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Im Juli fließt zeitweise kein Gas durch Nord Stream 1

Ist es schon ein erster Vorgeschmack auf das, was eigentlich keiner will? Auf das plötzliche Ende russischer Erdgaslieferungen nach Deutschland? Im Juli dreht der Betreiber von Nord Steram 1 für

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  • Veröffentlicht Juli 5, 2022
Gas und Öl kom­men unter anderem in Pipelines nach Deutsch­land. | Foto: Rob­son Macha­do

Zum Glück nur Wartungsar­beit­en stop­pen den Gas­fluss durch Nord Stream 1 im Juli. Dieser Gedanke dürfte so eini­gen durch den Kopf gegan­gen sein, als vor eini­gen Wochen eine entsprechende Nachricht die Runde machte. Aber die Diskus­sio­nen um die zukün­ftige Energiev­er­sorgung Deutsch­lands und ganz Europas laufen weit­er auf Hoch­touren. Der men­schen­ver­ach­t­ende Angriff­skrieg Rus­s­lands gegen die sou­veräne Ukraine hat die Europäis­che Union lange Zeit enger denn je zusam­men­rück­en lassen. Wenn derzeit auch mit Ungarn ein einzelnes Land punk­tuell den Auf­s­tand probte, und durch erpres­sungsähn­liche Aktio­nen Ent­ge­genkom­men seit­ens der anderen EU-Staat­en her­beizuführen ver­suchte, ist doch klar: Die Abhängigkeit von rus­sis­chen Energieliefer­un­gen soll so weit wie möglich schwinden.

 

EU ringt um einheitliche Energie-Sanktionen gegen Russland

Hinzu kom­men wiederkehrende Diskus­sio­nen darum, ob die EU auch im Energiesek­tor wirk­lich schmerzhafte Sank­tio­nen gegen Rus­s­land ver­hän­gen sollte. Durch ungarischen Druck ist ein kom­plettes Öl-Embar­go zulet­zt einem weichen Kom­pro­miss gewichen. Dem­nach kommt wohl ein Embar­go für auf dem Seeweg aus Rus­s­land importiertes Rohöl. Nicht sank­tion­iert wird vor­erst der Landweg. Damit sichert sich unter anderem Ungarn weit­er die rus­sis­che Ölver­sorgung. Deutsch­land und Polen hinge­gen kündigten bere­its an, mit Beginn des „See-Embar­gos” auch kein rus­sis­ches Öl mehr auf dem Landweg zu importieren. Damit dürfte Rus­s­land im kom­menden Jahr nur noch ein Zehn­tel der bis­lang üblichen Ölmenge nach Europa verkaufen.

 

Vermutlich sind erneut Mineralölkonzerne die Gewinner

Wie sich das Embar­go let­zten Endes auf die Energiepreise in Deutsch­land auswirkt, ist noch offen. Schon derzeit, da eigentlich eine Steuersenkung auf Ben­zin und Diesel die Sprit­preise drück­en sollte, blick­en Aut­o­fahrer täglich ver­wun­dert­er auf die Preistafeln an den Tankstellen. Bis­lang sind und bleiben die Min­er­alölkonz­erne die großen Krisen­gewin­ner. Und es ist kaum zu erwarten, dass sie sich diese Pole Posi­tion nehmen lassen. Vor allem dann nicht, wenn der Preis­druck durch das Embar­go wohl weit­er steigen dürfte. Schon jet­zt ist erkennbar, wie offen­bar macht- und hil­f­los die deutsche Poli­tik den Öl-Mul­tis zuschaut.

 

Auch Gas-Embargo immer wieder im Gespräch

Aber ein Ölem­bar­go war nicht die einzige Sank­tion­s­möglichkeit Europas im Energiesek­tor. Immer wieder kam auch ein Gas-Import-Stopp auf den Tisch. Diesen Schritt aber woll­ten die EU-Staat­en bis­lang dann doch nicht gehen. Ein Blick auf Deutsch­land lässt die Hin­ter­gründe erah­nen. Schon jet­zt sind die Gaspreise in schwindel­er­re­gende Höhen gestiegen. Die bru­tale Real­ität dürfte in vie­len Haushal­ten dabei erst 2023 oder 2024 ankom­men, wenn die Heizkostenabrech­nun­gen für das laufende Jahr den Weg in die Postkästen find­en. Dann näm­lich dro­hen mas­sive Prob­leme vielerorts. Noch höhere Gaspreise dürfte ein nicht unwesentlich­er Teil der Bevölkerung nicht mehr verkraften kön­nen. Und auch die Indus­trie warnt vor irrepara­blen Fol­gen, wenn das Gas aus­bliebe.

 

Laute Warnungen aus der deutschen Industrie – Auch Haushalte sind an der Grenze

Nicht ganz außer Acht zu lassen ist zudem die Gefahr, dass es nicht europäis­che Sank­tio­nen sein müssen, die die Energieim­porte stop­pen. Vielmehr kann auch der rus­sis­che Präsi­dent selb­st, den Gashahn für Europa zudrehen. Polen, Bul­gar­ien und auch Finn­land haben dies bere­its am eige­nen Leib erfahren müssen. Nun meinen ver­schiedene Experten, das dürfte für ganz Europa eher keine reale Gefahr sein. Wladimir Putin würde sich damit selb­st einen wichti­gen Finanzhahn schließen. Aber in den ver­gan­genen Wochen und Monat­en hat der rus­sis­che Präsi­dent wieder­holt gezeigt, dass er offen­bar ein­er sehr eige­nen Logik fol­gt – wenn es über­haupt eine solche gibt.

 

Betreiber legt Nord-Stream 1 still – Für Wartungsarbeiten

Wie das Gefühl ist, wenn plöt­zlich kein Gas mehr kommt, das kann man im kom­menden Monat an der Gaspipeline Nord Stream 1 testen. Denn der Betreiber schal­tet in diesem Monat bei­de Leitun­gen des Dop­pel­strangs für einige Tage kom­plett ab. Dann fließt kein Gas mehr durch die 1224 Kilo­me­ter lange durch die Ost­see ins Meck­len­burg-Vor­pom­mer­sche Lubb­min führende Pipeline, die die wichtig­ste Verbindung für rus­sis­ches Erdgas nach Deutsch­land ist. Ein Vorgeschmack auf später mit Ansage? Nicht ganz. Denn es han­delt sich um einen frühzeit­ig angekündigten, plan­mäßi­gen Wartungszeitraum. Der­ar­tige Stil­l­le­gun­gen fan­den auch schon in der Ver­gan­gen­heit statt. Und doch dürfte so manch­er mit Sorge auf den Wartungszeitraum, der für den 11. bis 21. Juli angekündigt ist, schauen. Denn nach­dem inzwis­chen seit mehreren Wocen schon deut­lich weniger als 50 Prozent der üblichen Gas­menge unter zumin­d­est teil­weise faden­scheini­gen Grün­den flossen, ist nicht auszuschließen, dass auch nach dem 21. Juli 22 Nord Stream 2 gas­frei bleibt.

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