Do, 16. Mai 2024
Close

Schwerin: Besetzte Wohnungen im Mueßer Holz dienen als Drogenumschlagplatz

Hat die Landeshauptstadt Schwerin ein echtes Drogenproblem? Schilderungen der Polizei im Ortsbeirat Mueßer Holz und im im Ausschuss für Umwelt, Gefahrenabwehr und Ordnung lassen diesen Schluss durchaus zu. Bekannt zu

  • Veröffentlicht April 22, 2021
In Plattenbauten wie diesem gehen in Schwerin, im Mueßer Holz, regelmäßig Drogendeals über die Bühne. | Foto: privat

Hat die Landeshauptstadt Schwerin ein echtes Drogenproblem? Schilderungen der Polizei im Ortsbeirat Mueßer Holz und im im Ausschuss für Umwelt, Gefahrenabwehr und Ordnung lassen diesen Schluss durchaus zu. Bekannt zu sein scheint die Situation schon länger. Darüber, ob nachhaltig etwas gegen dieses offenbare Kriminalitätsproblem unternommen wird, gehen die Meinungen auseinander. Denn noch scheint die Situation sich nicht geändert zu haben. Und während aus den Reihen der Stadtvertretung Fragen in Richtung Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier zu dieser Problematik gestellt wurden, weist dieser jede Zuständigkeit von sich.

 

Durch Drogendealer besetzte Wohnungen im Mueßer Holz

Worum geht es konkret? Im Stadtteil Mueßer Holz ist es bereits seit Längerem im Bereich unbewohnter Wohnungen bzw. Wohnblöcke wiederholt zu fragwürdigen Bewegungen gekommen. Dabei sollen sich, so unserer Redaktion vorliegende Informationen, verschiedene Personen wiederholt unberechtigt Zutritt zu Gebäuden und leerstehenden Wohneinheiten verschafft, die Schlösser ausgetauscht und diese somit „besetzt“ haben. Die Wohnungen werden allerdings nicht – wie bei Besetzungen aus Berlin oder Hamburg bekannt – im Kampf gegen Mietwucher oder zum Ausleben anarchiegetriebener Lebensweisen genutzt. Sie dienen einzig und allein als Umschlagplatz für harte Drogen. Wer sich, so uns vorliegende Informationen, im Umfeld der konkreten Wohnblöcke länger aufhält und die Situation beobachtet, kann auch entsprechenden Publikumsverkehr in den offiziell unbewohnten Gebäudebereichen feststellen. Darunter auch zahlreiche junge Personen mit erkennbarer Drogenhistorie – abgemagert, ungepflegt, süchtig, krank. 

 

Polizeipräsidium Rostock bestätigt Kenntnis von der Situation

Auch das Polizeipräsidium Rostock bestätigt auf Anfrage unserer Redaktion zumindest eine Kenntnis der Lage seit November 2020. „Erstmals bekannt wurde die beschriebene Situation im November 2020. Der Hauseigentümer informierte die Polizei über eine vertragslose Nutzung des Wohneigentum“. Soweit, so gut. Nun allerdings bekommt die ganze Sachlage noch eine besonders sensible Problematik hinzu. Denn bei den „Hausbesetzern“ und Dealern soll es sich um Bewohner der Erstaufnahmeeinrichtung in Stern-Buchholz am Stadtrand von Schwerin handeln. Und an dieser Stelle bekommt die Situation auch eine politische Dimension. Denn, auch dies kam im Ortsbeirat offenbar zur Sprache, wächst in den Reihen der Polizei der Unmut darüber, dass letztlich nichts geschieht. Es käme dann und wann zu Einsätzen vor Ort.

 

Dealer und „Besetzer“ kommen offenbar aus Erstaufnahmeeinrichtung

Letztlich aber haben die Beamten wenig Handlungsspielräume, und nach Personalienfeststellungen, Platzverweisen oder auch mal befristeten Mitnahmen zum revier sind die Täter wieder auf freiem Fuß – verschaffen sich Zugang zu anderen Wohnungen vor Ort, und das Dealen geht weiter. „Die Aussage, dass die Polizei nicht entsprechend durchgreift, ist falsch. Bei Kenntnis über Rechtsverstöße schreitet die Polizei M-V konsequent auf Grundlage der gültigen Rechtsvorschriften ein. Vorfälle im Schweriner Stadtteil Mueßer Holz bilden dabei keine Ausnahme“, so die Einschätzung von Sophie Pawelke, Sprecherin des Polizeipräsidiums Rostock. 

