Verkehrsunfallstatistik 2021 mit positiven Tendenzen aber unter speziellen Bedingungen
Auf den ersten Blick auf M-Vs Verkehrsunfallstatistik 2021 könnte man fast von einer positiven Statistik sprechen: Das aber wäre alles andere als angemessen. Denn jeder Verletzte und Tote ist zu
Die Zahl negativer Statistiken ist gerade in diesen Tagen hoch. Umsatzrückgänge, Umsatzeinbrüche, negative Unternehmensprognosen, massiv steigende Inflation ohne das erforderliche Gegensteuern der EZB… Die Kette der Nachrichten und Statistiken, die weder Wirtschaft noch Verbraucher hören oder lesen wollen, ist schier unendlich lang. Da ist es schon fast ein rettender Anker, weniger negative Zahlen zu hören. Denn nur so lässt sich beispielsweise die Verkehrsunfallstatistik 2021 für Mecklenburg-Vorpommern lesen, die Innenminister Christian Pegel und Verkehrsminister Reinhard Meyer kürzlich präsentierten. „Positiv“ kann eine solche Statistik letzten Endes nicht sein. Denn jeder Verkehrstote ist einer zu viel und kann nie eine positive Nachricht sein.
Unfallzahlen sind rückläufig – Aber auch negative Entwicklungen
„Weniger negativ“ hingegen ist dabei schon korrekt. Denn die Zahlen waren aus verschiedenen Gründen überraschend gering im Vergleich zu den Vorjahren. „Die Zahlen bei den Toten und Verletzten durch Verkehrsunfälle gehen seit Jahren kontinuierlich zurück, nicht zuletzt dank vieler Verbesserungen für die Verkehrssicherheit und umfangreicher Präventionsarbeit. Mehr als 500 Unfalltote 1990 und gar 624 im Folgejahr – von diesen Zahlen haben wir uns zum Glück weit entfernt. Doch auch 68 Tote und knapp 6.000 Verletzte wie im vergangenen Jahr sind zu viele“, so Christian Pegel. Von den insgesamt rund 54.056 Unfällen, die die Polizei 2021 aufgenommen hatte, sei es in 91 Prozent bei Blechschäden geblieben.
Entgegen der Unfall- und Opferzahlen sieht Christian Pegel aber durchaus auch Wermutstropfen: „Die Zahl der Schwerverletzten ist leicht angestiegen, um 46 auf 1.221. Auch bei infolge eines Verkehrsunfalls verletzten Kindern gab es 2021 einen Anstieg von 473 auf 541.“ Hier mache ein Schulbusunfall in Plate mit 35 Verletzten einen nicht unwesentlichen Anteil aus, so der Minister.
Bis 2030 sollen Zahlen aus 2021 um 40 Prozent sinken
Als einen Grund für den Rückgang sieht die Landesregierung – wie bereits 2020 – die Corona-Pandemie. So ist es durch die Lockdown-Phasen und die Zeit des teilweise freiwilligen, teilweise auch verpflichtenden Home-Office zu einer veränderten Mobilität gekommen. Der Verkehr auf den Straßen war schlichtweg geringer. Da wäre ein Statistikanstieg sogar eine dramatische Nachricht gewesen. Für ein anderes, bundesweites Ziel ist die nun vorgelegte Statistik natürlich eine enorme Herausforderung. Denn „gerade mit Hinblick auf die Unfalltoten haben sich Bund und Länder mit dem ,Pakt für Verkehrssicherheit‘ ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: 2030 sollen es 40 Prozent weniger Verkehrstote sein als 2021“, sagte Verkehrsminister Meyer.
40 Prozent weniger also als in dem Jahr, in dem die Pandemie zu einem deutlichen Mobilitätsrückgang führte. Das scheint ein mehr als ambitioniertes Ziel zu sein. Denn es dürfte fast nur mit noch weniger Mobilität zu erreichen sein. Dies allerdings ist gerade in einem Flächen- und Tourismusland selbst bei langfristig hohen Spritpreisen eher unwahrscheinlich.
Besonders Landstraßen bergen Gefahren
Mit Aufklärungskampagnen möchte die Landesregierung unter anderem die hochgesteckten – oder besser zahlentechnisch niedrigen – Ziele erreichen. Beispielsweise zielt eine Kampagne „Sicherheit auf Landstraßen in M-V“ nicht zuletzt auch mit Blick auf die zahlreichen Alleen auf die Unfallopfer von Kollisionen mit Bäumen ab. Zwar sank auch deren Zahl im vergangenen Jahr von 24 auf 17. „Das heißt aber auch: Jeder vierte Unfalltote ist aufgrund einer Kollision mit einem Baum zu beklagen“, so Innenminister Pegel. „Wir haben unsere einzigartigen Alleen mit der Aktion ,Schön gefährlich!‘ plakatiert, um die Straßenverkehrsteilnehmer für eine hohe Aufmerksamkeit zu sensibilisieren“, ergänzte Reinhard Meyer.
