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Interview nach Kritik am Kandidaten zur FDP-Europaliste:
Überspitzte Formulierungen um Debatten anzustoßen

Im Interview mit Schwerin-Lokal spricht der Kritisierte über seine Sicht der Dinge und warum er glaubt mit seinen Tweeds falsch verstanden zu werden. Weiter spricht Bressel auch über eine Diffamierungskampagne

  • Veröffentlicht Januar 12, 2024

Der Kandidat zur Europaliste der FDP in Mecklenburg-Vorpommern, Paul Bressel, eckt immer wieder mit Tweets auf X (vormals Twitter) an. Auch in den eigenen Reihen ist in den letzten Wochen Kritik am Kandidaten laut geworden. Zuletzt hatte der Ehrenvorsitzende der FDP in Mecklenburg-Vorpommern öffentlich zum Schweriner Unternehmer geäußert. Vor allem islamkritische Äußerungen sorgten für Unmut bis in die Spitze des Landesverbandes.

 

Paul Bressel wurde im Dezember vom Landesparteitag zum Spitzenkandidat zur Europawahl in Mecklenburg-Vorpommern gewählt. | Foto: privat

 

Im Interview mit Schwerin-Lokal spricht der Kritisierte über seine Sicht der Dinge und warum er glaubt mit seinen Tweets falsch verstanden zu werden. Weiter spricht Bressel auch über eine Diffamierungskampagne die, aus seiner Sicht, in den letzten Wochen gegen ihn initiiert wurde.

Herr Bressel, turbulente Zeiten, seitdem Sie von Ihrer Partei als Kandidat des Landesverbandes für die Europawahl nominiert wurden. Gerade erst schrieb die SVZ, der Landesverband würde Sie nicht für die bundesweite Europaliste nominieren. Haben Sie Schiffbruch erlitten?

Selbstverständlich gibt es innerhalb des Landesverbandes einige kritische Stimmen, deren Anliegen ich auch ernsthaft berücksichtige. Dennoch ist die Meinungsvielfalt innerhalb der
FDP grundsätzlich sehr ausgeprägt. Trotzdem erfahre ich nach wie vor eine breite Unterstützung sowohl innerhalb als auch außerhalb des Landesverbandes. Wie wir an dem Ergebnis der Mitgliederbefragung gesehen haben, gibt es gänzlich unterschiedliche Haltungen auch in Bezug auf die aktuelle Ampelpolitik – und das ist auch gut so!

Kritik gibt es aber schon an Ihrer Person in den eigenen Reihen. Der Ehrenvorsitzende der FDP Mecklenburg-Vorpommern, Hans Kreher, hat Ihnen eine „undifferenzierte Haltung“ zum Islam vorgeworfen und gefordert, die Landespartei sollte sie nicht für die Europaliste nominieren. Können Sie solche Forderungen nachvollziehen?

Zum Glück ist es nicht möglich die Meinungen einzelner Personen umzusetzen, da wir auch innerparteilich mit demokratischen Prozessen abstimmen. Somit kann ich die Forderung als Kritik aufnehmen – mehr aber auch nicht.

„Der Islam unterwandert langsam, aber sicher unsere freie und liberale Gesellschaft“, „Der Islam gehört nicht zu Deutschland.“ und „Der Islam stellt eine große Gefahr für die freie Welt dar“ – Das sind nur einige der von Ihnen öffentlich getätigten Äußerungen. Warum schießen Sie sich so auf eine Religion ein?

Die heutige Warnung vom Präsidenten des Verfassungsschutzes, der eine ernsthafte Bedrohung für unsere Demokratie in Deutschland sieht, finde ich äußerst besorgniserregend und teile diese Einschätzung. Insbesondere im politischen Islam, der einen bedeutenden Bestandteil des Islams darstellt, erkenne ich eine erhebliche Gefahr für unsere freiheitlich- demokratische Grundordnung. Die aktuellen Pro-Palästina-Demonstrationen verdeutlichen, welch dynamische Entwicklung im Bereich des Antisemitismus innerhalb des radikalen Islams stattfindet. Auch die Straftaten in Bezug auf Antisemitismus von religiösen Gruppen haben stark zugenommen. Es sind beängstigende Entwicklungen denen wir uns schnellstmöglich stellen müssen!

Sie sprechen aber immer wieder vom Islam und nicht vom politischen Islam. Muss man hier nicht tatsächlich etwas differenzieren?

Ich beziehe mich grundsätzlich auf den Islam als Institution oder den politischen Islam. Natürlich ist es entscheidend, eine klare Unterscheidung zwischen der rein spirituellen Religion und dem radikalen Islam zu treffen. Leider beobachten wir in Europa eine zunehmende Radikalisierung des Islams. In den vergangenen Jahren haben wir zugelassen, dass beispielsweise Moscheen gebaut wurden, die aus dem Ausland finanziert wurden, wobei die Geldgeber Länder waren, die keine spirituelle Auslegung des Islams predigen, sondern eher eine radikale Auffassung vertreten. An dieser Stelle ist es von großer Bedeutung, dass der Rechtsstaat genau hinblickt und handelt.

