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Schwerin: IHKs des Landes legen Konjunkturbericht vor

Wirklich überraschend ist ein zentrales Ergebnis des Konjunkturberichts der Industrie- und Handelskammern in MV nicht: In der Wirtschaft des Landes zeichnet sich zu Beginn des neuen Jahres ein differenziertes Bild

  • Veröffentlicht Februar 15, 2021
Das Ludwig-Bölkow-Haus in Schwerin | Foto: IHK zu Schwerin | Schwerin-Lokal.de

Wirklich überraschend ist ein zentrales Ergebnis des Konjunkturberichts der Industrie- und Handelskammern in MV nicht: In der Wirtschaft des Landes zeichnet sich zu Beginn des neuen Jahres ein differenziertes Bild ab. Dies überrascht schon deshalb nicht, da nicht alle in den Kammern zusammengeschlossenen Branchen vom Corona-Lockdown gleichermaßen betroffen sind. 

 

41 Prozent der Unternehmen schätzen Lage als „gut“ ein

Jedes vierte Unternehmen bezeichnet, wie die IHK zu Schwerin berichtet, seine aktuelle Geschäftslage als „schlecht“. Das sind 18 Prozentpunkte mehr als zum Jahresbeginn 2020. Als „gut“ schätzen noch 41 Prozent der Unternehmen die Situation ein. Dieser Wert ist dabei zwar geringer als im Vorjahr. Nach einem Jahr Corona mit allen Folgen ist dies aber dennoch ein durchaus positives Ergebnis. Dass sich die Situation branchenspezifisch differenziert darstellt, „wird das bei den einzelnen Branchen an den sogenannten Konjunktursalden, welche die Differenz von positiven und negativen Meldungen ausweisen“, so die IHK zu Schwerin. Im Baugewerbe beträgt der Saldo dabei sehr gute +63 Prozentpunkte. Im verarbeitenden Gewerbe sind es +34 Prozentpunkte.  Damit bleibt der Wert verhältnismäßig stabil gegenüber dem Vorjahr. Im Handel und bei den Dienstleistern liegt der Wert gerade einmal bei +13 beziehungsweise +3 Prozentpunkten.

 

Differenzierte Situation in den Branchen

Siegbert Eisenach, Hauptsgeschäftsführer der IHK zu Schwerin | Foto: IHK zu Schwerin

„Die Branchen des Landes starten höchst unterschiedlich in das neue Wirtschaftsjahr. Der stationäre Einzelhandel, Gastronomie, Hotellerie sowie die Reise- und Freizeitwirtschaft einschließlich der Veranstaltungsbranche leiden dabei besonders stark unter den Maßnahmen zur Pandemieeindämmung“, erläutert Siegbert Eisenach, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer zu Schwerin. Die Kammer hat derzeit die Geschäftsführung der IHKs in MV für die Jahre 2021/22 übernommen. „Der Bau und das verarbeitende Gewerbe melden zu einem großen Teil gute Geschäfte. Doch gibt es bei der Industrie auch Unterschiede. Wenn man zum Beispiel an die Bereiche Luftfahrt, maritime Wirtschaft und Automotive denkt.“

 

Erwartungen der Unternehmen durchweg negativ

Der Konjunkturklimaindex für Mecklenburg-Vorpommern steht derzeit bei 97 Punkten. Er berücksichtigt die aktuelle Lage und die Erwartungen der Unternehmen gleichrangig. Zum Vorjahresbeginn betrug der Wert noch 120 Punkte. Damit signalisierte er seinerzeit eine positive gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Nach Branchen aufgeschlüsselt zeigt sich, dass die Erwartungen der Unternehmen für die kommenden 12 Monate pessimistisch sind. Alle Erwartungssalden liegen im negativen Bereich. Besonders deutlich wird dies beim Handel: Dort liegt der Saldo bei -29 Prozentpunkten. Über alle Branchen hinweg beträgt dieser Wert -15 Prozentpunkte.

„Perspektive und Planbarkeit sind zwei wesentliche Elemente für die Wirtschaft“, bestätigt Eisenach in Schwerin. Die versprochenen finanziellen Kompensationen für die Schließungen müssen zügig bei den Unternehmen ankommen. An der einen oder anderen Stelle sollte auch nochmal bei den Kriterien nachgebessert werden. Mit Blick auf die kommenden Wochen ist es wichtig, die Situation der Unternehmen sehr ernst zu nehmen und verlässliche Perspektiven für eine Rückkehr zum normalen Geschäftsbetrieb – wenn auch mit Hygieneauflagen – aufzuzeigen.“

 

Perspektive und Planbarkeit sind erforderlich

Die Pandemie geht bei den besonders betroffenen Unternehmen vielfach an die finanzielle Substanz. Es kommt zu einem Rückgang des Eigenkapitals und zu Liquiditätsengpässen. Auch der Ausblick vieler Unternehmen auf ihre Umsatzentwicklung fällt sehr verhalten aus. Auffällig ist der verhältnismäßig hohe Anteil von 17 Prozent an Unternehmen, die eine Prognose für nicht möglich halten. Die Themen Perspektive und Planbarkeit stehen auch hier im Fokus. Das hat ebenfalls Auswirkungen auf die Investitionsabsichten der Wirtschaft: Rund ein Drittel plant nicht zu investieren.

 

Auszahlung der zugesagten Hilfen dringend erforderlich

„Die Unternehmen benötigen dringend die Auszahlung der zugesagten Hilfen“, appelliert Eisenach in Schwerin. „Es muss zudem gewährleistet sein, dass die Hilfen nicht abrupt enden. Denn auch nach der Wiederöffnung beispielsweise des Einzelhandels und der Gastronomie wird die Kundenfrequenz vorerst geringer als üblich sein. Wir werben in unseren Gesprächen mit der Staatskanzlei und dem Wirtschaftsministerium sowie in der Task Force Wirtschaft dafür, dass MV ein gemeinsames norddeutsches Stufenmodell mitträgt. Zudem sind wir davon überzeugt, dass unsere Unternehmen Hygienekonzepte sehr gut umsetzen können und diese kontinuierlich weiterentwickeln. Neben der jetzt flächendeckenden Verfügbarkeit von FFP2-Masken blicken wir auch optimistisch auf Einsatzmöglichkeiten von Antigen-Schnelltests für Eigenanwender, die hoffentlich in den nächsten ein bis zwei Monaten auf den Markt kommen und dann beispielsweise eine echte Öffnungsperspektive für die Veranstaltungswirtschaft sowie Messen bieten können.“

 

Arbeitsmarkt stellt sich „relativ robust“ dar

„Ein Lichtblick bleibt. 73 Prozent der Unternehmen wollen ihr Personal halten. Darunter sind auch Unternehmen, die stark von der Pandemie betroffen sind. Diese versuchen ebenfalls, ihr Personal zu halten. Ein breiter Beschäftigungsaufbau ist vorerst nicht möglich“, konstatiert Eisenach. „Doch wenn man bedenkt, dass es sich konjunkturell um den größten Wirtschaftseinbruch seit der Wiedervereinigung handelt, ist der Arbeitsmarkt relativ robust. Dazu tragen selbstverständlich stabilisierende Instrumente wie die Kurzarbeit bei. Doch es gehören auch unsere Unternehmen im Land dazu, die den vor ihnen liegenden unsicheren Weg mit ihren Mitarbeitenden meistern wollen“, so Eisenach von Schwerin aus für die IHKs in MV abschließend.

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Redaktion

der digitalen Tageszeitung Schwerin-Lokal. Kontakt: redaktion@schwerin-lokal.de

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