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Schwerin: Offener Brief der IHKs und Handwerkskammern an Landesregierung M-V

Die aufgrund der steigenden Corona-Infektionszahlen verhängten Maßnahmen machen der Wirtschaft erneut zu schaffen. Die Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammern in Mecklenburg-Vorpommern sehen besonders die ständigen, kurzfristigen Änderungen der Maßnahmen

  • Veröffentlicht Dezember 7, 2021
Das Ludwig-Bölkow-Haus in Schwerin | Foto: IHK zu Schwerin

Die aufgrund der steigenden Corona-Infektionszahlen verhängten Maßnahmen machen der Wirtschaft erneut zu schaffen. Die Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammern in Mecklenburg-Vorpommern sehen besonders die ständigen, kurzfristigen Änderungen der Maßnahmen zur Bekämpfung der vierten Welle der Corona-Pandemie mit großer Sorge. Schnelle Reaktionen der Politik zum Schutz der Gesellschaft sind außerordentlich wichtig. Sie dürfen allerdings nicht die Betriebe in unserem Land nachhaltig schädigen. In-zwischen sind viele Unternehmen bereits in ihrer Existenz gefährdet, auch weil sie immer wieder Investitionen in die Sicherheit und Infrastruktur tätigen mussten, ohne dass diese sich jetzt für sie auszahlen.

Die Wirtschaftskammern in MV fordern:

1. Klarheit und Transparenz der Corona-Regelungen

Die Regelungen sind inzwischen unüberschaubar komplex. Mit über 120 Seiten sowie unzähligen Sprüngen und Verweisen ist die Corona-Landesverordnung unverständlich. Des Weiteren werden die Regelungen sehr kurzfristig angepasst. Die Maßnahmen sind für die Unternehmen dadurch kaum umsetzbar. Auf Fragen bei den öffentlichen Stellen gibt es oft keine eindeutigen Antworten. Nicht selten widersprechen sich die Regelungen in ihrer Auslegung sogar. Das führt zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Handhabung in der betrieblichen Praxis. Die Regelungen müssen verständlich, klar formuliert und strukturiert sein. Ständige Änderungen und ein „Fahren auf Sicht“, wie zu Beginn der Pandemie, darf es auf keinen Fall mehr geben.

 

2. Mängelbehebung in der Testinfrastruktur

Viele Unternehmen haben den Wirtschaftskammern von erheblichen Problemen bei der Testung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern berichtet. Die Testinfrastruktur reicht derzeit nicht aus, um den aktuellen und angekündigten Regelungen des Landes sowie des Bundes Rechnung zu tragen. Besonders in den ländlichen Regionen erweist sich die Situation als äußerst schwierig, zum Teil katastrophal. Durch den sprunghaften Nachfrageanstieg ist der Markt für Selbsttests faktisch leer. Neben deutlichen Preissteigerungen kommen lange Wartezeiten bei den bestehenden Testzentren und begrenzte Öffnungszeiten hinzu. Bei PCR-Tests stoßen die Labore an ihre Kapazitäten und Ergebnisse stehen teilweise erst nach 48 Stunden fest.

Die Wirtschaftskammern fordern daher, dass die Landesregierung eine flächendeckende und bedarfsgerechte Testinfrastruktur gewährleistet, bevor diese Regelungen greifen. Vorsorglich sind die Kapazitäten bis zum Frühjahr 2022 aufrechtzuerhalten. Fehlendes Personal gilt es dafür umgehend zu reaktivieren.

 

3. Stärkung der Impfinfrastruktur

Die Umsetzung der Impfstrategie gilt es ebenfalls deutlich zu optimieren. Unbedingt notwendig ist, das Impfen schnell und niederschwellig in alle Regionen des Landes zu bringen, zum Beispiel durch mobile Impfteams. Der Bedarf an weiteren Erstimpfungen sowie an Boostern war absehbar und damit planbar. Die Kommunikation des Bundesgesundheitsministeriums und die damit verbundene Zuteilung der Impfstoffe an die Hausärzte sieht die regionale Wirtschaft zutiefst kritisch, da sie den Impffortschritt erheblich verzögert. Das darf nicht zu Lasten der Wirtschaft gehen. Die Wirtschaftskammern fordern die Landesregierung auf, sich beim Bund dafür einzusetzen, dass Impfstoff schnell und in der erforderlichen Menge bereitgestellt wird.

 

4. Verlässliche Liquiditätssicherung für betroffene Betriebe

Mecklenburg-Vorpommern hat in den zurückliegenden zwei Jahren engagiert und weitsichtig mit eigenfinanzierten Programmen Förderlücken des Bundes geschlossen und landesspezifische Förderziele umgesetzt. Allerdings endeten mehrere Landesprogramme im Jahresverlauf 2021. Vor diesem Hintergrund muss es kurzfristig eine Fortführung nachhaltiger Fördermöglichkeiten des Landes MV geben.
Aufgrund der verschärften Einschränkungen kommt es bei zahlreichen Betrieben des Handels, der Gastronomie und Hotellerie, des Schaustellergewerbes sowie im Nahrungsmittelhandwerk und bei den körpernahen Dienstleistungen erneut zu erheblichen Liquiditätsengpässen durch Umsatzausfall bei gleichbleibenden Belastungen. Die angekündigte Überbrückungshilfe IV des Bundes muss aufgrund der aktuellen Bearbeitungszeiten (bundesweit erst 70 Prozent der Überbrückungshilfe III/ III+ bewilligt) durch eine „Brückenfinanzierung“ vorfinanziert werden. Auch wenn bisher keine Zahlen zur Inanspruchnahme des Härtefallfonds veröffentlicht wurden, sprechen wir uns für seine Fortführung aus. Die Wirtschaftskammern unterstützen das Land darin, dass das KUG ungekürzt ausgezahlt wird.

 

5. 2G-Plus Regelung überdenken

Im Hinblick auf die verschärften Corona-Regeln erreichen die Wirtschaftskammern unzählige Hilferufe aus den betroffenen Branchen, die zwar unter den Bedingungen 2-G-Plus und 2-G de jure öffnen dürfen, aber sehr schnell erhebliche Umsatzausfälle verzeichnen und in der kommenden Zeit einkalkulieren müssen. Diese Betriebe überlegen, ob es betriebswirtschaftlich sinnvoller wäre, vorübergehend zu schließen. Allerdings würden sie dann aufgrund der Schadensminderungspflicht die Gewährung der Überbrückungshilfen (ohnehin in der Ü IV maximal 90 Prozent Kostenerstattung ab 2022) und den Bezug von Kurzarbeitergeld (KUG) gefährden.

Die Akzeptanz entscheidet maßgeblich über den Erfolg von Maßnahmen. Daher sollte die Landesregierung prüfen, in welchen Bereichen die 2G-Plus Regel zusätzliche Sicherheit schafft und in welchen Bereichen diese aufgrund kurzer Kontaktzeiten, kurzer Verweildauer und Begegnungen im Außenbereich entbehrlich ist.

Mit großer Sorge blicken wir auf die kommenden Wochen und appellieren an die Landesregierung, mit verlässlichen, planbaren und praxisgerechten Maßnahmen die Wirtschaftskraft unseres Bundeslandes zu schützen und damit auch wichtige Arbeitsplätze in gefährdeten Branchen zu erhalten.

 

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Redaktion

der digitalen Tageszeitung Schwerin-Lokal. Kontakt: redaktion@schwerin-lokal.de

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