Weiterhin viele Wildunfälle
Gerade in einem Flächenland mit großem Naturanteil und vielen Wäldern, wie es Mecklenburg-Vorpommern ist, spielt natürlich auch das Thema Wildunfälle ein nicht unerhebliche Rolle. Auch deren Anzahl ging allerdings im vergangenen Jahr von 17.127 im Vorjahr auf 16.324 zurück. Gerade in diesem Segment aber dürfte das coronabedingt veränderte Mobilitätsverhalten eine zumindest nicht unwesentliche Rolle gespielt haben: Denn viele Pendlerinnen und Pendler mussten nicht bei Dunkelheit oder Dämmerung zur Arbeit oder von dieser zurück fahren. Genau dies sind aber die gefährlichen Stunden, da dann der Wildwechsel besondere Risiken mit sich bringt. Auch Christian Pegel erinnert noch einmal daran, dass eben Wildunfälle nicht zu unterschätze sind. „Bei solchen starben im vergangenen Jahr zwei Menschen auf unseren Straßen, 151 wurden verletzt“, so der Innenminister.
Raserei und Rauschmittel führen weiter zu zahlreichen Unfällen
Wichtig bei einer solchen Statistik ist natürlich auch ein Blick auf die Unfallursachen. Speziell dahingehend, ob es eine deutlich „Nummer 1″ gibt. Und die gab es auch 2021: Raserei beziehungsweise eben überhöhte Geschwindigkeit. Sie ist auch weiterhin bei Unfällen mit Personenschaden absolute Hauptunfallursache. Das zeigt, wie wichtig nach wie vor Geschwindigkeitskontrollen sind. Dass die Polizei bei diesen im vergangenen Jahr mit mehr als 180.500 Verstößen knapp 17.200 weniger erfasst hat als 2020, genügt mir leider nicht als Hinweis darauf, dass die Vernunft die Oberhand gewinnt“, sagte Pegel. Neben zu hoher Geschwindigkeit spielen auch weiterhin Rauschmittel bei Unfallgeschehen eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Kommt es doch gerade auch im Zusammenhang mit diesen zu besonders schweren Unfällen. So verletzten sich 2021 insgesamt 434 Menschen bei 359 Unfällen im Zusammenhang mit Rauschmitteln – fünf starben.
Ein unerfreuliches Thema ist für beide Minister die Unfallflucht: „Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort ist kein Kavaliersdelikt. Wer erwischt wird, dem drohen bis zu drei Jahre Gefängnis“, so Pegel. Dennoch seien 2021 in Mecklenburg-Vorpommern mehr als 10.000 Fälle von Unfallflucht registriert worden.
Immer mehr Unfälle in Verbindung mit Pedelecs
Aber nicht nur der Autoverkehr ist in der Unfallstatistik erfasst. Auch der Blick auf die Zahlen verunglückter Fahrradfahrerinnen und -fahrer ist nicht ungetrübt. So weist die Statistik zwar einen Rückgang um 8,5 Prozent aus. Allerdings ist dabei auch zu erkennen, dass gerade die Anzahl der Unglücke in Verbindung mit Pedelecs steigend ist. An 12 Prozent aller Fahrradunfälle im Jahr 2021 waren diese Räder beteiligt. Christian Pegel appelliert daher erneut eindringlich an alle Radfahrerinnen und -fahrer, insbesondere auch mit elektrisch betriebenem Untersatz: „Auch wenn sich eine Helmpflicht in Deutschland bislang nicht durchgesetzt hat – fahren Sie nicht ohne. Der Helm kann Ihnen das Leben retten.“
Verkehrskontrollen und Prävention bleiben wichtig
Für Meyer und Pegel ist vor dem Hintergrund auch der 2021er Zahlen klar: Auch weiterhin sind Verkehrskontrollen wichtig und richtig. „Unsere landesweiten Verkehrskontrollen mit monatlich wechselnden Themenschwerpunkten unter dem Titel ,Fahren.Ankommen.Leben!‘ tragen dazu bei, die Hauptunfallursachen zu bekämpfen. Das nutzt letztlich uns allen, egal, ob wir uns mit dem Auto, dem Bus, dem Fahrrad oder zu Fuß durch unsere Straßen bewegen.“ Die Minister nutzten in diesem Zusammenhang die Gelegenheit, und bedankten sich bei Polizei wie auch allen haupt- und ehrenamtlich beispielsweise in der Prävention tätigen Menschen. Sie würden einen wichtigen Teil zu Sicherheit auf den Straßen im Land beitragen. „Dazu gehören [auch] die Verkehrswachten genauso wie all‘ die Menschen, die etwa in Kindergärten und Schulen unseren jüngsten Verkehrsteilnehmern Sicherheit im Verkehr vermitteln.“