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Schwerin: Trotz Vollbeschäftigung nur Niedriglohn

An sich sollten man mit einer Vollzeitstelle ausreichend Einkommen für seinen Lebensunterhalt verdient haben. Wie die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt nun unter Bezugnahme auf eine durch die Bundesregierung beantwortete Anfrage der Links-Fraktion

  • Veröffentlicht Oktober 7, 2020
In der Floristik müssen sich viele Beschäftigte auch in Schwerin mit Mini-Löhnen begnügen, die häufig nicht zum Familienunterhalt reichen, kritisiert die IG BAU. | Foto: IG BAU

An sich sollten man mit einer Vollzeitstelle ausreichend Einkommen für seinen Lebensunterhalt verdient haben. Wie die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt nun unter Bezugnahme auf eine durch die Bundesregierung beantwortete Anfrage der Links-Fraktion im Bundestag informiert, gilt das für etwa 4.800 Menschen in Schwerin nur bedingt. Sie erzielen demnach ein Einkommen unterhalb der amtlichen Niedriglohnschwelle von derzeit 1.885 Euro brutto im Monat (Wert für die Neuen Bundesländer). Dabei arbeiten sie 40 Stunden in der Woche.

 

15 Prozent der Vollzeit-Beschäftigten im Niedriglohnsektor

„Dass selbst eine Vollzeitstelle häufig nicht ausreicht, um finanziell halbwegs abgesichert zu
sein, ist alarmierend“. Das sagt Jörg Reppin, Bezirksvorsitzender der IG BAU Mecklenburg mit Blick auf die Zahlen. In der Region zählten dabei unter anderem die Landwirtschaft, die Gebäudereinigung und die Floristik zu den besonders schlecht bezahlten Branchen. Als einen der Hauptgründe sieht die Gewerkschaft dabei eine abnehmende Tarifbindung. „Je mehr Firmen aus Tarifverträgen aussteigen, desto schlechtere Karten haben die Beschäftigten. Es droht dabei eine immer tiefere Spaltung des Arbeitsmarktes“, warnt der Gewerkschafter. Durch die Corona-Pandemie und die mit ihr verbundenen Folgen sieht er sogar noch eine weitere Verschärfung der Situation. So könnten beispielsweise Beschäftigte im Handwerk in der Regel kein Homeoffice machen. Zudem sind sie aufgrund hoher Mieten in den Städten zunehmend zu längeren Pendelwegen gezwungen.

 

Gewerkschaft ruft Unternehmen und Politik zum Umdenken auf

Mit Blick auf diese gerade für die schlecht bezahlten Menschen extrem schwierige Lage ruft die Gewerkschaft die Unternehmen der Stadt auf, ein Bekenntnis zu Mitbestimmung und Tarifautonomie abzugeben. „Die Sozialpartnerschaft ist ein Erfolgsmodell, das den
Beschäftigten – und den Betrieben – über Jahrzehnte wachsenden Wohlstand beschert hat.
Sie darf nicht unter die Räder kommen“, so Reppin. Unter anderem Untersuchungen der Hans-Böckler-Stiftung hätten gezeigt, dass davon auch die Unternehmen selbst profitieren. In tarifgebundenen Unternehmen steige somit die Produktivität, Mitarbeiter seien motivierter.

Neben den Unternehmen sieht die Gewerkschaft allerdings auch die Politik am Zug. Hier gehen die Forderungen der Arbeitnehmervertreter dahin, mehr für die Tarifbindung zu tun. Als ein Beispiel führt Jörg Reppin hier das Maler- und Lackiererhandwerk an. Dort haben Gesellen Anspruch auf einen tariflichen Mindestlohn von 13,50 Euro pro Stunde. Diese Lohnuntergrenze wurde von der Politik für die ganze Branche zur Pflicht gemacht. Zum Vergleich: Der gesetzliche
Mindestlohn liegt aktuell bei 9,35 Euro pro Stunde.

 

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Redaktion

der digitalen Tageszeitung Schwerin-Lokal. Kontakt: redaktion@schwerin-lokal.de

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