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Schwerin: Stadtvertreterin an Covid-19 erkrankt

Am kommenden Montag soll sich die Stadtvertretung Schwerin zu ihrer nächsten regulären Sitzung zusammenfinden. Grundsätzlich kein Problem – auch nicht bei den zuletzt doch ungemütlich hohen Inzidenzwerten in den Regionen

  • Veröffentlicht April 21, 2021
Zumindest im Demmlersaal wird die Stadtvertretung Schwerin auch ihre nächsten Sitzungen noch nicht wieder durchführen können. | Foto: AG Gymnasium Melle

Am kommenden Montag soll sich die Stadtvertretung Schwerin zu ihrer nächsten regulären Sitzung zusammenfinden. Grundsätzlich kein Problem – auch nicht bei den zuletzt doch ungemütlich hohen Inzidenzwerten in den Regionen Mecklenburg-Vorpommerns. Aus Sicht des Innenministeriums vom Montag könnten sogar Präsenzsitzungen weiterhin stattfinden. Eben diese hatte die Stadtvertretung der Landeshauptstadt sich selbst auch als einzige Sitzungsform weiterhin zugestanden.

 

Stadtvertretung hat sich nicht mit Ruhm bekleckert

Eine aus vielerlei Perspektive wenig rühmliche Entscheidung, die die Stadtvertreterinnen und Stadtvertreter nun bereits zweimal trafen. Denn das Innenministerium von Mecklenburg-Vorpommern hatte nach etwa einem Dreivierteljahr Pandemie endlich ein Gesetz auf den Weg gebracht, das für kommunale Gremiensitzungen auch Videokonferenzen und hybride Sitzungsformen (Mischung aus Präsenz und Videokonferenz) möglich macht. Das aber nutzt die Stadtvertretung Schwerin für ihre eigenen Zusammenkünfte nicht. Die Chancen der Digitalisierung zum Schutz der Gesundheit ausschlagen, weil die Gert und Gert sich lieber auf die Schulter klopfen wollen. Aber ganz stimmt das natürlich nicht. Während man sich selbst nur Präsenzveranstaltungen gestattet, zwingt man hingegen die weiteren Gremien – Fachausschüsse, Beiräte etc. – in Videokonferenzen.

 

Digitalisierung fordern, sie aber selbst behindern

Besonders spannend dabei sind zwei Fakten: Einerseits sitzen die Mitglieder der Stadtvertretung auch in eben solchen Gremien. Dort also verordnen sie sich selbst andere Regeln, als im „Kommunalparlament“. Und noch etwas ist interessant: So gibt es nämlich nicht wenige Stadtvertreterinnen und Stadtvertreter, die wiederholt massive Kritik an Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier und seiner Verwaltung äußerten, da es mit der Digitalisierung der Schulen nicht schnell genug vorangehen würde. Schon ein wenig doppelzüngig, wenn man dann die selbe im kommunalpolitischen Bereich nur halbherzig und zähneknirschend, so irgendwie sich gezwungen fühlend, mitmacht. In einem Einzelnen Fall werden einem genau so agierenden Stadtvertreter zudem Ambitionen auf die neue Dezernentenstelle zugesagt, die – richtig, das Thema Digitalisierung beinhalten soll. Glaubwürdigkeitsprobleme beginnen offenbar nicht erst im Landtag.

 

Demokratisch war da deutlich mehr drin

Die Digitalisierungsthematik allerdings ist nur eine Art „Nebenkriegsschauplatz“ der Option, auch die Stadtvertretung als Hybrid- oder Videositzung abhalten zu können. Vielmehr boten und bieten diese Optionen – gegen die sich eine Mehrheit der Stadtvertreterinnen und Stadtvertreter in Schwerin entschied – eine Chance zu zeigen, dass man ein wirklich demokratisches Grundverständnis hat. Denn beide Formen lassen auch die Teilnahme erkrankter Stadtvertreterinnen und Stadtvertreter vom häuslichen Krankenbett zu. Vorausgesetzt, und dies ist bei einer oftmals durch schwere Verläufe gekennzeichneten Covid-19-Erkrankung die individuelle Frage – der Gesundheitszustand verhidnert dies nicht.

Oder anders herum ausgedrückt, und das erscheint als der eigentliche Skandal in Schwerin: Wer sich gegen diese Optionen ausspricht, verweigert eben diesen Mitgliedern des Gremiums die Teilnahme und somit die freie Ausübung ihres Mandates. Gerade vor dem Hintergrund der oftmals sehr knappen Stimmverhältnisse ist das letztlich auch schnell ausschlaggebend für die Meinungsfindung. Obwohl man in allen Fraktionen um eben diesen Umstand wusste, stimmte letztlich eine Mehrheit dafür, nur in Präsenz zu tagen, und somit – gerade auch in der Pandemiezeit – diejenigen auszuschließen, die ihr Mandat durchaus von zu hause aus ausüben könnten. Würde man so mit behinderten Mitgliedern der Stadtvertretung verfahren, wäre der Aufschrei groß gewesen. Zu Recht!

 

Erkrankte Stadtvertreterin richtet Bitte an Kolleginnen und Kollegen

Schon in den zurückliegenden Sitzungen seit dem ersten der beiden wenig zukunftsweisenden und wenig demokratieförderlichen Beschlüsse der Stadtvertretung zu ihrer eigenen Sitzungsform hätten sicherlich erkrankte Mitglieder ihr eigentliches Recht zur Ausübung des Mandates gern genutzt. Nun kommt auch noch der Hauptgrund der ganzen Thematik in Schwerin ins Spiel: Corona. Denn wie die Aktionsgruppe Stadt und Kulturschutz (ASK) mitteilt, ist die für sie in der Stadtvertretung sitzende Anita Gröger an Covid-19 erkrankt. Damit kann sie nun ihr Mandat nicht ausüben und vor allem auch den ihr wichtigen Antrag zur weiteren Entwicklung der Paulshöhe nicht persönlich einbringen und begründen. Um den Antrag „Paulshöhe teilerhaltend entwickeln“ aber nicht ohne jede weitere Aussprache zu behandeln, bittet die ASK die Fraktionen und Einzelstadtvertreter nun um Unterstützung, indem der sie ihn (den Antrag) in die Ausschüsse verweisen. Dort nämlich kann Anita Gröger dann wieder per Videoschalte teilnehmen. Zudem wollte Frau Gröger diese Verweisung ohnehin beantragen.

 

Written By
Stephan Haring

Stephan Haring ist freier Mitarbeiter unserer digitalen Tageszeitung. Er hat ein Bachelor-Studium der Kommunikationswissenschaften an der Universität Erfurt mit den Nebenfächern Sozialwissenschaften & Politik absolviert. Im Nachhinein arbeitete er in leitenden Funktionen der Presse- & Öffentlichkeitsarbeit, im Leitungsbereich eines Unternehmens sowie als Rektor einer privat geführten Hochschule. Zudem entwickelte, organisierte und realisierte er mit der durch ihn entwickelten LOOK ein Fashionevent in Schwerin. Heute arbeitet er freiberuflich als Texter, Pressesprecher und Textkorrektor sowie als Berater in verschiedenen Projekten. In einem Schweriner Ortsbeirat ist er zudem ehrenamtlich als Vorsitzender kommunalpolitisch aktiv.

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