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Von „Säuberungen“ bis Existenzkampf – Stadtbibliothek blick auf 100jährige Geschichte

Die beliebte Stadtbibliothek in Schwerin kann auf eine 100jährige, bewegte Geschichte zurückblicken. In vielerlei Punkten waren ihre Entwicklungen dabei ein Spiegel der jeweiligen Zeit. Unterm Strich hat sich die Einrichtung

  • Veröffentlicht März 9, 2022
Echtes Lesesaalfeeling in den 1990er Jahren im Perzinasaal. | Quelle: Stadtarchiv Schwerin

Die Schweriner Stadtbibliothek feiert in diesem Jahr ihr 100-jähriges Jubiläum: Als „Volksbücherei“ gegründet präsentiert sich die Stadtbibliothek mit ihren Zweigstellen in Lankow und Neu Zippendorf heute als moderne außerschulische Bildungseinrichtung, die sich auch frühzeitig auf das Online-Zeitalter eingestellt hat.

Die Anfänge der beliebten Einrichtung waren dabei eher bescheiden. Am 29. Januar 1922 eröffnete der Schweriner Volkshochschulverein in der Gewerbeschule in der Grenadierstraße eine „Volksbücherei“. Bei den meisten Büchern handelte es sich um Schenkungen. Der Lesesaal war nur abends für wenige Stunden geöffnet. Die Betreuung erfolgte zudem in den ersten Jahren nur ehrenamtlich.

 

Erste Zeiten eher bescheiden

Dennoch nutzten die Schwerinerinnen und Schweriner die Bücherei rege. Dies war nicht zuletzt auch auf die dort ausliegenden 18 Tageszeitungen und immerhin 80 Zeitschriften zurückzuführen. Schritt für Schritt ging es nun aufwärts. Am 1. September 1924 nahm Elli Dröscher als erste hauptamtliche, ausgebildete Bibliothekarin ihre Arbeit auf. 1925 erfolgte dann ein Umzug in deutlich größere Räume in der Schlachterstraße 7.

 

Wiederholte „Säuberungen“ des Bestandes

1928 übernahm der Rat die Bibliothek in städtische Trägerschaft. 1933 und auch 1945 – 49 kam es allerdings wiederholt zu politisch motivierten „Säuberungen“, die den Buchbestand deutlich reduzierten. Am 1. März 1939 bezog die Stadtbibliothek dann mit ihren 8000 Büchern ein neues Domizil am Marienplatz. Dort erfolgte nun erstmals eine Aufstellung im Freihandsystem, so dass die Bürger selbst an die Regale treten und die sie interessierenden Bücher heraussuchen konnten.

Nach den recht entbehrungsreichen Nachkriegsjahren stieg dann bis 1954 die Zahl der Mitarbeiterinnen auf 12 an. Die Zahl der Bücher wuchs auf 20.500. 1963 zog die Stadtbibliothek um in die Räume der ehemaligen Reichsbank in der Goethestraße 72. 1969 bis 1990 bildete sie zusammen mit der Landesbibliothek die „Wissenschaftlichen Allgemeinbibliothek des Bezirkes Schwerin“.

 

In DDR-Zeiten wuchs Biblitothek

Ein erneuter Umzug dann in den 1980ern: Die Bibliothek verlagerte ihren Sitz 1984 in das Perzinahaus in der Wismarschen Straße 144. In baulicher Hinsicht war das allerdings keine ganz glückliche Entscheidung, denn wie die Jahre zeigen sollten, waren vor allem die Hintergebäude in ihrer Deckentragfähigkeit eher überfordert. Der Saal wurde zudem bis 1990 als Kantine genutzt. Dennoch „mauserte“ sich die Bibliothek zu einem literarischen Treffpunkt der Bevölkerung. Nicht ganz unbeteiligt war sicherlich der Umstand, dass bekannte Schriftstellerinen und Schriftsteller hier häufig Lesungen abhielten.

 

Wende sorgt auch für Bibliothek zu Veränderungen

Die politischen Umbrüche der Jahre 1989/1990 gingen natürlich auch am Schweriner Bibliotheken-Verbund nicht vorbei. Das Land übernahm die Landesbibliothek und die Stadtbibliothek beschränkte ihren Wirkungskreis wieder allein auf das Schweriner Stadtgebiet. Als Kultureinrichtung in einer von ständigen Finanzsorgen geplagten Kommune waren die folgenden Jahrzehnte nicht leicht. Immer wieder kam es zu Mittelkürzungen. Auch eine Schließung zumindest der Zweigstellen in Lankow und Neu Zippendorf war dabei in der Diskussion. Hinzu kam die Klarheit, dass die Räume in der Wismarschen Straße aus statischen Gründen nicht weiter nutzbar waren. So suchte die Stadt nach einer Standortalternative. Von einem Neubau bis hin zu einem Umzug in einstige C&A-Kaufhaus (heute Kaufhaus STOLZ) kamen viele Ideen auf den Tisch – und verschwanden wieder.

 

Existenz- und Standortfrage dominierte bis ins neue Jahrtausend

Dass es der Bibliothek gelang, sich zu behaupten und 2013 am Klöresgang 3 auch einen neuen geeigneten und zentral gelegenen Standort zu finden, ist durchaus als ein Erfolg zu betrachten. „In den Schweriner Höfen, wo sich Einkaufen, Dienstleistungen, Wohnen und Kultur unter einem Dach verbinden, präsentiert sich heute eine moderne Stadtbibliothek. Sie ist ein Ort der Mediennutzung und zeitgemäßen Medienvielfalt mit 110.000 Medien aller Wissensgebiete und Zugang zum landesweiten Onleihe-Verbund mit allein 94.000 Medien. Und sie bietet natürlich auch viel Raum für Begegnungen mit zahlreichen Veranstaltungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, auch wenn es hier im Zuge der Corona-Pandemie zahlreiche Einschränkungen gab“, wie die jetzige Leiterin der Stadtbibliothek Grit Wilke berichtet. Natürlich soll auch das 100-jährige Gründungsjubiläum in diesem Jahr gebührend gefeiert werden.

Geplant sind dabei u. a. Lesungen, Workshops für Kinder, Bastelaktionen mit dem Freundeskreis, Vorleseaktionen, einem Comic- und einem Digital-Tag. Das Programm dazu wird laufend auf der Internetseite der Stadtbibliothek www.stadtbibliothek-schwerin.de erweitert.

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Redaktion

der digitalen Tageszeitung Schwerin-Lokal. Kontakt: redaktion@schwerin-lokal.de

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