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Schwerin: Avola, avola und die Quadratur des Kreises – vom Lichterspiel und der menschlichen Neugier

Seit 1995 hatte der Künstlerbund Mecklenburg und Vorpommern e.V. seinen Sitz im Schleswig-Holstein Haus in der Schweriner Puschkinstrasse. Im Sommer letzten Jahres bezog die Künstlervereinigung die neuen Räume der Geschäftsstelle

  • Veröffentlicht April 9, 2021
Susanne Gabler, Kuratorin der Reihe „Echo-Kunst im Widerhall“ | Foto: schwerin-lokal / Peter Scherrer

Seit 1995 hatte der Künstlerbund Mecklenburg und Vorpommern e.V. seinen Sitz im Schleswig-Holstein Haus in der Schweriner Puschkinstrasse. Im Sommer letzten Jahres bezog die Künstlervereinigung die neuen Räume der Geschäftsstelle am Platz der Jugend, in der Goethestrasse 15. Im eigens geschaffenen „KUNSTraum“ stellen die Mitglieder der Vereinigung der Kunstschaffenden nun ihre Arbeiten der Öffentlichkeit vor.

Hängende Objekte und transparente Strukturen

Begonnen wurde im vergangenen Monat mit der ersten Ausstellung der Reihe „Echo- Kunst im Widerhall“. Gemeinsam nutzen die Künstlerinnen Meixner und Albrecht den Raum für Arbeiten die mit Transparenzen und Formen spielen. Auf Albrechts Arbeit, drei hängende Objekte mit dem Titel Transparente Strukturen, lässt sich eindrucksvoll der Moiré-Effekt wahrnehmen, der sich in den Abendstunden auch auf der Wand als Schattenwurf widergespiegelt. Ihr Objekt Die Quadratur des Kreises zieht die Blicke an und provoziert die Frage, ob eine Quadratur des Kreises doch möglich sei. Meixners Arbeit Avola, avola! besteht aus federleichten Objekten aus Papier. Zusammen arrangiert bilden sie eine raumgreifende Installation. Die Größe der Installation bietet viel Oberfläche für das farbige Licht, welches die Arbeit illuminiert und das von dem Weiß des Papiers gleichermaßen aufgenommen wie auch reflektiert wird.

Susanne Gabler, die Kuratorin der Ausstellung hat das Konzept der Reihe „Echo – Kunst im Widerhall“ in der gemeinsamen Exposition konsequent umgesetzt. Sehr bewusst hat sie mit Lichteffekten gearbeitet. „Richtig wirkungsvoll ist die Lichtgestaltung natürlich in den Abendstunden“ lädt die für das Arrangement verantwortliche Künstlerin zum späten bzw. nächtlichen Besuch der Schaufenster ein. Unterstützt wurde sie bei ihrer Arbeit durch den Fachbereich Lighting Design der Hochschule Wismar, der die Leuchten zur Verfügung stellte.

 

Annekathrin Siems, Projektleiterin Künstlerbund MV | Foto: schwerin-lokal / Peter Scherrer

Die nächsten Ausstellungen, konkrete Pläne und auch digitale Ideen

Wenn gegenwärtig noch unter den Bedingungen der Corona Einschränkungen ausgestellt werden müsse, so können sich die Projektverantwortlichen auch zukünftig digitale Vernissagen und digitale Übertragungen vorstellen. Die nächste Ausstellung ist für den 17. April geplant. Natürlich hoffen die Kuratorin Susanne Gabler und Annekathrin Siems drauf, dass die Ausstellung dann begehbar sein wird. Das lebendige Publikum ist natürlich durch nichts zu ersetzen, so die Kunstschaffenden.

 

Mehr Infos zur Ausstellung im Gespräch mit Anke Meixner und Susanne Gabler und

zur weiteren Arbeit des Künstlerbund MV mit Annekathrin Siems hier im Video:

Die Künstlerin Stine Albrecht im Interview mit Schwerin-Lokal Redakteur Peter Scherrer

Schwerin-Lokal (S-L): Der Blick durchs Schaufenster zeigt eine Ausstellung, in der Sie sich bedingt durch die gemeinsame Nutzung des KUNSTraums auf einander beziehen mussten. Wie hat der Raum ihre Werke beeinflusst?

Stine Albrecht (S.A.): In dem Raum zeige ich 3 Objekte aus graugrünem Pressspan die im Raum hängen und ein gelbes Wandrelief aus Plexiglas. Die 3 hängenden Objekte mit dem Titel „Transparente Strukturen“ sind aus einer Reihe von 9 Objekten, die für eine optimale Wirkung auch viel Platz brauchen. Um den Ausstellungsraum nicht zu überladen, habe ich eine kleine Gruppe ausgewählt.

S-L: Wenn ja, welchen Einfluss hatten die „Corona-Beschränkungen“ auf Ihre Werke?

S.A.: Keine, die Werke sind teilweise älter und auch unabhängig von „Corona-Beschränkungen“ entstanden.

