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Schwerin: UB-Fraktion eröffnet Diskussion um Jobcenter-Standort neu

Seit dem 9. Dezember des vergangenen Jahres stand es eigentlich fest: Jobcenter und Arbeitsagentur in Schwerin ziehen vom Margaretenhof ins Mueßer Holz. In der Mendelejewstraße soll eigens dafür ein privater

  • Veröffentlicht April 20, 2021
Das Jobcenter am Margaretenhof in Schwerin. Hier soll es weg, geht es nach den Vorstellungen der Stadt. | Foto: UB-Fraktion

Seit dem 9. Dezember des vergangenen Jahres stand es eigentlich fest: Jobcenter und Arbeitsagentur in Schwerin ziehen vom Margaretenhof ins Mueßer Holz. In der Mendelejewstraße soll eigens dafür ein privater Investor einen Neubau errichten. Zwar blieb auch der bisherige Standort im rennen. Allerdings hörte man durchaus von Präferenzen innerhalb der Stadtverwaltung mit Blick auf die südlichen beziehungsweise südöstlichen Stadtteile von Schwerin. 

 

Mit streitbaren Argumenten fiel die Standortentscheidung

Die damit verbundenen Hoffnungen scheinen vielfältig. Man wollte dichter an die Menschen heran, die leider am häufigsten zu Jobcenter oder Arbeitsagentur müssen. Und die leben in den Stadtteilen Großer Dreesch, Neu Zippendorf und Mueßer Holz. Zudem besteht die Hoffnung, dass eine Ansiedlung von 500 Arbeitsplätzen weitere positive Impulse auslösen könnte. Gerade das erste der beiden Argumente löst allerdings durchaus bei so manchem Fragezeichen auf der Stirn aus. Ist es jetzt zuweilen tatsächlich so, dass Menschen aus dem Mueßer Holz nur dann wirklich aus ihrem Stadtteil herauskommen, wenn sie zu einem dieser Ämter müssen – oder besser mussten, denn derzeit herrscht dort kein Publikumsverkehr – würden sie dann eventuell den Bereich des früheren Dreesch I bis III eventuell gar nicht mehr verlassen. Genau das aber sollte nicht Teil einer modernen Stadtpolitik sein. Hier könnten Sozial- und Baudezernent eventuell tatsächlich noch einmal über das Argument und seine tatsächlichen Folgen nachdenken. 

 

Kann Wohnortnähe nicht auch ein echter Nachteil sein?

Die zweite Überlegung kann man da schon schwerer von der Hand weisen, denn im Margaretenhof sehen so manche bereits die Lichter ausgehen, wenn die beiden öffentlichen Einrichtung dort wegziehen. Zumindest in dem konkreten Teil der Anlage. Geschäfte wie REWE oder ALDI, vermutlich auch ROLLER dürfte die ganze Situation zwar auch, aber nicht zwingend existenziell treffen. Anders sieht es mit den wenigen noch vorhandenen Dienstleistern, Geschäften und gastronomischen Anbietern in dem Bereich des Margaretenhofs aussehen, in dem sich derzeit Jobcenter und Arbeitsagentur befinden.

 

UB-Fraktion will Konzept und neues Gremium

Diese Risiken greift nun die Fraktion der Unabhängigen Bürger in der Stadtvertretung Schwerin auf. Sie beantragt, dass Bürgermeister Badenschier (SPD) konkrete Maßnahmen vorlegen möge, wie man einer Schwächung des Gewerbestandorts „Margaretenhof“ dauerhaft entgegenwirken kann.  Die UB-Fraktion setzt dabei auf die Bildung eines Gremiums, das sich unter anderem aus Vertretern der Werbegemeinschaft, Nahversorger, betroffenen Ortsbeiräten und dem Nahverkehr zusammensetzen sollte. 

 

„Wir wurden überrumpelt“

Rolf Steinmüller, UB-Fraktion Schwerin

„Der Margaretenhof bietet den größten zusammenhängenden Büro- und Gewerbekomplex in Schwerin. Angeschlossen sind 1.200 kostenlose Parkplätze. Besucher finden hier bislang nicht nur Arbeitsagentur und Jobcenter sondern mehrere Einkaufsmöglichkeiten für alle Waren des täglichen Bedarfs, einen Möbelmarkt, eine Tankstelle und zahlreiche weitere Fachhändler und Dienstleistungsangebote. Mit der Aussage, dass Arbeitsagentur und Jobcenter nun schon zum Frühjahr 2023 ihren bisherigen Standort am Margaretenhof in Warnitz aufgeben und ins Mueßer Holz umziehen sollen, wurden nicht nur die Stadtvertreter, sondern insbesondere die ansässigen Gewerbetreibenden regelrecht überrumpelt und vor vollendete Tatsachen gestellt. Auch wurden die Stadtvertretung und der Ortsbeirat Warnitz bei der Entscheidung mit solch erheblichen Auswirkungen auf die Stadtentwicklung vor der Entscheidungsfindung nicht mit einbezogen. Das ist so nicht hinnehmbar und muss sich künftig ändern“, so ein sichtlich erregter Rolf Steinmüler.

 

UB-Fraktion stellt Entscheidung in Frage

Aber die UB-Fraktion geht sogar noch einen Schritt weiter. Sie stellt och einmal die gesamte Standortentscheidung in Frage. „Diese Entscheidung gehört überprüft. Denn es droht erheblicher Leerstand für den Gewerbestandort. Und damit drohen auch Nachteile für die angrenzenden Stadtteile. Denn Arbeitsagentur und Jobcenter sind Frequenzbringer für den Margaretenhof“. Und hier setzt Steinmüller ebenfalls beim oben beschriebenen Argument der Wohnortnähe an: „Das Argument […], dass der neue Standort im Mueßer Holz in unmittelbarer Nähe des Wohnortes von ca. 60 % der erwerbsfähigen Leistungsberechtigen liegt, überzeugt mit Blick auf die Segregation nicht“, so der Stadtvertreter. Es müsse doch auch möglich sein, eine geringere Fläche im Margaretenhof anzumieten. Diese Option aber habe man nicht geprüft, behauptet Steinmüller. 

„Wie durch höhere Mietkosten für einen kompletten Neubau und Umzugskosten letztlich 3,5 Mio. eingespart werden sollen, erschließt sich mir schlichtweg nicht. Die Argumentation für den Standortwechsel hinkt aus meiner Sicht und gleicht viel mehr einer Milchmädchenrechnung“, so Stadtvertreter Rolf Steinmüller.

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Stephan Haring

Stephan Haring ist freier Mitarbeiter unserer digitalen Tageszeitung. Er hat ein Bachelor-Studium der Kommunikationswissenschaften an der Universität Erfurt mit den Nebenfächern Sozialwissenschaften & Politik absolviert. Im Nachhinein arbeitete er in leitenden Funktionen der Presse- & Öffentlichkeitsarbeit, im Leitungsbereich eines Unternehmens sowie als Rektor einer privat geführten Hochschule. Zudem entwickelte, organisierte und realisierte er mit der durch ihn entwickelten LOOK ein Fashionevent in Schwerin. Heute arbeitet er freiberuflich als Texter, Pressesprecher und Textkorrektor sowie als Berater in verschiedenen Projekten. In einem Schweriner Ortsbeirat ist er zudem ehrenamtlich als Vorsitzender kommunalpolitisch aktiv.

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