gruppen von Menschen mit Getränken vor verschiedenen Ausschankfenstern – von Abständen und Kontaktbeschränkungen im Privatbereich (max. 5 Personen aus max. 2 Haushalten) und ähnlichem vielerorts nichts zu sehen. Am Samstag reagierte das Ordnungsamt Schwerin und sprach zahlreiche Ausschankstationen nochmals eindringlich an. Der Tenor war klar: Noch ein Abend wie der vom Freitag, und die Stadt würde den Alkoholausschank möglicherweise vorerst komplett verbieten. Durchaus verständlich, denn niemand möchte letztlich für ein nicht mehr kontrollierbares Infektionsgeschehen verantwortlich sein. Da der Samstag zwar ruhiger aber auch alles andere als maßnahmegerecht in der Innenstadt verlief, bleibt nun abzuwarten, wie der Krisenstab weiter entscheidet.

 

Kommentar: Wollen wir wirklich alles jetzt noch auf’s Spiel setzen?

Stephan Haring, Redakteur

Braucht es denn wirklich erst deutliche Maßnahmeverschärfungen mit geschlossenen Glühweinstationen, damit ein Teil der Menschen in dieser Stadt versteht? Wollen ein paar hundert Feierlustige aber auch viele schlichtweg Unvorsichtige tatsächlich das vorweihnachtliche Feeling in der Innenstadt mit einigen Hütten, musikalischem Adventskalender – und vor allem mit Glühweinausschank durch ohnehin in einer angespannten Situation befindliche Gastronomen und Veranstalter – auf’s Spiel setzen? Die Stadt versucht, trotz Risikogebiets-Status, das Machbare machbar zu machen. Sicherlich ist im Krisenstab allen klar, dass das Eis dünn ist, auf dem man sich bewegt. Aber dennoch möchte man offenbar soviel vorweihnachtliche Atmosphäre wie möglich realisieren. Und dann wird es von einigen – leider nicht wenigen – teilweise derart ausgenutzt?! Das kann nicht sein!

Auch wer ausschenkt ist in der Verantwortung

Natürlich sind diejenigen, die beispielsweise den Glühweinausschank verantworten, (mit) in der Verantwortung, dass sich keine Gruppen vor der Tür bilden und dass Abstände eingehalten werden. Und natürlich kann man darüber diskutieren, ob man auf Facebook mit Schlagworten wie „Glühwein und Musik“ werben muss. Alles richtig. Und ich kann total nachvollziehen, dass beispielsweise Kosmetikerinnen mit Kopfschütteln die feiernden Menschen sehen. Denn jetzt, da MV – auch durch Missachtung von Regeln – Risikogebiet ist, dürften sich ihre Hoffnungen auf eine baldige Öffnung der Studios in Luft auflösen. Hier ist vielleicht noch etwas mehr Fingerspitzengefühl auch dem einen oder anderen Betreiber der Ausschänke gefragt. Denn es sind noch ein paar mehr Branchen geschlossen. Die aber können nicht mal eben so auf gastronomische Außer-Haus-Angebote umschwenken, und Geld verdienen in diesen Tagen. Aber, und auch das gehört zur Wahrheit, erste Betreiber haben reagiert. Bleibt zu hoffen, dass es wirkt.

 

Hauptverantwortung liegt bei uns – den Besuchern und Gästen

Aber grundsätzlich sollen und wollen sich die Gastronomen und Veranstalter doch auf die eigentliche Sache konzentrieren können. Nämlich den Ausschank und die Einhaltung der Regeln in und unmittelbar an ihren Objekten. Sie können doch nicht noch Personal dafür einsetzen müssen, das dann die ganze Zeit vor der Tür steht, um den Gästen bzw. Besuchern das zu sagen, was diese längst wissen (müssten). Letztlich liegt doch die Hauptverantwortung bei uns allen – eben bei uns Besuchern und Gästen. Ist es denn so schwer, das Getränk zu kaufen, und dann ein Stück wegzugehen? Vielleicht sogar eine Runde zu drehen, und am nächsten Stand den nächsten Glühwein zu kaufen? Und wenn’s nun unbedingt die eine Sorte bleiben soll – es gibt in diesem Jahr auch wirklich verdammt tollen Glühwein an einigen Stellen – dann eben etwas entfernt trinken und dann den nächsten holen. Warum muss man direkt im Wartebereich der anderen stehen und das heiße Getränk genießen? Warum muss man in großen Gruppen herumstehen? Dann geht man eben mehrfach in den nächsten Tagen los – und dann mit unterschiedlichen Freunden.

Das aktuelle Geschehen gefährdet doch nur das wirklich schöne Angebot und die derzeit noch eher zurückhaltende Maßnahmepolitik der Stadt. Es gefährdet die Chance der Gastronomen und Veranstalter, zumindest etwas in dieser Zeit dazu zu verdienen. Und ob es nun mancher glaubt oder nicht: Es erhöht das Risiko einer auf der letzten Etappe noch unkontrollierbaren Ausbreitung des Virus. Ein Blick nach Sachsen dürfte reichen, um zu sehen, wie schnell das Ganze beinahe aus dem Nichts außer Kontrolle geraten kann.

 

Klar, auch der Ton macht die Musik

Und natürlich macht auch der Ton bei der Ansprache seitens des Ordnungsamts die Musik. Keine Frage. Immer wieder ist zu hören, dass dieser doch wiederholt etwas ruppig ist. Das muss nicht sein. Ein freundliches „Guten Tag“ zu Begin eines Gespräches und vielleicht nicht zu dritt wie eine Wand auf die Menschen zugehen, das kann auch situationsentschärfend wirken. Aber, und da fasse ich mir auch an die eigene Nase, vielleicht braucht es auch etwas mehr Verständnis für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Ordnungsamt und Polizei. Wohl niemand möchte derzeit mit ihnen den Job tauschen. Lasst uns auch daran denken, und vielleicht selbst mit einem freundlichen „Hallo“ reagieren. Ein Lächeln ist ja derzeit schwer erkennbar.

Wie es sich in den kommenden Tagen entwickelt, das haben die Schwerinerinnen und Schweriner nun vor allem selbst in der Hand. Lassen Sie uns, jeder für sich, einen kleinen Teil dazu beitragen, dass sich die Lage wieder entspannt. In jeder Hinsicht.

Written By
Stephan Haring

Stephan Haring ist freier Mitarbeiter unserer digitalen Tageszeitung. Er hat ein Bachelor-Studium der Kommunikationswissenschaften an der Universität Erfurt mit den Nebenfächern Sozialwissenschaften & Politik absolviert. Im Nachhinein arbeitete er in leitenden Funktionen der Presse- & Öffentlichkeitsarbeit, im Leitungsbereich eines Unternehmens sowie als Rektor einer privat geführten Hochschule. Zudem entwickelte, organisierte und realisierte er mit der durch ihn entwickelten LOOK ein Fashionevent in Schwerin. Heute arbeitet er freiberuflich als Texter, Pressesprecher und Textkorrektor sowie als Berater in verschiedenen Projekten. In einem Schweriner Ortsbeirat ist er zudem ehrenamtlich als Vorsitzender kommunalpolitisch aktiv.

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