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Religionen begegnen sich in Schwerin

(red/sr).  Am Sonntag begegneten sich die Religionen wieder im Bernhard-Schräder-Haus der katholischen St. Anna – Gemeinde in der Klosterstraße. Im Rahmen der Interkulturellen Wochen der Landeshauptstadt, ist das schon seit

  • Veröffentlicht Oktober 13, 2015

(red/sr).  Am Sonntag begegneten sich die Religionen wieder im Bernhard-Schräder-Haus der katholischen St. Anna – Gemeinde in der Klosterstraße. Im Rahmen der Interkulturellen Wochen der Landeshauptstadt, ist das schon seit 10 Jahren ein fester Bestandteil. Trotzdem war an diesem Nachmittag der Begegnung auch vieles anders als sonst.

 

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Von STEFAN ROCHOW

 

Ausrichter war an diesem Nachmittag der Islamische Bund, die sunnitische Gemeinde in Schwerin. Die Gemeinde ist in den letzten Monaten enorm gewachsen, da viele Flüchtlinge sunnitische Muslime sind. Für den Vorsitzenden des Vereins, Mohamed Dib Khanji, ist dieses Anwachsen der Gemeinde Freude und Herausforderung zugleich. An diesem Nachmittag war es vor allem eine Gelegenheit mit anderen Religionen ins Gespräch zu kommen und zu signalisieren, dass ein friedliches Zusammensein der Religionen durchaus möglich ist. Das Ringen um das gegenseitige Verstehen, in Schwerin findet es im Rahmen des Interreligiösen Dialogs, schon seit vielen Jahren statt.

 

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Vielfalt kann eine Chance sein

 

Es liegt wohl nicht nur am Erbe der antireligiösen Regime des 20. Jahrhunderts. Auch das immer stärkere Verschwinden traditioneller religiöser Milieus in vielen Teilen des Landes bei gleichzeitigem Entstehen neuer über die letzten Jahrzehnte hat dazu geführt, dass bei vielen Menschen in Deutschland nicht nur wenig Wissen über Religionen vorherrscht, sondern teilweise sogar Angst – die prompt von Ideologen für ihre Zwecke ausgenützt wird.

 

Der Interreligiöse Dialog Schwerin gehört zu jenen Institutionen, die eine multinationale und multireligiöse Gesellschaft in Deutschland für eine große Chance halten und veranstaltet deshalb regelmäßig Vortragsabende oder Foren, in denen schwerpunktmäßig die drei großen abrahamitischen Weltreligionen – das Judentum, das Christentum und der Islam – vorgestellt werden und Vertreter der jeweiligen Gemeinden für Fragen und Gespräche zur Verfügung stehen.

 

Gott-Vertrauen ist eine Klammer der abrahamitischen Religionen

 

Interkulturell 4Am Sonntag Nachmittag war daher das gegenseitige Kennenlernen, neben der Begegnung, ein wichtiger Bestandteil. Muslime und Christen gaben einen Einblick in ihre Feiertage. Mohamed Dib Khanji erzählte etwas über das Opferfest, das wichtigste Fest im Islam.

 

Das Opferfest heißt auf arabisch »Id al-Adha«. Es erinnert die Muslimen daran, Allah zu vertrauen. Für Pilger ist das Fest außerdem ein Teil der Pilgerfahrt nach Mekka, die Hadsch, die jeder Muslim einmal in seinem Leben unternommen haben sollte.

 

Im Gott-Vertrauen ist der Prophet Abraham vielen Muslimen, Juden und Christen ein großes Vorbild. Alle drei Religionen kennen eine Überlieferung, nach der Abraham aus Liebe und Vertrauen zu Gott sogar bereit war, seinen Sohn zu opfern. Gott erlöste ihn jedoch und hielt ihn im letzten Moment von der Tat ab. Abraham musste schließlich nur ein Tier opfern.

 

In Erinnerung an diese Geschichte schlachten viele Muslime zum Opferfest auch heute noch ein Tier. Das Fleisch teilen sie zu gleichen Teilen durch drei: ein Drittel isst die Familie, ein Drittel bekommt die Verwandtschaft und ein Drittel erhalten bedürftige Menschen. Viele Muslime in Deutschland lassen zum Opferfest ein Tier in einem Land schlachten, in dem mehr Armut herrscht als in Europa. Das Fleisch lassen sie dann dort an bedürftige Menschen verteilen.

 

Leben und Sterben sind die radikalsten Gegensätze der menschlichen Existenz

 

Interkulturell 5Propst Horst Eberlein von der katholischen St.-Anna-Gemeinde, gab einen Einblick in die Bedeutung des Lichts im Christentum. Anhand des Weihnachsfestes, des Osterfestes und Pfingsten schlug der katholische Geistliche, unterstützt vom Moderator des Interreligiösen Dialogs, Rudolf Hubert, einen weiten Bogen in die Grundlagen des Christentums.

 

Leben, Sterben, Auferstehung, das ist der Dreiklan, der am Ende christliche Religion ausmacht. Leben und Sterben sind die radikalsten Gegensätze der menschlichen Existenz, die durch zahlreiche Bilder und Erfahrungen in unserer Vorstellung und unserem Denken verankert sind. Auferstehung entzieht sich unserer Erfahrung. Auferstehung stellen wir uns vor, ist Ausdruck unserer Hoffnung, die uns im Leben trägt, immer wieder Kraft gibt, Neues zu wagen, an das Leben zu glauben.

 

 

Dass die drei Religionen Christentum, Judentum und Islam nicht so weit auseinander liegen, wie oft behauptet, konnte jeder an diesem Nachmittag erleben. Propst Eberlein brachte diese Erfahrung auf den Punkt »Wir müssen nur tiefer bohren, dann kommen wir auf den Grund«. Bleibt zu wünschen, dass es noch viele Gelegenheiten gibt, in der gemeinsamen Begegnung tiefer bohren zu können.

 

Den Abschluss der Veranstaltung bildete ein gemeinsames Abendessen, das von der sunnitischen Gemeinde in Schwerin vorbereitet wurde. Die Einführung in die orientalische Küche war für viele an diesem späten Nachmittag ein kulinarischer Genuss.

 

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Eines wurde an diesem Nachmittag ganz deutlich: Angst vor Religionen muss man nur haben, wenn diese als Machtfaktor missbraucht wird. Nur ganz selten sind Religionen die eigentliche Ursache von Konflikten; vielmehr sind es Kämpfe um Macht, um soziale Nöte oder ökonomische Ungleichheit, die von interessierter Seite religiös aufgeladen werden. Angst muss man daher vor den Menschen haben, die im Namen der Religion die Freiheit rauben.

 

 

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Redaktion

der digitalen Tageszeitung Schwerin-Lokal. Kontakt: redaktion@schwerin-lokal.de

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