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Schwerin: Um den Radentscheid wird es stürmisch

Keine Frage, die Unter­schriften­samm­lung der Ini­tia­tive „Radentscheid Schw­erin” war ein echter Erfolg. Über 6.000 zäh­lende Unter­schriften und vor allem ein Ins-Gedächt­nis-Rufen der The­matik sprechen eine deut­liche Sprache. Das wird in

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  • Veröffentlicht Mai 18, 2021
Schal­tet die Ampel für den Bürg­er­entscheid in Schw­erin nun doch noch auf rot? | Foto: pri­vat

Keine Frage, die Unter­schriften­samm­lung der Ini­tia­tive „Radentscheid Schw­erin” war ein echter Erfolg. Über 6.000 zäh­lende Unter­schriften und vor allem ein Ins-Gedächt­nis-Rufen der The­matik sprechen eine deut­liche Sprache. Das wird in Schw­erin auch von nie­man­dem aberkan­nt. Und den­noch zeigte sich die Kom­mu­nalpoli­tik zulet­zt recht zer­strit­ten. Im Ergeb­nis sollte es daher nun am 26. Sep­tem­ber 2021 zum bun­desweit ersten Bürg­er­entscheid zu einem Radentscheid kom­men. 

 

Innenministerium hält Beschluss für rechtswidrig

Sollte – denn abschließend sich­er scheint die Angele­gen­heit noch nicht zu sein. Bere­its im Vor­feld des Stadtvertre­tungs-Entschei­ds hat­te das Innen­min­is­teri­um in Schw­erin rechtliche Bedenken sig­nal­isiert. Bedenken, die so weit gin­gen, dass man die Recht­mäßigkeit eines eventuellen Bürg­er­entscheid in Gänze in Frage stellte. Für die Stadt­frak­tio­nen von CDU/FDP und Unab­hängi­gen Bürg­ern (UB) war dies Anlass für einen eige­nen Antrag, „mit dem”, nach eigen­er Aus­sage, „die wesentlichen Ziel­stel­lun­gen der Unter­schriften­samm­lung aufge­grif­f­en und direkt von der Stadtvertre­tung beschlossen wer­den soll­ten”. Dass dies ger­ade aus dem Lager der Befür­worter der Inhalte des Radentschei­ds anders gese­hen wurde, lässt sich nicht zulet­zt an ein­er sehr hitzi­gen Debat­te und ein­er nicht gefun­de­nen Mehrheit für den Antrag ableit­en. Offen­bar sahen die Geg­n­er des Erset­zungsantrags keine beson­deren rechtlichen Prob­leme und set­zten bewusst Kurs auf den Bürg­er­entscheid. 

 

UB-Fraktion sieht sich bestätigt

Für Sil­vio Horn, Frak­tionsvor­sitzen­der der UB in Schw­erin, war und ist dies nicht nachvol­lziehbar. „Es gab frühzeit­ig bere­its sehr deut­liche Hin­weise auf die Rechtswidrigkeit des Bürg­er­begehrens. Diese wur­den von der Mehrheit der Stadtvertre­tung aber lei­der ignori­ert. Uns hat man unter­stellt, wir wären gegen Inter­essen des Rad­verkehrs und gegen Bürg­er­entschei­de. Bei­des ist völ­lig absurd. […] Angesichts der Debat­te in der Stadtvertre­tung musste man den Ein­druck haben, andere Frak­tio­nen hat­ten sich entwed­er mit der Stel­lung­nahme des Innen­min­is­teri­ums nicht auseinan­derge­set­zt, oder sie hat­ten unseren Erset­zungsantrag nicht gele­sen. So ist die Mehrheit lei­der unkri­tisch der Ver­wal­tungsvor­lage gefol­gt, die eben­falls viel zu leicht­fer­tig mit den Bedenken der Kom­mu­nalauf­sicht umge­gan­gen ist”, so Horn. Dass der UB-Frak­tion­schef damit schein­bar nicht so ganz falsch liegt, zeigt nicht zulet­zt eine erneute Ein­schal­tung des Innen­min­is­teri­ums. Als zuständi­ge Recht­sauf­sichts­be­hörde hält dieses die Beschlussfas­sung der Stadtvertre­tung zum Radentscheid für rechtswidrig. Nicht zulet­zt auch auf­grund fehlen­der Angaben zur Kos­ten­deck­ung.

