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Ausstellung über Free Jazz in der DDR

(pm/red) Helge Schneider meinte einst, es gäbe, wenn es mehr Jazz in Deutschland geben würde, auch „weniger Idioten“. Dabei hatte es dieses Musikgenre in unserem Land nie einfach. Während einzelne

  • Veröffentlicht Januar 28, 2015
Zur Eröffnung der Ausstellung spielt das Friedhelm Schönfeld Quartett im Schleswig-Holstein-Haus. Foto: Mehmet Dedeoğlu
Zur Eröffnung der Ausstellung spielt das Friedhelm Schönfeld Quartett im Schleswig-Holstein-Haus. Foto: Mehmet Dedeoğlu

(pm/red) Helge Schneider meinte einst, es gäbe, wenn es mehr Jazz in Deutschland geben würde, auch „weniger Idioten“. Dabei hatte es dieses Musikgenre in unserem Land nie einfach. Während einzelne Formen des Jazz noch in den 1920er Jahren mehr oder minder als Modetrend adaptiert wurden, war er im Dritten Reich eher verpönt und das Abhören ausländischer Sender, die ihn spielten, war sogar verboten.

Auch nach dem Krieg wollte der Jazz in Deutschland keinen richtigen Durchbruch erleben, im Westen schmähte ihn Adorno als „der leichten Musik zugehörig“, in der DDR konnte die offizielle Kulturpolitik nicht viel damit anfangen.

Erst in den 1970er Jahren genoss der Jazz auch den Rückhalt der staatlichen Verantwortlichen für das Kulturschaffen und wurde sogar zu einem bedeutenden Innovationsträger. Hierfür waren vor allem die Protagonisten des Free Jazz verantwortlich.

Am 06.02.2015 wird im Schleswig-Holstein-Haus die Ausstellung „Free Jazz in der DDR. Weltniveau im Überwachungsstaat“ eröffnet. Die Wanderausstellung, die schon in Cottbus, Berlin, Wuppertal, Potsdam, Weimar und Hamburg zu sehen war, beleuchtete einen wichtigen Ausschnitt aus der DDR-Musikgeschichte. Sie ist nun endlich auch in Schwerin zu sehen, denn auch hier gab es eine gar nicht so kleine Free Jazz-Gemeinde. Die Wanderausstellung wird durch einen kleinen lokalen Teil mit Fotos und Erinnerungsstücken zur Schweriner Jazzgeschichte ergänzt.

Jazz war selbst an den abgelegensten Orten präsent

Diese Szene lebte von begabten Musikern, die genau für diese Musik brannten. Sie wurde getragen von einem Netzwerk an Unterstützern und vor allem von einem für diese mutigen Ausflüge in neue Klangwelten bereiten Publikum, das für Experimente ebenso offen war wie die Künstler. Tausende waren es in der DDR, die die Jazz- und Kulturklubs regelmäßig bevölkerten, die den Protagonisten in die abgelegensten Orte hinterher reisten und kein Festival (wie z.B. das legendäre Peitz Open-Air) verpassten.

Die Ausstellung versucht, die Wurzeln dieses kulturellen, künstlerischen, gesellschaftlichen und politischen Phänomens freizulegen. Dabei umreißt sie die eng vernetzte Musikerszene ebenso wie die Szene der Multiplikatoren, Veranstalter und Fans. Achtzehn Musiker werden in kurzen Porträts vorgestellt mit zusätzlichen Audiostationen, an denen ihre Musik abrufbar ist. In der Ausstellung wird noch ein spezieller „Schweriner Teil“ mit Original Plakaten und Fotos aus dieser Zeit zu sehen sein.

Gesamtdarstellung des Free Jazz und seiner Kraftzentren

Im Zentrum der Ausstellung stehen die Kraft, der Enthusiasmus, die Spiel-und Genussfreude und der über allem stehende leidenschaftliche Freiheitsdrang. Die Ausstellung umreißt die eng vernetzte Musikerszene ebenso wie die Szene der Multiplikatoren, Veranstalter und Fans. Der Free Jazz ist an Audiostationen zu hören, die Akteure kommen in Interviews zu Wort. So entsteht eine Collage, die die Free-Jazz-Szene gleichermaßen aus Produzenten-und aus Rezipientensicht erfahrbar macht. Veranstaltungsorte wie Berlin und Peitz spielen eine Rolle, weitere wie Leipzig, Jena, Magdeburg, Dresden oder Ilmenau sind mit Bildern und Erinnerungen von Zeitzeugen repräsentiert. Zahlreiche Ausstellungsmaterialien stammen aus den persönlichen Archiven der Akteure.

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Redaktion

der digitalen Tageszeitung Schwerin-Lokal. Kontakt: redaktion@schwerin-lokal.de

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