Halten Sie jeden Moslem für eine potentielle Gefahr für die Freiheitlich Demokratische Grundordnung? Das genau könnte man aus Ihren Tweeds herauslesen?

Nein, das lässt sich aus meinen Äußerungen auch nicht ableiten. Wie bereits erwähnt, beziehe ich mich stets auf den Islam als Institution oder direkt auf den politischen Islam. Als selbst praktizierender Katholik und vehementer Verfechter der Religionsfreiheit hege ich persönlich keinerlei Bedenken gegenüber Menschen, die ihre Religion auf rein spirituelle Weise leben.

Auch Mitgliedern und Sympathisanten Ihrer Partei scheint es zu viel zu werden. Den Landesverband erreichten in den letzten Wochen E-Mails, wo genau Ihre Positionierung kritisiert wird. Diese Menschen, so mehrmals die Aussagen, werden zur Europawahl die FDP nicht mehr wählen. Das kann doch nicht Ihr Ziel sein?

Richtig, in den vergangenen Wochen erhielten verschiedene Mitglieder des Landesvorstandes und des Landesverbandes scheinbar von FDP-Mitgliedern stammende E-Mails. Diese enthielten kritische Aussagen meiner Person im Zusammenhang mit meiner Islamkritik. Bei genauerer Prüfung stellte sich heraus, dass keiner der Absender tatsächlich Mitglied der Freien Demokraten ist. Es besteht der Verdacht, dass es sich hierbei um eine gezielte Diffamierungskampagne aus dem Umfeld der islamistischen oder linksextremen Szene handelt. Daher sind es keine ernstzunehmenden Emails.

Das Feedback von den Menschen aus meinem Wahlkreis ist bis jetzt sehr positiv. Mit meiner Öffentlichkeitsarbeit gelingt es mir, zahlreiche Menschen davon zu überzeugen, dass ihre Probleme und Sorgen auch in meinen politischen Bemühungen reflektiert werden. Ich betrachte es als meine fortwährende Aufgabe, Politik im Interesse der Menschen zu gestalten und nicht ausschließlich im Sinne von Parteikollegen mit unterschiedlichen Ansichten zu bestimmten Themen.

Wie sicher können Sie sich noch des Rückhalts in der eigenen Partei sein? Ihr Generalsekretär, David Wulff, wirft Ihnen öffentlich in einigen Teilen eine „arg überzogene“ Wortwahl vor. Das klingt danach, als würde die Parteispitze zu Ihnen auf Distanz gehen?

Natürlich repräsentiert meine persönliche Meinung nicht zwangsläufig die Ansichten des gesamten Landesverbandes. Das wäre auch skurril, da wir weiterhin eigenständige Individuen mit unterschiedlichen Meinungen und Überzeugungen sind. Meine Tweets auf X sind gelegentlich auch leicht überzogen. Das möchte ich nicht abstreiten, dennoch ist es manchmal auch notwendig, überspitzte Formulierungen zu verwenden, um bestimmte Debatten anzuregen. In diesem Aspekt sehe ich auch einen Teil meiner Verantwortung.

Sind Sie sich sicher im Juni auf der bundesweiten Europaliste der FDP zu stehen?

Am 28.01.2024 findet der Europaparteitag der Freien Demokraten statt, bei dem die Kandidaten für die Bundesliste gewählt werden. Ich habe mich dazu entschieden, meine Bereitschaft zur Kandidatur für einen Platz auf den vorderen sechs Plätzen offen zu halten.

Vielen Dank für das Gespräch!

Paul Bressel ist Unternehmer und Immobilieninvestor. Bis Dezember gehörte er zur Regionalleitung Schwerin des Unternehmerverbandes Norddeutschland Mecklenburg-Schwerin. Anfang November wählte ihn der Wahlparteitag der FDP zum Kandidaten für die Europa-Wahl im Juni 2024 in Mecklenburg-Vorpommern. In seiner Partei ist Bressel für eine klare Positionierung bekannt. So schrieb er beispielsweise nach seiner Nominierung auf X (vormals Twitter): „Ich ermutige auch meine Mitstreiter, unbeirrt für ihre Überzeugungen einzustehen, selbst inmitten des linken und sozialliberalen Zeitgeistes innerhalb der FDP.“

Written By
Stefan Rochow

ist Journalist, Unternehmer und Gründer von SNO | Schwerin-Lokal. Mail: redaktion@schwerin-lokal.de

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