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Schwerin: Wirtschaft im Land ist enttäuscht

Der Corona-Gipfel von Bund und Ländern am vergangenen Mittwoch bleibt, betrachtet man die Ergebnisse, umstritten. Aus Sicht der IHKs in MV haben die Beteiligten grundsätzlich berücksichtigt, dass die Impfquote steigt

  • Veröffentlicht März 5, 2021
Die vereinbarten Öffnungsschritte gehen den IHKs im Land nicht weit genug. Aus der Kammer in Schwerin kommt Kritik. | Foto: privat

Der Corona-Gipfel von Bund und Ländern am vergangenen Mittwoch bleibt, betrachtet man die Ergebnisse, umstritten. Aus Sicht der IHKs in MV haben die Beteiligten grundsätzlich berücksichtigt, dass die Impfquote steigt und auch Antigen-Schnelltests sowie Laientests zur Verfügung stehen. Damit könnten nun allerdings aus Kammersicht Maßnahmen wie generelle Schließungen von Unternehmen schrittweise zurückgefahren werden.

 

IHKs in MV unzufrieden mit den Ergebnissen

Zwar erfolgt das in gewisser Weise auch. Aber nicht zur Zufriedenheit der Kammervertreter. „Das Ergebnis des Bund-Länder-Gipfels bleibt insgesamt deutlich hinter den Erwartungen der Wirtschaft in MV zurück“, so Matthias Belke, Präsident der geschäftsführenden IHK zu Schwerin für die IHKs in Mecklenburg-Vorpommern in einer ersten Einschätzung. 

Die IHKs in MV fordern daher weiterhin eine Abkehr von Inzidenzwerten als wesentlichem Beurteilungskriterium. Die Grundlage der ControlCOVID-Strategie des Robert Koch-Instituts ermögliche die Einbeziehung weiterer Indikatoren. Beispielsweise die Hospitalisierungsrate, die zunehmende Durchimpfung der Risikogruppen, die Auslastung der Gesundheitsämter bei der Kontaktnachverfolgung sowie eine Differenzierung in „ColdSpots-/HotSpots“ als einen geeigneteren Bewertungsmaßstab für Öffnungen der Wirtschaft. Nicht wirklich dagegen sagen die IHKs etwas darüber, wie sie sich Öffnungsszenarien auf geografisch engeren Räumen vorstellen. Denn grenzen Cold- und Hot-Spot aneinander, muss mit entsprechender Mobilität aus dem geschlossenen in den geöffneten Bereich gerechnet werden. 

 

Strategiewechsel nicht erkennbar

Matthias Belke ist Präsident der Industrie- und Handelskammer zu Schwerin. | Foto: IHK zu Schwerin

„Ein vollständiger Strategiewechsel ist für uns weiterhin nicht erkennbar. Die Hürde bleibt beispielsweise für den Einzelhandel mit einer in MV noch zu erreichenden landesweiten 7-Tage-Inzidenz von unter 50 hoch. Das ist kein Plan für schnelle, dauerhafte und konkrete Öffnungen“, resümiert Matthias Belke. Nicht erwähnt er dabei, dass RKI-Chef Wieler zuletzt vor einer bevorstehenden dritten Welle der Corona-Pandemie warnte, und dass in MV in den vergangenen Tagen in mehreren Regionen die Inzidenzwerte wieder deutlich anstiegen. Selbst wenn sie noch deutlich von denen der Dezember-/Januar-Welle entfernt sind, so darf niemand diese Entwicklung unberücksichtigt lassen. „Hinzu kommt“, so Belke“, dass viele Unternehmen, beispielsweise die Beherbergungsbetriebe sowie weite Teile der Veranstaltungsbranche, noch gar keine reale Perspektive aufgezeigt bekommen. Das ist weit weg vom versprochenen Stufenplan auf Bundesebene“. Auch dies allerdings ist letztlich nicht ganz die Realität. Denn versprochen war ein Stufenplan. Nicht aber, dass dieser bereits klare Perspektiven für alle derzeit geschlossenen Bereiche bietet. 

 

Land soll nicht auf nächsten Gipfel warten

Vor dem Hintergrund der eigenen Enttäuschung appellieren die IHKs in Mecklenburg-Vorpommern daher nun an die Landesregierung MV nicht auf den nächsten Bund-Länder-Gipfel zu warten. In enger Abstimmung mit den Nachbarbundesländern gelte es, einen eigenen Stufenplan mit echten Öffnungsperspektiven in Kraft zu setzen. Damit sei, so ein Sprecher der IHK zu Schwerin auf Nachfrage natürlich nicht gemeint, dass man nun Vereinbartes brechen solle. Vielmehr gehe es den Kammern darum auch über Ländergrenzen hinweg gemeinsame Regelungen zu finden, die einen eventuellen Öffnungstourismus verhindern. Und, natürlich, im Optimum auch darum, eventuell noch regional bedeutende Bereiche schon mit zu berücksichtigen. Das allerdings nun in der Erklärung schon ein wenig anders, als der Ursprungssatz. 

 

Übergangslösungen müssen auch solche bleiben

„Wir begrüßen, dass bereits ab Montag Buchläden sowie alle körpernahen Dienstleistungen wieder an den Start gehen können. Und auch die Möglichkeit des Einkaufens per Terminvergabe (Click and Meet) in den noch geschlossenen Bereichen des Einzelhandels. Wichtig ist, dass dies nur eine Übergangslösung für den Einzelhandel darstellen darf und spätestens nach 14 Tagen automatisch eine weitere reguläre Öffnung folgt. Zudem darf sich die Übergangsphase mit „Click and Meet“ nicht negativ auf Förderansprüche aus der Überbrückungshilfe III auswirken“, skizziert Belke die Erwartungen der IHKs an die weitere Umsetzung der Beschlüsse.

 

Auch Test-Thematik beschäftigt IHKs

Auch bei den geforderten Testkonzepten in den Betrieben sieht Belke für die Umsetzung in Mecklenburg-Vorpommern Klarstellungsbedarf: „Gerade kleine Betriebe, die lange von Schließungen betroffen waren, stehen vor großen finanziellen und personellen Herausforderungen beim Restart. Wir empfehlen der Landesregierung daher, die geforderten Testkapazitäten auch für die betriebliche Testung kostenfrei und im erforderlichen Umfang vorzuhalten“.

In einigen Bereichen sind die auf Bundesebene vorgedachten Testpflichten für die IHKs in Mecklenburg-Vorpommern auch noch nicht schlüssig. „Wenn sich Gäste aus zwei verschiedenen Haushalten wieder in der Öffentlichkeit treffen dürfen, dann sollten sie auch ohne zusätzlichen Test gemeinsam in einem Biergarten am Tisch sitzen dürfen“, erläutert Belke beispielhaft eine der offenen Fragen. Damit spielt er auf die Planung an, dass bei Inzidenzen zwischen 50 und 100 in einem Öffnungsschritt der Außengastronomie Selbsttests bzw. Schnelltests zwingend erforderlich sein sollen. Sicherlich mag das von außen auf den ersten Blick etwas widersprüchlich sein. Für die Gastronomen aber ist es doch – wenn ohnehin diese Tests erforderlich sein werden – sinnvoll, jeder muss diesen dabei haben. Denn jede Einzelfall-Prüfung kostet nur Zeit, Nerven und Kraft. 

 

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Redaktion

der digitalen Tageszeitung Schwerin-Lokal. Kontakt: redaktion@schwerin-lokal.de

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