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Chronik der Schweriner Stadtbibliothek: Eine Bibliothek wirkt oft Wunder

(pm/red). Die Stadtbibliothek in Schwerin übernimmt beim Zugang zu Bildung eine wichtige Funktion. Obwohl der Wert der Arbeit allgemein unbestritten ist, verliert gerade die Politik diesen Aspekt manchmal aus dem

  • Veröffentlicht Juli 27, 2015
Der Freundeskreis der Stadtbibliothek veranstaltet wieder einen Flohmarkt.  Foto: Freundeskreis der Stadtbibliothek e.V.
Die Schweriner Stadtbibliothek blickt auf eine lange Tradition zurück Foto: Freundeskreis der Stadtbibliothek e.V.

(pm/red). Die Stadtbibliothek in Schwerin übernimmt beim Zugang zu Bildung eine wichtige Funktion. Obwohl der Wert der Arbeit allgemein unbestritten ist, verliert gerade die Politik diesen Aspekt manchmal aus dem Auge. Das ist aber nicht nur aktuell so, wie eine nun erschienene Chronik der Stadtbibliothek zeigt.

 

Die Idee ist nicht neu: Allen Menschen – ohne Ansehen der Person – einen gleichberechtigten Zugang zu Bildung und Kultur zu ermöglichen. So alt diese Idee auch ist, so unterschiedlich gut ist sie in Deutschland umgesetzt. Das deutsche Schulsystem uín Deutschland ist Ländersache. Die Qualität daher äußerst unterschiedlich. Trotzdem entscheidet eine gute oder schlechte Bildung schon sehr früh über den weiteren Lebensweg eines Kindes. Aber auch über den Besuch von kulturellen Veranstaltungen und Einrichtungen, entscheidet nicht selten der Geldbeutel. Nicht selten ist daher die kommunale öffentliche Bibliothek die einzige Einrichtung, die allen Menschen einen wirklich freien Zugang zu Büchern und vielen anderen Medien und damit zu Bildung und Kultur insgesamt ermöglichen kann. Damit schafft sie Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit auch für diejenigen, die mehr, als das ihnen Zugetraute, erreichen können und wollen. Daher ist es eine gute Sache, wenn diese Einrichtung einmal entsprechend gewürdigt wird.

 

 
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Aller Anfang war schwer

 

Chronik der Schweriner Stadtbibliothek ab sofort im Schweriner Buchhandel erhältlich.
Chronik der Schweriner Stadtbibliothek ab sofort im Schweriner Buchhandel erhältlich.

Der Student Markus Rein (Informationstechnologie und Design) legt erstmals eine Chronik zu Entstehung und Entwicklung der Schweriner Stadtbibliothek vor. Der Bedarf für eine öffentliche Bibliothek war schon im 19. Jahrhundert gegeben. Das Aufblühen der Residenzstadt Schwerin und die zunehmende Industrialisierung verlangten nach gut ausgebildeten Fachkräften. So waren es zunächst die Handwerksverbände, später auch die Stadt selbst, die Bibliotheken unterstützten bzw. ins Leben riefen. Die erste Stadtbibliothek existierte allerdings nur von 1863 bis 1879. Halbherzig ausgestattet und konzeptionslos wirkte sie am Bedarf der Schweriner Bevölkerung vorbei. Die gewerblichen Leihbüchereien der Stadt boten hingegen beliebte und aktuelle Literatur an und wurden eifrig genutzt.

 

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Erst mit Beginn des 20. Jahrhunderts entstand mithilfe der Volksbibliotheks-Bewegung und der Kuetemeyer-Schenke-Steinicke-Stiftung im Stiftungsgebäude in der August-Bebel-Str. 29 (ehem. Standesamt am Pfaffenteich) eine gut bestückte, dauerhaft und lebhaft genutzte Volksbücherei. Mit der Veränderung der Machtverhältnisse nach dem Ersten Weltkrieg entbrannten unter den Schweriner Stadtvertretern neue Diskussionen um den Aufbau einer »Allgemeinen Öffentlichen Bücherei und Lesehalle«. Diese Bibliothek wurde dann mit Unterstützung von Vereinen, Verbänden und privaten Spendern in den neuen Räumlichkeiten in der Grenadierstraße (heute Friedensstraße) im Jahre 1922 eröffnet. Seit dem wurden Buchbestände stetig erweitert und erneuert. Die Leserzahlen stiegen und Schweriner konnten verschiedene Zweigstellen – verteilt über das gesamte Stadtgebiet – nutzen.