 

Initiative Radentscheid Schwerin reagiert mit offenem Brief in Angriffs-Rhethorik

Gegen diese Sichtweise des Innen­min­is­teri­ums als zuständi­ger Auf­sichts­be­hörde macht nun ihrer­seits die Ini­tia­tive Radentscheid Schw­erin Stim­mung. Das Min­is­teri­um ver­suche den Entscheid zu ver­hin­dern, und vom Min­is­teri­um kämen stets die gle­ichen Bedenken. „Sie lassen befürcht­en, dass man jeden bürokratis­chen Winkelzug zu nutzen ver­sucht, um den Bürg­er­entscheid zu Fall zu brin­gen. Die Entschei­dung des Innen­min­is­teri­ums zur Bean­stan­dung der Zuläs­sigkeit des Bürg­er­begehrens ste­ht kurz bevor”, so heißt es in einem Offe­nen Brief der Sprech­er der Ini­tia­tive, Madleen Krön­er und Uwe Friedriszik. Auch ist davon die rede, das Min­is­teri­um wolle „offen­sichtlich alle Mit­tel auss­chöpfen, um einen Bürg­er­entscheid zu ver­hin­dern”. Ein deut­lich­er Angriff auf die Ver­ant­wortlichen im Innen­min­is­teri­um, den die bei­den hier erheben.

 

Die Rede ist von „bürokratischen Winkelzügen” 

Man habe schließlich ent­ge­gen viel Skep­sis die erforder­lichen 4.000 Unter­schriften schnell zusam­men bekom­men, habe Schul­terk­lopfen erlebt und eine bre­ite Medi­en­berichter­stat­tung. Und schließlich habe die Mehrheit der Stadtvertre­tung den Weg zum Bürg­er­entscheid frei gemacht. Und sowieso, wenn das Min­is­teri­um mit einem for­mal-rechtlichen Ein­spruch käme, dann würde man eben diesem auch mit rechtlichen Mit­teln ent­ge­gen treten und das The­ma vor Gericht klären lassen. Ein beliebtes Spiel in Deutsch­land, mit Klage zu dro­hen. In einem Rechtsstaat allerd­ings ist das keine Dro­hung. Zumin­d­est im Innen­min­is­teri­um dürfte man das also entspan­nt sehen.

 

Es klingt eher, als sei man beleidigt

Darüber hin­aus habe man sich an bere­its genehmigte Radentscheid-Texte angelehnt und den eige­nen der Stadt Schw­erin zur Prü­fung übergeben. Das allerd­ings ist wed­er im einen noch im anderen Punkt eine Gewähr für Recht­mäßigkeit. Nicht erst ein­mal haben sich das Recht­samt der Stadt und andere Stellen der Ver­wal­tung in ihren rechtlichen Ein­schätzun­gen blaue Augen geholt. Und auch das Anlehnen an andere muss nicht zwin­gend zur Recht­mäßigkeit führen. Wenn das Min­is­teri­um, wie es heißt, tat­säch­lich wieder­holt die gle­ichen „Bedenken” vor­ge­tra­gen hat, dann scheint aus dessen Sicht auch etwas dran zu sein. Das im Nach­gang zu kri­tisieren, ist wenig hil­fre­ich. Auch bedeuten nicht uner­wartet viele Unter­schriften, Schul­terk­lopfer oder Presse­berichte automa­tisch, dass man sich im rechtlich sauberen Bere­ich bewegt.

Ein wenig erin­nert die Reak­tion von Seit­en der Sprech­er der Ini­tia­tive Radentscheid Schw­erin schon an die in dieser Woche im ganzen Land wieder geöffneten Kindergärten. Nicht, dass die Sache an sich, nicht wichtig wäre. Aber die Inhalte des „offe­nen Briefs” ver­fan­gen sich schnell in einem Klein-klein und in „Argu­men­ta­tions­ket­ten”, die dem eigentlichen Ansin­nen nicht mehr gerecht wer­den, und let­ztlich auch nicht in jedem Fall wirk­liche Argu­mente sind. Vielmehr erin­nert das Ganze an belei­digte Kinder. 

 

Wenn alle Aussagen stimmen, muss der Blick in Richtung Stadtverwaltung gehen

Sollte es tat­säch­lich so sein, dass der von der Stadt Schw­erin abge­seg­nete Text des Bürg­er­begehrens tat­säch­lich nicht recht­skon­form ist, müsste sich der Frust der Ini­tia­tive doch vielmehr in diese Rich­tung entwick­eln. Nicht das Innen­min­is­teri­um hat den Wort­laut bestätigt, es war laut den Ini­tia­toren die Stadt. Dort wird man sich dann auch sehr genau anse­hen müssen, wer mit dieser Prü­fung beauf­tragt war, die schein­bar zu einem falschen Ergeb­nis führte. Vielle­icht sollte sich dann auch die Kom­mu­nalpoli­tik etwas inten­siv­er mit dieser Frage befassen. Denn zu solchen handw­erk­lichen Fehlern, so sie hier geschehen sind,  darf es ger­ade in einem solchen Fall nicht kom­men. 

 

 

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