Theater bringt Musical erstmals auf europäische Festlands-Bühne

Der im vergangenen November verstorbene Stephen Sondheim ist der vielleicht bedeutendste US-amerikanische Komponist der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sein 1964 uraufgeführtes Stück „Pfeifen kann doch jeder” („Anyone can Whistle”) galt lange als schwierig auf die Bühne zu bringen. Dennoch hat sich das Mecklenburgische Staatstheater in Schwerin dieser Herausforderung gestellt, und eine deutschsprachige Version in das Programm aufgenommen.  Die Regie hat dabei Operndirektor Martin G. Berger übernommen. In der Geschichte über ein falsches Wunder, fanatische Pilger und vermeintliche Verrückte trifft Stepptanz auf Philosophie – an der Bruchkante eines ziemlich turbulenten Hier und Jetzt. Für die Premiere des Musicals „Pfeifen kann doch jeder“ am kommenden Dienstag, 5. April 2022, um 19.30 Uhr im Großen Haus des Mecklenburgischen Staatstheaters gibt es noch Restkarten.

Wer ist denn nun normal – und wer ist verrückt?

Die Stadt ist pleite, denn im Tourismus herrscht Flaute. Nur ein Wunder kann die Wiederwahl der Bürgermeisterin retten. Deshalb greifen die Stadtverordneten tief in die Trickkiste und erfinden eine Wunderquelle, deren angebliche Heilkräfte sich bestens vermarkten lassen. Als aber die Oberschwester der örtlichen Psychiatrie ihre Patientinnen und Patienten auch vom Wunderwasser trinken lassen möchte, droht der Schwindel aufzufliegen. Und als sich alle Gruppen vermischen, weiß niemand mehr, wer Tourist und wer Patient ist. Wer ist normal und wer ist verrückt? Oder sind das ohnehin die falschen Fragen, denn was ist schon normal in einer Welt die zum Verrücktwerden ist?

Musik von Jazz über Swing und Gospel bis hin zu Balladen

Stephen Sondheims musikalisches Werk, welches nun in Schwerin erstmals auf dem europäischen Festland zu erleben ist, liest sich hochaktuell. Halten Fakten und Wissenschaft noch Ideologie und gefühlten Wahrheiten stand? Warum ist es so verunsichernd, wenn gesellschaftliche Kategorien wie Geschlecht, Herkunft oder Klasse in Frage stehen? Und vor allem: Wie findet man Sicherheit, wo so vieles heute unsicher scheint? Die großen Fragen von heute treffen dabei auf die großartige Musik Sondheims. Unter der musikalischen Leitung von Michael Ellis Ingram spielt sich die Mecklenburgische Staatskapelle Schwerin durch spritzige Jazz- und Swingnummern ebenso wie durch himmlische Gospels und berührende Balladen.

Großartiges Musical-Ensemble

Auf der Bühne zu sehen ist ein ausgesuchtes Musical-Ensemble, das so in Schwerin zum ersten Mal auf der Bühne steht. Mit Stefanie Dietrich als Bürgermeisterin gelang es, eine der avanciertesten Musicaldarstellerinnen zu gewinnen, die an deutschen Bühnen steppend, tanzend und singend zu finden sind. Als wissenschaftsgläubige Oberschwester Fee Apfel ist Sophia Euskirchen zu erleben. Die junge Musicaldarstellerin hat bereits die Sally Bowles in der legendären „Cabaret“-Inszenierung im Tipi am Kanzleramt gesungen. Einem breiteren Publikum ist sie als tanzendes Peace-Zeichen aus dem deutschen Grand-Prix-Beitrag des vergangenen Jahres bekannt. Omar El-Saeidi, sonst in Film- und Fernseh-Produktionen unterwegs (u. a. „Tatort“, „In aller Freundschaft“, „Das Institut“) gibt zudem als anarchischer Psychiater Dr. Jakub Adam sein Musical-Debüt in Schwerin.

Gemeinsam sorgen sie mit weiteren Solistinnen und Solisten aus dem festen Ensemble, dem Opernchor des Mecklenburgischen Staatstheaters sowie Mitgliedern der Company Ballett X Schwerin für eine spektakuläre Bühnenshow und einen Musicalgenuss, der nicht nur pure Unterhaltung bietet, sondern auch gesellschaftliche Fragen der Gegenwart verhandelt.

Weitere Vorstellungen

• 14. April um 19.30 Uhr, Großes Haus
• 8. Mai um 15.00 Uhr, Großes Haus
• 14. Mai, 26. Mai, 27. Mai, 2. Juni, 3. Juni, 9. Juni, 10. Juni jeweils um 19.30 Uhr, Großes Haus