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Bundesverfassungsgericht hat entschieden:
So bewerten Schwerins Bundestagsabgeordnete das Urteil zum Wahlrecht

Das Bundesverfassungsgericht kippte am Mittwoch Teile des Wahlrechts. Die Schweriner Bundestagsabgeordnete begrüßen das Urteil, hätten sich aber mehr Reformen gewünscht.

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  • Veröffentlicht August 5, 2024

 

Um den Bundestag zu verkleinern, hat die Ampelkoalition eine Reform des Bundeswahlgesetzes eingeführt. Das Bundesverfassungsgericht hat dies nun in Teilen gekippt. Laut den Richterinnen und Richtern in Karlsruhe ist die Aufhebung der Grundmandatsklausel im neuen Wahlrecht verfassungswidrig. Während die Bundestagsabgeordneten Ina Latendorf (Linke) und Dietrich Monstadt (CDU) das Urteil aus Karlsruhe begrüßen, hätte sich Leif-Erik Holm (AfD) sehr viel weitergehendere Schritte für die Verkleinerung des Bundestages gewünscht. Die Bundestagsabgeordnte Reem Alabali-Radovan (SPD), die 2021 den Wahlkreis als Direktkandidatin gewonnen hatte, war leider urlaubsbedingt für ein Statement nicht zu erreichen.

Die Ampelregierung hatte 2023 beschlossen, die Grundmandatsklausel aufzuheben. Sie besagt, dass Parteien mit weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen trotzdem in voller Stärke in den Bundestag einziehen, wenn sie drei Direktmandate erzielen. Für die Linken war das eine wichtige Regel: Zogen sie bei der letzten Bundestagswahl genau wegen drei gewonnener Direktmandate in den Bundestag ein. Nachdem die Ampel diese Regelung im neuen Wahlgesetz aufgehoben hat, gehörte Ina Lattendorf zu den Klageeinreichern beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. 

Ampel erneut Vertrauen zerstört

“Es war unverantwortlich von den Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP alle Warnungen, dass die Wahlrechtsänderung verfassungswidrig ist, in den Wind geschlagen hat”, sagt Lattendorf gegenüber unserer Redaktion. Nicht nur ihre Partei Die Linke sondern auch die Union habe scharfe Kritik geäußert und ausdrücklich auf die Verfassungswidrigkeit dieser Reform hingewiesen. “Die Ampel-Parteien haben die Bedenken und Warnungen ignoriert, damit erneut die Grundlagen unserer demokratischen Ordnung gefährdet und Vertrauen zerstört”, so die Linken-Bundestagsabgeordnete. 

“Das Gericht hat mit der Entscheidung klar gemacht, dass auch kleinere oder nur in einigen Regionen stärker verankerte Parteien nicht von vornherein komplett ausgeschlossen werden dürfen”, betont Ina Lattendorf gegenüber unserer Redaktion.

Das Bundesverfassungsgericht habe “Möglichkeiten aufgezeigt, wie eine Wahlrechtsreform umgesetzt werden könnte”, etwa durch Anpassungen bei Direktmandaten oder der Fünf-Prozent-Hürde. 

Diese Entscheidung, sei laut Lattendorf, “ein entscheidender Schritt zur Sicherung einer gerechten und repräsentativen Demokratie in Deutschland”.

“Wir begrüßen als Linke Gruppe im Bundestag diese Entscheidung ausdrücklich, da sie die Vielfalt der politischen Repräsentation im Bundestag stärkt und sicherstellt, dass die Stimmen der Bürgerinnen und Bürger fairer gewichtet werden”. 

Wahlrecht schwächt Prinzip der direkten Demokratie

Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Dietrich Monstadt begrüßt das Urteil aus Karlsruhe, da dieses “eine faire Repräsentation aller Regionen sichert”. Allerdings kritisiert Monstadt die neue Regelung zur Sitzverteilung, die vom Gericht in Karlsruhe nicht als verfassungswidrig erklärt wurde. 

Im Gegensatz zur Abschaffung der Grundmandatsklausel ist das Zweitstimmendeckungsverfahren, womit Überhang- und Ausgleichsmandate abgeschafft werden, aus Sicht des Gerichts keine Abkehr von den Grundzügen des bisherigen Wahlrechts dar. “Wahlkreisgewinner könnten trotz eines Direktmandats leer ausgehen, wenn ihre Partei nicht genügend Zweitstimmen erhält. Dies schwächt das Prinzip der direkten Demokratie und könnte die Repräsentation bestimmter Regionen beeinträchtigen”, so Monstadt. 

„Minireform“ nicht ausreichend

Der AfD-Bundestagsabgeordnete Leif-Erik Holm spricht gegenüber unserer Redaktion von einer “Minireform” in Bezug auf das durch die Ampel geänderte Wahlrecht. Immerhin würde nun der Bundestag nicht weiter “aufgebläht”, sondern “endlich etwas verkleinert”. “Wir hätten uns allerdings eine weitergehende Reform gewünscht”, so Holm. Er verweist darauf, dass die AfD seit Jahren fordere, die Anzahl der Abgeordneten auf unter 500 zu senken. “Das wäre für einen ordentlichen parlamentarischen Betrieb völlig ausreichend und für die Geldbeutel der Steuerzahler sehr viel schonender”, so der AfD-Bundestagsabgeordnete. 

Kritisch sieht Holm auch, dass mit der Neuregelung Wahlkreisgewinner nicht in den Bundestag einziehen könnten. “Damit wäre dann in manchen Wahlkreisen das Erststimmenergebnis nachträglich für die Katz‘“, so Holm. Das sei für viele Wähler “sicherlich nicht nachvollziehbar und auch wenig motivierend”. Das könnte, laut Holm, weiter dazu führen, dass Regionen plötzlich überhaupt nicht mehr in Berlin vertreten sind. “Aus meiner Sicht wäre der bessere Weg eine Verringerung der Anzahl der Wahlkreise gewesen”, so Holm. 

Was die jetzige gesetzliche Regelung für den Bundestagswahlkeis 12, zudem auch Schwerin gehört, wird sich bei der Bundestagswahl im Herbst des kommenden Jahres zeigen.

Drei Kandidaten für kommende Wahl bekannt

Fest steht, dass die jetzige Wahlkreisabgeordnete Reem Alabali-Radovan von der SPD dann ihren Wahlkreis gegen Dietrich Monstadt und Leif-Erik Holm verteidigen muss. Sowohl die SPD-Bundestagsabgeordnete, die auch Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration in der Bundesregierung ist, als auch Dietrich Monstadt von der CDU sind von ihren Parteien als Direktkandidaten nominiert worden.

Der AfD-Bundestagsabgeordnete Leif-Erik Holm hat schon vor einigen Wochen angekündigt, sich bei der kommenden Bundestagswahl im Wahlkreis 12 (Schwerin – Ludwigslust- Parchim) um das Direktmandat zu bewerben. Bisher hatte der Bundestagsabgeordnete immer im Wahlkreis 15 (Vorpommern-Rügen-Vorpommern-Greifswald) kandidiert. Die offizielle Nominierung durch eine Mitgliederversammlung der AfD steht allerdings noch aus. 

Ob die Bundestagsabgeordnete der Linken, Ina Lattendorf, noch einmal im Wahlkreis für ihre Partei kandidieren wird, wurde bisher noch nicht öffentlich.

 

 

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Stefan Rochow

ist Journalist, Unternehmer und Gründer von SNO | Schwerin-Lokal. Mail: redaktion@sn-o.de

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