 

Polizei spricht offiziell von fünf Einsätzen in sechs Monaten

Sie weist auch im Raum schwebende Vorwürfe, die Polizei würde wegsehen (müssen), zurück. „So fanden seit November 2020 bisher fünf polizeiliche Einsätze im Stadtteil Mueßer Holz statt, bei denen mehrere Wohnungen kontrolliert wurden. In einigen dieser Wohnungen wurden Personen angetroffen. In Einzelfällen konnten auch Erkenntnisse zu Verstößen gegen das Betäubungsmittelrecht erlangt werden. Bei festgestellten Rechtsverstößen wurden entsprechende Anzeigen aufgenommen, die durch die zuständigen Stellen bearbeitet werden“. Das allerdings klingt doch deutlich harmloser als sich die Situation vor Ort offenbar darstellt. So berichtet Petra Federau, AfD-Fraktionschefin in Schwerin, aus der Sitzung des zuständigen Ausschusses: Dort bestätigte der „Vertreter der Polizei, dass die illegal besetzten Wohnungen als Drogenumschlagsplatz dienen. Die bisher aufgedeckten Straftaten wurden in erster Linie durch Asylbewerber aus der Erstaufnahmeeinrichtung in Stern Buchholz verübt, die ihre Drogen vor allem an Jugendliche verkaufen, wodurch hier eine besonders schützenswerte Gruppe involviert ist.“

 

Offenbar wiederholt Asylbewerber als Tatverdächtige festgestellt

Dr. Rico Badenschier; Oberbürgermeister Schwerin. | Foto: Timm Allrich

Vor diesem Informations-Hintergrund also lediglich fünf Einsätze in sechs Monaten bei einer offensichtlich stetig andauernden, beziehungsweise schnell wiederkehrenden Situation im Mueßer Holz? Wird eventuell doch – weshalb auch immer – auf höhere Weisung hin nicht so genau hingeschaut? Dass das Innenministerium einer Frage unserer Redaktion, hinsichtlich möglicher politischer Erwägungen eines nicht abschließend konsequenten Ein- und Durchgreifens ausweicht, indem es die gesamten Fragen direkt an das Polizeipräsidium Rostock weiterleitete, enthärtet zumindest entsprechende Thesen nicht wirklich. Und auch das – vorsichtig ausgedrückt – sehr verhaltene Reagieren von Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier, indem er die Zuständigkeit von sich weist, ansonsten aber schweigt, lässt weiter zu viel Spielraum für Spekulationen und zu viel Angriffsfläche. 

 

Oberbürgermeister weist bislang lediglich Zuständigkeit von sich

Fläche, die nun die AfD-Fraktion in Schwerin nutzt. „Unsere Fraktion hatte im Nachgang der Ortsbeiratssitzung Mueßer Holz vom 24.03.21 eine Anfrage zu den illegalen Wohnungsbesetzungen im Stadtteil gestellt. Ihre Antwort als oberster Verwaltungschef, in dessen Funktion Sie auch für die Sicherheit und den Schutz der Bürgerinnen und Bürger verantwortlich sind, fällt beschämend aus. Sie weisen jegliche Kenntnisnahme und Verantwortung von sich. Hier handelt es sich aber um keinen Einzelfall, sondern um eine Kriminalitätsproblematik, deren Bekämpfung nicht den betroffenen Vermietern und der Polizei allein vorbehalten sein sollte“, so AfD-Fraktionschefin Petra Federau in einem Schreiben an den OB.

 

AfD-Fraktion spricht von Pflichtverletzung durch OB

Petra Federau, Vorsitzende AfD-Fraktion, Schwerin

In einer am Montag veröffentlichten Pressemitteilung legt die AfD nun auch öffentlich nach: „Der Oberbürgermeister verschließt in unverantwortlicher Weise seine Augen vor einer  Kriminalitätsproblematik, die vor allem Jugendliche gefährdet. Er hat als oberster Verwaltungschef die Pflicht, über besorgniserregende Entwicklungen informiert zu sein und entsprechend zu handeln. Auf die Anfrage unserer Fraktion hin hat er diese Verantwortung weit von sich gewiesen, was einer Pflichtverletzung beim Schutz der Bürgerinnen und Bürger gleichkommt“. Harte Vorwürfe, die Petra Federau im Namen ihrer Fraktion erhebt. Wir baten um eine Stellungnahme des Oberbürgermeisters zu diesen konkreten Vorwürfen. Als Antwort kam lediglich ein Hinweis auf die Sitzungen des Ausschusses für Umwelt, Gefahrenabwehr und Ordnung. Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier schweigt also weiter zu einem Problem in Schwerin, das alle betrifft. Und das somit durchaus in die Zuständigkeit des Oberbürgermeisters fallen sollte.

 

 

Written By
Stephan Haring

Stephan Haring ist freier Mitarbeiter unserer digitalen Tageszeitung. Er hat ein Bachelor-Studium der Kommunikationswissenschaften an der Universität Erfurt mit den Nebenfächern Sozialwissenschaften & Politik absolviert. Im Nachhinein arbeitete er in leitenden Funktionen der Presse- & Öffentlichkeitsarbeit, im Leitungsbereich eines Unternehmens sowie als Rektor einer privat geführten Hochschule. Zudem entwickelte, organisierte und realisierte er mit der durch ihn entwickelten LOOK ein Fashionevent in Schwerin. Heute arbeitet er freiberuflich als Texter, Pressesprecher und Textkorrektor sowie als Berater in verschiedenen Projekten. In einem Schweriner Ortsbeirat ist er zudem ehrenamtlich als Vorsitzender kommunalpolitisch aktiv.

Kommentiere den Beitrag

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert