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Politik braucht Jugend

Nur noch wenige Tage: Dann heißt es am kommenden Sonntag auch für die Schwerinerinnen und Schweriner, ihre neue Stadtvertretung zu wählen. Insgesamt 44 Sitze hat das Stadtparlament zu vergeben. Quer

  • Veröffentlicht Mai 22, 2019
Annika Kuchmetzki möchte am kommenden Sonntag in die Schweriner Stadtvertretung einziehen
Foto: privat

Einer dieser jungen Kandidaten ist die Studentin Annika Kuchmetzki. Die 22-jährige bewirbt sich für die SPD um einen Sitz in der Stadtvertretung. Wir haben uns mit ihr darüber unterhalten, was sie in den nächsten fünf Jahren erreichen möchte und wie sie die letzten Wahlkampfwochen erlebt hat.

Schwerin-Lokal: Mit 22 Jahren gehören Sie zu den jüngsten Kandidaten für die Stadtvertretung. Warum haben Sie sich entschlossen zu kandidieren?

Annika Kuchmetzki: Politik braucht junge Menschen – junge Menschen brauchen Politik. Dieser Überzeugung bin ich und habe mich daher entschieden mit 22 Jahren zu kandidieren. Mir ist es wichtig, dass die Themen der jungen Menschen in Schwerin in der Stadtvertretung Gehör finden. Die Stadtvertretung sollte den Querschnitt der Schwerinerinnen und Schwerin abbilden – wir gehören dazu.

Schwerin-Lokal: Was ist Ihnen an Schwerin wichtig?

Annika Kuchmetzki: Mir ist es wichtig, dass Schwerin, unsere „Lebenshauptstadt“, genau das ist und als solche wahrgenommen wird – eine Stadt, in der wir gerne zuhause sind, ob jung oder alt und für die es sich auch lohnt zu bleiben oder zurück zu kommen. Denn Schwerin zeichnet sich durch hohe Lebensqualität aus – dennoch gibt es Baustellen, an denen wir arbeiten müssen.

Schwerin-Lokal: Welche Themen meinen Sie konkret?

Annika Kuchmetzki: Für mich sind die Bereiche Bildung, Wohnen und Nachhaltigkeit zentral. Um vor allem jungen Menschen langfristig eine Perspektive bieten zu können, sollte Schwerin als Berufs- und Hochschulstandort gestärkt und gefördert werden.

Auch ein bezahlbarer Wohnraum ist mir wichtig. Um der zunehmenden sozialen Spaltung in der Stadt sowie Explosion der Mieten entgegen zu wirken, müssen Konzepte für den sozialen Wohnungsbau entwickelt werden. Die SPD Schwerin setzt sich dafür ein, dass städtische Grundstücke, die bebaut werden können, künftig weitestgehend für den Bau von bezahlbaren, alten- und behindertengerechten Wohnungen genutzt werden.

Um als „Lebenshauptstadt“ unseren Beitrag für das Klima und die Umwelt zu leisten, müssen wir die vielfältige Natur in und um Schwerin erhalten und schützen. Hierfür sollen künftig verstärkt erneuerbare Energien genutzt und der Energieverbrauch gesenkt werden. Dazu gehört auch ein attraktiver öffentlicher Nahverkehr sowie ein sicheres Radwegekonzept.

 

Unsere Stadt braucht Perspektiven

 

Schwerin-Lokal: Sie treten zum ersten Mal an. Wie kommt es, dass sie auf der Liste der SPD gelandet sind? Hat Sie das Parteiprogramm überzeugt oder die Leute vor Ort?

Annika Kuchmetzki: Auf der Liste der SPD habe ich mich nicht „verirrt“ – seit 2015 in der Partei aktiv sowie gewerkschaftlich organisiert, möchte ich nun als jüngste Kandidatin für die Schwerinerinnen und Schweriner kandidieren. Nicht nur ein SPD-geprägtes Elternhaus, sondern vor allem die grundlegenden Werte der SPD, Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität, sind mein Antrieb.

Schwerin-Lokal: Wenn Sie in die Stadtvertretung gewählt werden sollten, was werden Ihre Hauptthemen sein?

Annika Kuchmetzki: Perspektiven schaffen. Dazu gehört für mich der weitere Ausbau und die Förderung der Berufsschulen sowie die Etablierung eines öffentlich rechtlichen Hochschulstandortes. Ich möchte, dass diejenigen, die ihre Zukunft in Schwerin verbringen möchten, die Möglichkeit dazu bekommen. Nicht nur Unternehmen in der Region profitieren von jungen und qualifizierten Fachkräften – sondern die ganze Stadt! Die Bereiche der Bildung, Kultur und Wirtschaft werden gefördert und Schwerin als eine moderne, offene und attraktive Stadt mit hoher Lebensqualität für Jung und Alt wahrgenommen. Das ist mir wichtig.

Dazu gehört auch ein bezahlbarer Wohnraum. Um der zunehmenden sozialen Spaltung in der Stadt sowie einer Explosion der Mieten entgegen zu wirken, müssen Konzepte für den sozialen Wohnungsbau entwickelt werden. Die SPD Schwerin setzt sich dafür ein, dass städtische Grundstücke, die bebaut werden können, künftig weitestgehend für den Bau von bezahlbaren, alten- und behindertengerechten Wohnungen genutzt werden.

Schwerin-Lokal: Wie wollen Sie diese angehen?

Annika Kuchmetzki: Gerade die Themen Bildung und sozialer Wohnungsbau sind jene, welche Zeit brauchen. Zeit zur Entwicklung, Diskussion und Umsetzung von Konzepten. Zusammen mit der Fraktion möchte ich diese Themen in Form von Initiativen in die Stadtvertretung einbringen, mit den Bürgerinnen und Bürgern in den Austausch treten und schließlich Lösungen zur Umsetzung finden.

Schwerin-Lokal: Wie viel Zeit würden Sie für die Arbeit in der Stadtvertretung aufbringen können?

Annika Kuchmetzki: Die Stadtvertretung stellt ein Ehrenamt dar, welches viel Zeit in Anspruch nehmen kann. Dadurch, dass ich momentan in der
Endphase meines Studiums bin und parallel arbeite, so wie der Großteil der Stadtvertreterinnen und Stadtvertreter, werde ich mir bewusst Zeit nehmen müssen für die Arbeit in den Ausschüssen, Termine etc. Doch das tue ich gern. Wie viele Stunden die Arbeit in der Fraktion es letztendlich sein werden, kann ich heute noch nicht sagen.

 

Die sozialen Medien sind Fluch und Segen gleichermaßen

 

Schwerin-Lokal: Dass es Ihnen offensichtlich Ernst mit Ihrer Kandidatur ist, das merkt man an Ihrer Präsenz im Wahlkampf. Vor Monaten waren Sie vielen Menschen doch weitgehend unbekannt. Sehr früh haben Sie beim Aufbau Ihrer Bekanntheit auf die sozialen Netzwerke gesetzt. Warum?

Annika Kuchmetzki: Mit Kreativität, etwas Geschick und wenig oder gar keinem Budget, lassen sich hohe Reichweiten erzielen, also viele User*innen erreichen. Für meinen Wahlkampf ist das entscheidend, da ich insbesondere bei Facebook und Instagram die jüngere Generation erreichen und im besten Falle abholen möchte. Daher habe ich von Anfang an bewusst auf diese Medien gesetzt und einen 100-Tage-Countdown bis zum Tag der Wahl gestartet. Auf diese Weise nehme ich die Schwerinerinnen und Schweriner mit durch den Wahlkampf. Sie haben nicht nur die Möglichkeit, Eindrücke zu meinen Themen und Engagement zu bekommen, sondern gleichzeitig mit mir zu interagieren.

Schwerin-Lokal: Welche Erfahrungen haben Sie mit einem Online-Wahlkampf gemacht?

Annika Kuchmetzki: Die sozialen Medien sind Fluch und Segen gleichermaßen. Auf der einen Seite erreiche ich viele Menschen, die ich im „Offline-Wahlkampf“ nicht erreichen würde. Durch meine täglichen Updates können die Schwerinerinnen und Schweriner meinen Wahlkampf verfolgen und mit mir kommunizieren. Viele nehmen die Möglichkeit des kurzen Weges über die Messenger-Funktionen wahr, um Fragen zu stellen oder mir Feedback zu geben. Ich freue mich über die vielen netten und teilweise lustigen Nachrichten, die mich mittlerweile beinahe täglich erreichen. Auf der anderen Seite bieten meine Profile eine große Angriffsfläche für Hate-Speech und sogenannte Trolle. Die Anonymität im Netz lässt die Hemmungen fallen. So kommt es nicht selten vor, dass meine Mitstreiter*innen und ich öffentlich beleidigt, angefeindet und diskreditiert werden.