 

Blütezeit der Bibliothek in der DDR und kurz nach der Wende

 

Ihre einzige echte Blütezeit erlebte die Schweriner Stadtbibliothek zu DDR-Zeiten und in den Anfängen kurz nach der Wende in den 1990er Jahren. In den Jahrzehnten zuvor und in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren stand die Bibliothek immer wieder unter großem Rechtfertigungsdruck in der Stadtpolitik. Gründe dafür liegen häufig bei den »hohen Kosten« und dem angenommenen »geringem Nutzen«. Dass jeder in Bildung investierte EURO auf lange Sicht durch gebildete, höher qualifizierte und damit besser bezahlte Menschen in späteren Jahren mehrfach zurück kommt, das gerät manchmal aus dem Fokus der Stadtpolitik.

 

Rückblickend kann man sagen: Am Anfang war es ein Kraftakt die Bibliothek zu gründen. Heute, wo sie einen guten Ruf genießt, traut sich kein Stadtpolitiker, sie abzuschaffen. Denn die Schweriner Stadtbibliothek mit ihren Zweigstellen in Lankow und auf dem Dreesch, hat sich hervorragend bei ihren Lesern und Nutzern etabliert. Der neue, farbenfrohe, moderne Standort der Hauptstelle in den Schweriner Höfen wird inzwischen als beliebter Treffpunkt von jüngeren und älteren, neugierigen, lesehungrigen und wissensdurstigen Schwerinern mitten in der Stadt geschätzt.

 

Politik nicht aus der Verantwortung für die Bibliothek lassen

 

Autor Markus Rein möchte mit seiner Chronik ein Zeichen setzen. Denn ihm und anderen aufmerksamen Menschen in der Stadt ist nicht verborgen geblieben, dass sich die Stadtpolitik aus ihrer Verantwortung für ihre Bibliothek schleichen möchte. Aktuell leidet die Bibliothek darunter, dass die Stellen ausscheidender Mitarbeiterinnen seit Jahren nicht wieder neu besetzt werden. Dadurch kann zukünftig der Service der Bibliothek erheblich beeinträchtigt werden. Schlechterer Service würde geringere Nutzung nach sich ziehen. Und so würden die Politiker dann einen Grund haben, noch weiter an der Bibliothek zu kürzen, um sie doch irgendwann zu schließen. Um diesem Prozess entgegen zu wirken, hat Markus Rein zusammen mit anderen aufmerksamen Menschen, die Verantwortung für Wertvolles und Erhaltenswertes in der Region übernehmen wollen, eine Vereinigung gegründet. Der Freundeskreis der Stadtbibliothek setzt sich sehr engagiert für die Stadtbibliothek und Bildungsförderung ein und sucht noch viele Verbündete. Das macht Hoffnung für eine alte Idee und neue Ideen, die von hier aus – mithilfe der Bibliothek – in die Welt getragen werden können.

 

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Written By
Redaktion

der digitalen Tageszeitung Schwerin-Lokal. Kontakt: redaktion@schwerin-lokal.de

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  • Na, die Schilderung der Wahrheit geht aber ein klein wenig an der Wahrheit vorbei. Die Bibliotheksleitung gibt selbst zu, dass der ganz überwiegende Teil der Nutzer mittlere und höhere Einkommen haben. Also Leute sind, die die Bibliothek eigentlich gar nicht brauchen. Wie beim meisten in der Kulturpolitik der Stadt findet auch hier eine Umverteilung von unten nach oben statt, in dem Kultur gefördert wird, die im Wesentlichen die Besserverdienenden nutzen.

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