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Schwerin: Diskussion um Sitzungsform spitzt sich zu – Zählgemeinschaft bleibt Stadtvertretung fern

Bereits gestern berichteten wir von einer wieder aufflammenden Diskussion um die Sitzungsformen der kommunalen Gremien. Neben der Frage, weshalb scheinbar niemand in der Stadtvertretung den Fachausschüssen und Ortsbeiräten hybride Sitzungen

  • Veröffentlicht März 12, 2021
Die „Zählgemeinsschaft Molter, Gajek, Steinmüller“ in der Stadtvertretung Schwerin. | Foto: ZGMGS

Bereits gestern berichteten wir von einer wieder aufflammenden Diskussion um die Sitzungsformen der kommunalen Gremien. Neben der Frage, weshalb scheinbar niemand in der Stadtvertretung den Fachausschüssen und Ortsbeiräten hybride Sitzungen gestatten möchte, steht vor allem die Form der Sitzungen der Stadtvertretung und des Hauptausschusses im Mittelpunkt der Diskussionen. Während CDU/FDP und UB einfach den status quo verlängern wollen, kommt aus der SPD ein Stufenmodell.

 

Zählgemeinschaft nimmt nicht an nächster Stadtvertretersitzung teil

Allerdings hat die Entscheidung vom 10. Februar 2021, als sich eine Mehrheit der Stadtvertreterinnen und Stadtvertreter gegen die Möglichkeit hybrider Sitzungen aussprach, nun erste Konsequenzen. Denn die Zählgemeinschaft „Martin Molter, Heiko Steinmüller und Lothar Gajek“ werden der Präsenzsitzung am kommenden Montag fernbleiben.

 

Beschluss der Stadtvertretung hindert Lothar Gajek an der Ausübung seines Mandats

Stadtvertreter Lothar Gajek

Speziell im Fall Gajek, der zur Risikogruppe gehört, und daher am Montag nicht teilnimmt, dürfte damit ein erster Präzedenzfall vorliegen, bei dem die in unserem gestrigen Artikel beschriebene Einschränkung der freien Ausübung des Mandats aufgrund des Mehrheitsbeschlusses der Stadtvertretung Schwerin vom 10. Februar 2021 aktuell wird. Denn das Kommunalrecht bietet aktuell die Möglichkeit der hybriden Sitzungen, die auch Risikogruppen oder Erkrankten eine Teilnahme von zu Hause ermöglichen. Die Mehrheit der Stadtvertretung verweigerte durch den Beschluss aber eben diese Ausübung seines Mandats. Bislang allerdings hat Gajek sich noch nicht dazu geäußert, ob er diese vermeintliche Einschränkung der Ausübung seines Mandats auch juristisch prüfen lässt.

Da ich auf Grund von Vorerkrankungen und meines Alters zur Risikogruppe gehöre, wird mir die Ausübung meines durch die Wahl erhaltenen Mandates und damit meine demokratische Teilnahme an der Stadtvertretung verwehrt.

Lothar Gajek (Stadtvertreter in Schwerin)

In einer Erklärung der drei Stadtvertreter heißt es: 

„Jeder von uns weiß, in welch einer Pandemiephase wir gerade leben und arbeiten. Die Situation hat sich seit der Sondersitzung am 10. Februar kaum zum Besseren entwickelt; im Gegenteil – seit Tagen steigen die Inzidenz-Werte in Deutschland stetig. Auf der damaligen Sitzung wurde sich für Präsenzsitzungen und gegen Hybridsitzungen der Stadtvertretung entschieden. Das Landesgesetz hätte dieses ermöglicht. Wir bedanken uns bei der SPD und unterstützen den Antrag, indem sie erneut versucht, Video- und Hybridsitzungen zu ermöglichen.“

Martin Molter. | Foto: DIE PARTEI

Ich gehöre nicht unbedingt zur Risikogruppe, trotzdem solidarisiere ich mich mit den Mitgliedern der Stadtvertretung, denen durch fehlende Digitalkonzepte die demokratische Teilnahme verwehrt bleibt. Während auch in Schwerin immer noch das Zeitalter des Faxes regiert, schauen andere Städte mitleidig lächelnd auf uns herab. Obwohl beim letzten Treffen eine ausdrückliche Maskenpflicht bestand, waren Herr Ehlers, Herr Rudolf und Frau Federau schon in der letzten Sitzung eine Gefahr für alle. Wer eine Maskenbefreiung hat und tatsächlich im Sitzen damit nicht genug atmen kann, sollte so solidarisch sein und der Stadtvertretung fernbleiben. Die Befreiung verhindert nicht automatisch, zum Spreader zu werden.

Martin Molter, (Stadtvertreter in Schwerin)

Weiter heißt es in der Erklärung:

„Die Arbeit in der Stadtvertretung ist ehrenamtlich. Wir sind zwar ein Beschlussorgan, jedoch nicht gesetzgebend. Solange zu einer Präsenssitzung mit über 50 Personen über mehreren Stunden in einem geschlossenen Raum eingeladen wird und es nicht die Möglichkeit einer Hybridsitzung gibt, werden wir unsere Teilnahme in Frage stellen. Schließlich hat die Stadtvertretung auch eine Vorbildfunktion. Deshalb halten wir die Sitzungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt in dieser Form für nicht akzeptabel und für gesellschaftlich äußerst unsolidarisch, menschlich weder vertretbar noch für verantwortungsvoll und den Bürgern vermittelbar. Gerade als Stadtvertreter wünschen wir uns in dieser Situation eine hohe Sensibilität und eine noch größere Solidarität mit den Betroffenen.“

Heiko Steinmüller, Stadtvertreter

Der Antrag von CDU und UBs unter TOP 25 sieht vor, die Präsenzveranstaltung so weiterzuführen und stellt sich somit unsolidarisch gegen den Rest der Stadtvertretung. Die Stellungnahme der Verwaltung sagt zudem: sie befürwortet Maßnahmen, dass keine Maßnahmen ergriffen werden. Einer der Gründe ist wohl, wie wir im letzten Jahr in der Stadtvertretung gelernt haben, dass die Demokratie ja gar nicht so wichtig ist. Wir bleiben aber am Ball und werden die Stadtvertretung selbstverständlich online verfolgen.

Heiko Steinmüller (Stadtvertreter in Schwerin)

 

„Den restlichen Mitgliedern der Stadtvertretung wünschen wir trotzdem eine konstruktive Sitzung und bleiben Sie gesund. Lothar Gajek, Martin Molter, Heiko Steinmüller“, so das Ende der Erklärung der drei. 

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Redaktion

der digitalen Tageszeitung Schwerin-Lokal. Kontakt: redaktion@schwerin-lokal.de

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