Schwerin-Lokal:  Sie sind allerdings auch in den Fokus von Kritikern gerückt. Sie haben sich via Social Media mit den Schülerinnen und Schülern von Fridays for Future solidarisiert. Wenig später wurden Sie mit dem Vorwurf konfrontiert, dass sie in kürzester Zeit zwei Flugreisen gemacht hätten. Kritiker sprachen ihnen die Ernsthaftigkeit Ihres Anliegens Klimaschutz ab. Wie reagieren Sie darauf ? 

Annika Kuchmetzki: Die Kritik ist durchaus berechtigt, gerade bei extrem günstigen Flugangeboten. Jedoch schließt die Unterstützung der F4F-Bewegung jegliche Nutzung z. B. von Flugzeugen nicht aus. Wichtig ist hier die Verhältnismäßigkeit. In meinem Alltag schütze ich Klima und Umwelt durch den bewussten Verzicht auf überflüssige (Plastik-)Verpackungen beim Einkauf, Nutzung von Rad und ÖPNV, Verzicht auf ein eigenes Auto (Car-Sharing wenn nötig) sowie bewusst niedrigen Fleischkonsum. Auch der Kauf von regionalen Produkten aus nachhaltig ökologischem Anbau, beispielsweise auf dem Wochenmarkt im Klöresgang, sind mir wichtig.

 

Die Frage des Engagements ist keine des Alters

 

Schwerin-Lokal: War es für Sie ungewohnt, dass Ihr Leben plötzlich anders beobachtet wird als vor Ihrer Kandidatur?

Annika Kuchmetzki: Auf jeden Fall. Gerade über die sozialen Medien wird jeder Schritt und Tritt beobachtet und kommentiert. Viele kommen jedoch auch auf Grund meiner zahlreichen Plakate auf mich zu, fragen nach Selfies oder sogar Autogrammen oder laden mich zu ihren Partys ein. Der erste Satz ist dann häufig „Bist du die von den Plakaten?“ oder auch „Dich habe ich bei Instagram gesehen!“. Daran merke ich, dass ich gewissermaßen eine Person des öffentlichen Lebens bin.

Schwerin-Lokal: Was sind Ihre positivsten Erfahrungen im laufenden Wahlkampf gewesen?

Annika Kuchmetzki: Am meisten freue ich mich über das vielfältige positive Feedback zu meiner Kandidatur aus unterschiedlichsten Richtungen. Ob in der Partei selbst, von Freunden, Familie, Kolleginnen und Kollegen oder Bekannten – all diese Leute machen mir Mut und bestätigen mich darin, dass es gut und wichtiger denn je ist, sich politisch zu engagieren, auch mit 22. Die Frage des Engagements ist keine des Alters, Geschlechts, der Herkunft oder Religion – wir müssen uns gemeinsam dafür einsetzen, unsere Demokratie und unsere Werte zu schützen.

Ich freue mich, dass ich viele Mitstreiterinnen und Mitstreiter habe. Meine schönsten Erfahrungen habe ich jedoch mit meinen kleinsten und jüngsten Fans, den Kindern, gesammelt. Der Moment, wenn sie mit  großen Augen und offenem Mund vor einem stehen und mich fragen, ob ich wirklich die Annika von den Plakaten sei, ist unbezahlbar. Dann gibt es Umarmungen, Fotos mit Mama und Papa oder Einladungen zum Kindergeburtstag im Garten.

Schwerin-Lokal: Sollte es am 26. Mai mit der Wahl in die Stadtvertretung nicht klappen, engagieren Sie sich dann weiter in der SPD?

In jedem Fall werde ich auch nach der Wahl, falls ich nicht gewählt werden sollte, mich weiterhin für die Interessen der Schwerinerinnen und Schweriner einsetzen und mich in der SPD sowie gewerkschaftlich engagieren. Die Partei macht es uns zwar nicht immer leicht, aber trotzdem bleiben wir dabei – aus Überzeugung.

Written By
Stefan Rochow

ist Journalist, Unternehmer und Gründer von SNO | Schwerin-Lokal. Mail: redaktion@schwerin-lokal.de

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