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Tödliche Messerattacke in Chemnitz: Mahnwache und Gegenprotest vor dem Rathaus

Gestern Abend veranstaltete die AfD vor dem Rathaus in Schwerin eine Mahnwache für den getöteten 35-jährigen Mann in Chemnitz. Gegner sehen darin eine Instrumentalisierung und werfen der AfD vor, sie

  • Veröffentlicht August 28, 2018

Sie wollten den Opfern die letzte Ehre erweisen. So hieß es im Aufruf der Alternative für Deutschland (AfD), der gestern verbreitet wurde. Anlass für Mahnwachen vor den Rathäusern in Schwerin, Rostock, Greifswald, Stralsund, Neubrandenburg und Wismar war das Tötungsverbrechen an einem 35-jährigen Mann am vergangenen Wochenende in Chemnitz. Für die AfD ist dieses Verbrechen, wie auch die Tötungsdelikte aus der Vergangenheit, Auswüchse von Merkels offenen Grenzen. Öffentlich wollten die Teilnehmer gestern Abend ihre Anteilnahme und Trauer für den ermordeten Daniel H. aus Chemnitz zeigen.

Um 19.00 Uhr versammelten sich gut 50 Anhänger der Partei mit Kerzen und Transparenten am Schweriner Rathaus. Der AfD-Landesvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Leif-Erik Holm hatte schon im Vorfeld die Mahnwachen in Mecklenburg-Vorpommern als ein „würdiges Gedenken an einen ermordeten Familienvater“ bezeichnet. „Mahnwachen sind genau das richtige Zeichen, um unser Mitgefühl für die Opfer und deren Angehörige auszudrücken.“, so Holm.  Ohne Widerspruch blieb die Aktion allerdings nicht.

Etwa die gleiche Anzahl an Menschen versammelte sich zeitgleich zu einer Gegenkundgebung. „Wir stellen uns nicht gegen Menschen, die um Daniel H. trauern. Wir stellen uns gegen Menschen, die aus dem tragischen Tod Kapital schlagen wollen!“, sagt Marco Rauch, der die Veranstaltung angemeldet hat.  Während am vergangenen Sonntag mehrere hundert Ultrarechte, AfDler und „besorgte“ Bürger, nach einer Mahnwache der AfD durch Chemnitz zogen und auf Menschenjagd gegangen seien, wollte man das mit der Aktion am Montag in Schwerin verhindern.

Keinen Hinweis auf AfD-Beteiligung an Ausschreitungen in Chemnitz

Die Polizei in Chemnitz hat keinen Hinweis darauf, dass sich die Gewalt am vergangenen Sonntag aus einer Mahnwache der AfD heraus entlud. Gegen 15.00 Uhr hätten sich in Chemnitz rund 100 AfD-Anhänger versammelt. Laut einem Polizeisprecher hätte dieser Personenkreis ohne weitere Vorkommnisse bis gegen 16.00 Uhr den Ort wieder verlassen.

Allerdings gab es zuvor in den sozialen Netzwerken den Aufruf einer Gruppierung, die sich „Kaotic Chemnitz“ nennt und dem Spektrum rechter Fußball-Hooligans zuzuordnen ist. Gegen 16.30 Uhr hatten sich geschätzte 800 Personen auf diesen Aufruf hin im Bereich des Karl-Marx-Monumentes zusammengerottet. Noch während Vertreter der Stadt und der Polizei mit vermeintlich verantwortlichen Personen der Gruppe ein Gespräch führen wollten, setzte sich die Gruppierung unvermittelt in Bewegung. Die Personengruppe reagierte nicht auf die Ansprache durch die Polizei und zeigte keine Kooperationsbereitschaft. Die Personen liefen über die Brückenstraße auf die Theaterstraße. Dort schwenkten die Personen unvermittelt in den Innenstadtbereich ab und bewegten sich quer durch die Innenstadt. Die Szenen, die sich dann abspielten, gingen gestern durch die Presse.

Das Verhalten der Teilnehmer der Gegenveranstaltung gestern in Schwerin verärgert die AfD.  Die Partei spricht von „Pietätlosigkeit“ gegenüber den Opfern. „Während wir im stillen Gedenken dem ermordeten Daniel H., sowie den vielen anderen ermordeten Mädchen, Frauen, Jungen und Männer die letzte Ehre erwiesen, trommelten und tanzten bei der Gegendemonstration auf der anderen Seite des Platzes freudig und lautstark die LINKE sowie LINKSJUGEND.“, heißt es von der AfD-Schwerin. Durch diese Störung der Mahnwache seien die Opfer „regelrecht verhöhnt“ worden.

Das sieht Marco Rauch anders. „Die vermeintliche Mahnwache der AfD war keine Gedenkveranstaltung für den Getöteten, sondern eine Plattform für pure Hetze und Menschenhass.“, so Rauch. So hätten Teilnehmer der Mahnwache den Mittelfinger in Richtung der Gegendemonstranten ausgestreckt. „Mit Plakaten mit Zitaten eines Antisemiten wie Ernst Moritz Arndt oder ‚Migration tötet‘ zeigte die AfD ihr wahres Gesicht bei dieser Veranstaltung.“, so Rauch.

Die Polizei war während den Veranstaltungen mit Einsatzkräften vor Ort. Alles verlief friedlich.

Written By
Stefan Rochow

ist Journalist, Unternehmer und Gründer von SNO | Schwerin-Lokal. Mail: redaktion@schwerin-lokal.de

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