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Schwerin: Offener Brief der Theater

Nachdem direkt nach der Ankündigung des zweiten Lockdowns zahlreiche der von den Schließungsmaßnahmen betroffenen Unternehmen auch öffentlich die Richtigkeit der jeweiligen Maßnahmen hinterfragten und laut Kritik äußerten, bezogen schnell auch

  • Veröffentlicht November 6, 2020
Das Mecklenburgische Staatstheater in Schwerin. | Foto: Silke Winkler

Nachdem direkt nach der Ankündigung des zweiten Lockdowns zahlreiche der von den Schließungsmaßnahmen betroffenen Unternehmen auch öffentlich die Richtigkeit der jeweiligen Maßnahmen hinterfragten und laut Kritik äußerten, bezogen schnell auch Kulturschaffende Position. In einem ähnelten sich die Argumente beispielsweise der Gastronomien und einzelner Theater. Man hätte die umfassendsten und weitestgehenden Hygienekonzepte. Dass man dennoch nun erneut von den Schließungen betroffen wäre, sei nicht nachvollziehbar.

 

Leitungen öffentlicher Theater senden offenen Brief an das Land

Gestern nun wandten sich die Theaterleitungen der öffentlich getragenen Theater im Land in einem offenen Brief an das Land. Empfängerinnen sind dabei Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und Bildungsministerin Bettina Martin. Darin unterstreichen die Unterzeichner die zentrale Rolle der Kunst und Kultur im gesellschaftlichen Leben. „Kunst lässt uns unsere Existenz und unser gesellschaftliche Realität reflektieren. Sie hat zur Aufgabe, die jeweilige Zeitsituation aufzugreifen, zu verarbeiten und zu vermitteln. Kunst und kulturelles Leben geben uns Identität, Halt und Kraft. Wir sorgen uns, dass unsere zentrale gesellschaftliche Rolle im Gefecht schnell notwendiger Entscheidungen aus dem Blick gerät und unsere Kompetenz und Kraft nicht zu den Menschen gelangt“, heißt es in dem Schreiben. „Sollten wir alle noch längere Zeit mit der Pandemie leben müssen, so ist es für unsere Gesellschaft von höchster Wichtigkeit, dass der lebendige Kontakt zwischen Künstlern und Publikum aufrechterhalten wird.“

 

Unterzeichner zeigen Verständnis und bieten Gespräche an

Grundsätzlich zeigen die Theaterleitungen in dem Schreiben Verständnis. Es sei eine „Pflicht und Verantwortung“ der Häuser, einen „Beitrag zur Bewältigung dieser „Notlage“ zu leisten. „Dazu gehört zuallererst, die Gesundheit unserer Mitarbeiter und Besucher zu schützen, entsprechende Hygiene-Vorkehrungen zu treffen“. Wo nicht mehr anders lösbar, müsse man auch den Spielbetrieb zeitweise einstellen. Um eben Kontakte unter den Besuchern zu verhindern.

Mit dem Blick auf eben diese Verantwortung aber eben auch eine lebende und belebende Kultur bieten die Unterzeichner gemeinsame Gespräche an. Dabei soll es um Bestimmungen sowie Art und Weise der Wiederaufnahme eines „sicheren und verantwortlichen“ Spielbetriebs ab dem 1. Dezember gehen. Zudem unterbreiten die Theaterleitungen auch das Angebot einer Zusammenarbeit mit der Landesregierung. „Um Mecklenburg-Vorpommern als Land voller Lebensqualität, Natur und Kultur, gerade auch in herausfordernden Zeiten, zu erhalten“.

 

Auch Schweriner Intendant Tietje unter den Unterzeichnern

Unter den Unterzeichnern dieses offenen Briefes, in dem eben auch das Verständnis für erforderliche Maßnahmen und eines Beitrages der Kultureinrichtungen zur Bewältigung der Corona-Pandemie zum Ausdruck gebracht wird, ist auch Lars Tietje, Intendant des Mecklenburgischen Staatstheaters. Ein Mann, der sich selbst durch Äußerungen in sozialen Medien selbst in die Nähe von Verschwörungstheorien brachte. „Vielleicht ist das alles nur ein großer Feldversuch“, in dem man testen möchte, „wie viele Einschränkungen sich die Menschen gefallen lassen, wenn man ihnen nur genug Angst macht“, zitierte die Schweriner Volkszeitung im Sommer einen dieser Posts. In der Belegschaft des Theaters habe die öffentliche Positionierung des Intendanten „Kopfschütteln, Befremden, Entsetzen und Verstörung“ ausgelöst.

 

Inhalte des offenen Briefs und Tietjes Facebook-Äußerungen stehen in Widerspruch

Der Redaktion der Tageszeitung lag dabei sogar der Brief eines Ensemble-Mitglieds vor. In diesem kam deutliche Kritik an Tietje zum Ausdruck. „Wer nur den einen Klick riskiert und deinen Links zu Youtube folgt, befindet sich ruck zuck mitten im Sumpf der Verleumdungen, Verschwörungstheorien, Querfrontstrategien“, zitiert die Zeitung aus dem Schreiben. Auch unsere Redaktion wiederholt entsprechend kritische Stimmen aus der Belegschaft des Hauses vernommen. Da erscheint es doch zumindest erstaunlich, dass Tietje nun einen Brief mit unterzeichnet, in dem die Corona-Pandemie nicht ansatzweise infrage gestellt wird und man eben die zitierte „Pflicht und Verantwortung […] zur Bewältigung dieser Notlage zu leisten“ bereit ist.

 

 

 

 

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Redaktion

der digitalen Tageszeitung Schwerin-Lokal. Kontakt: redaktion@schwerin-lokal.de

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