S-L: Wie gestaltet sich jetzt – im Lockdown heute – die Zusammenarbeit von Künstlern?

S.A.: Es gibt keine zufälligen Begegnungen bei Veranstaltungen die zum spontanen Gedankenaustausch führen, doch das Bedürfnis ist da – nicht nur bei Künstlern. Ich hatte in letzter Zeit intensive Telefonate mit befreundeten Künstlern, in denen wir angeregt über Entwürfe und Arbeiten sprachen. Am Ende mussten wir alle feststellen, wie gut uns das tat und wie sehr sich der Mangel an Austausch aufgebaut hatte. Bezüglich der Arbeiten lässt sich sagen, dass wieder verstärkt Außenarbeiten gezeigt und umgesetzt werden.

S-L: Auch Kunst ist Wahrnehmung durch Kommunikation. Kommunikationsformen haben sich deutlich verändert. Wie verändert sich dadurch Kunst – auch Ihre Arbeit?

S.A.: Unsere Kommunikationsformen sind durch die voranschreitende Technik digitaler und schneller geworden und werden auch in der Kunst erforscht. Das können komplett digitale und künstliche Virtual-Reality Welten sein, oder Wechselspiele zwischen digitalen und analogen Gestaltungs- und Arbeitsmitteln. Für meine Arbeiten, die immer noch gegenständlicher Natur sind, nutze ich Computertechnik – wie das Laserschneiden. Bei den Objekten „Transparente Strukturen“, spiele ich mit der Möglichkeit der seriellen und computergesteuerten Herstellungsweise und erkläre dieses zu meinem Gestaltungsprinzip.

S-L: Geschlossene Galerien schaffen Distanz (das Fenster sorgt für das Draußensein der Betrachter) – digitale Medien schaffen digitale Nähe. Wie kann man diese Form der Annäherung künstlerisch nutzen?

S.A.: Es gibt komplett digitale Kunstformen, wie z.B. Video- und Radiokunst, oder die schon erwähnten VR – Anwendungen, die mit der „digitalen Nähe“ zum Betrachter arbeiten. Meine Arbeitsweise ist das nicht, ich brauche die Arbeit mit Materialien. Die zunehmende Digitalisierung bestärkt mich noch in dem Verlangen mit meinen Händen und gegenständlich zu arbeiten.

S-L: Hier ein Zitat von Ihnen: „…Der Mensch selbst wird zu einem funktionellen Element in diesem System“. Ja, aber (!) ein Mensch kann handeln. Der Mensch ist so lange er lebt „handelndes Subjekt“. Ist er nicht für alles, was geschieht, verantwortlich und schafft Transparenz nicht nur lediglich die Sichtbarkeit seines Handelns?

S.A.: Ja, genau. In dem Zitat sage ich, dass sämtliche Handlungen des Menschen transparent werden und damit zunehmend berechen-, steuer- und kontrollierbar. Nicht für alle Handlungen sehe ich das als wünschenswert an.

S-L: Welche Projekte haben Sie geplant?

S.A.: Es gibt einen Kunst am Bau Wettbewerb für das BKA in Berlin, bei dem ich eine Runde weiter bin und an einem Entwurf arbeite. Dann bin ich noch in der Planung eines Kataloges, der im November erscheinen wird, für den Frau Dr. Erbentraut (Schloss Güstrow) mich für die Reihe „Signifikante Signaturen“ der Ostdeutschen Sparkassenstiftung vorgeschlagen hat.

S-L: Gibt es Pläne für Ausstellungen?

S.A.: Im Sommer wird es eine Ausstellung in Lauterbach auf Rügen im flz SPACE geben, bei der ich neue und ortsbezogene Arbeiten zeigen werde. Ende Mai steht die Kunstschau des Künstlerverbandes MV in Neustrelitz an, die Juryentscheidung steht da noch aus.

S-L: Werden Sie sich neuen Themen widmen?

S.A.: Klar! Mein momentaner Arbeitstitel lautet „Orientierungszeichen“. Ich arbeite an Entwürfen für eine Reihe von Holzskulpturen und Reliefs.

 

Ausführliche Infos zu den Künstlerinnen unter:

Anke Meixner | Testorf bei Zarrentin | www.anke-meixner.de

Stine Albrecht | Poseritz, Rügen | www.stine-albrecht.com

Mehr Informationen zu den Plänen und Vorhaben des Künstlerbund MV unter https://www.kuenstlerbund-mv.org

Written By
Peter Scherrer

geb. 1959, gelernter Metallfacharbeiter und grad. Historiker, arbeitete für Gewerkschaften und politische Stiftungen in Europa u.a. 2015-2019 als stellvertretender Generalsekretär beim Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB), in Brüssel. Schwerpunkte: Industrie- und Sozialpolitik sowie Lokalgeschichte und Kulturelles. Wohnt seit 2017 in Schwerin.

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