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Der neue Glücksspielstaatsvertrag in MV – was bringt er?

Das Glücksspiel ist in Deutschland nicht zentral geregelt, sondern Sache der Bundesländer. Die setzen sich schon lange für eine Neuregulierung ein.

  • Veröffentlicht Februar 22, 2022

In Mecklenburg-Vorpommern war es 2021 so weit. Der Landtag stimmte Anfang März in zweiter Lesung dem neuen Glücksspielstaatsvertrag zu. Nach einer relativ kurzen Übergangsfrist trat er ab dem 1. Juli 2021 in Kraft.

Was bringt die Neuregulierung?

Der Glücksspielstaatsvertrag regelt Glücksspiele im Internet und in den klassischen Spielhallen.

Die wichtigste Neuerung: Online Casinos in Mecklenburg-Vorpommern sind jetzt legal.

Spieler können dort ihre Einsätze tätigen und mit der korrekten Auszahlungsquote rechnen. Wie vom Gesetzgeber gefordert, ist der Zugang nur ab dem vollendeten 18. Lebensjahr möglich, weil die Teilnahme am Spiel nur durch eine Altersüberprüfung erfolgen kann. Durch eine SSL Verschlüsselung der übertragenen Daten wird deren Missbrauch verhindert. Lizenzierte Online Casinos in Mecklenburg-Vorpommern werden durch unabhängige Kontrollstellen regelmäßig überprüft.

Was ist mit den Spielhallen?

Auch für diese Kategorie von Glücksspielbetrieben ergeben sich durch den neuen Staatsvertrag einschneidende Veränderungen. Die bis vor kurzem geltenden Regelungen sahen zwischen 2 Spielhallen einen Mindestabstand von 200 Metern vor. Der neue Glücksspielstaatsvertrag vergrößert diesen Abstand auf 500 Meter. Außerdem sieht er vor, dass im Umkreis von 500 Metern um eine Schule keine Spielhalle betrieben werden darf.

Was bedeutet das?

Experten schätzen, dass aufgrund des neuen Gesetzes ungefähr 60 Prozent aller Spielhallen im Bundesland schließen müssen. Das bedeutet den Verlust von mindestens 600 Arbeitsplätzen in einer Region, die ohnehin durch eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit geplagt wird. Versuche der Opposition, die Regelung abzumildern oder zumindest längere Übergangsregelungen zu vereinbaren, waren nicht von Erfolg gekrönt. Die SPD/CDU Koalition argumentierte, dass die geplanten Änderungen seit langem bekannt gewesen seien und die Betreiber 9 Jahre lang Zeit gehabt hätten, sich darauf einzustellen.

Der neue Glücksspielstaatsvertrag erntet massive Kritik

Experten vertreten die Meinung, dass die zu erwartenden Mehreinnahmen durch die Legalisierung der Online Glücksspiele in keinem Verhältnis zur stark steigenden Suchtgefahr stehen. Zur Bekämpfung derer Folgen muss weit mehr Geld ausgegeben werden, als durch das Spiel eingenommen wird. Die Besucher von Online Casinos spielen in der Regel allein. Ihr soziales Umfeld bekommt für lange Zeit nicht mit, was passiert. Betroffene verstehen es sehr gut, ihre Erkrankung vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Wenn die Spielsucht nicht mehr länger verborgen werden kann, ist sie bereits so weit fortgeschritten, dass eine Behandlung langwierig und der Erfolg ungewiss ist.

Auf scharfe Kritik stößt auch der Fakt, dass es momentan noch keine Kontrollbehörde für Online Casinos gibt. Eine derartige Einrichtung soll erst ab 2023 geschaffen werden, falls sich der Zeitpunkt nicht weiter in die Zukunft verschiebt. Zwar sind jetzt lizenzierte Online Casinos in Mecklenburg-Vorpommern offiziell zugelassen, noch gibt es aber keine Regelungen in Bezug auf Einsatzlimits oder die Sperre von Spielern, die erkennen lassen, dass sie süchtig geworden sind.

Der Branchenverband Spielhallen übte an der neuen Abstandsregelungen massive Kritik. Seine Vertreter sagten, es sei widersinnig, auf der einen Seite den Mindestabstand zwischen 2 Spielhallen mehr als zu verdoppeln, auf der anderen Seite aber das Online Glücksspiel zu legalisieren. Zudem wäre es für die Betreiber von Spielhallen nicht so leicht, einen anderen geeigneten Ort zu finden und dahin umzuziehen. Spielhallen sind nicht durch Zufall in den Innenstädten anzutreffen. Dort können sich Kunden spontan entschließen, für einen kurzen Besuch vorbeizuschauen.

Würde eine Spielhalle irgendwo auf der grünen Wiese gebaut, kämen nur noch wenige Besucher, speziell solche, die gezielt spielen wollen. Am Ende würde vielen der derzeitigen Spielhallen die Schließung drohen, weil es keine Alternativen gibt. Es wird erwartet, dass viele Automatenspieler, die normalerweise in regulären Spielhallen spielen, zu einer Online-Spielothek wechseln werden. Diese haben den Vorteil, dass Spieler bei diesen Online-Spielhallen von mehr Auswahl und faireren Auszahlungsquoten profitieren können.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Glücksspielwirtschaft dem neuen Staatsvertrag in seinen Grundzügen weitgehend zustimmte, wenn auch einzelne Punkte heftig kritisiert wurden. Besonders Lob erhielt der Fakt, dass der Bereich des Online Glücksspiels endlich reguliert wurde. Das war schon lange überfällig.

Experten für Spielsucht haben keine so gute Meinung von der Legalisierung des Online-Glücksspiels. Sie kritisieren besonders heftig, dass der Staatsvertrag zwei Jahre vor der Schaffung einer Kontrollbehörde in Kraft trat. Alles in allem stellt der Glücksspielstaatsvertrag für Mecklenburg-Vorpommern eine Kompromisslösung dar. Es bleibt abzuwarten, ob sich durch ihn die Situation der Spieler wirklich verbessert, wie es in den Zielen des Staatsvertrags ausdrücklich festgelegt ist.

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Redaktion

der digitalen Tageszeitung Schwerin-Lokal. Kontakt: redaktion@schwerin-lokal.de

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