Schwerin: „Kann der Oberbürgermeister nicht helfen?“ – Mieter sitzen in Wohnungen fest
Erinnern wir uns kurz zurück: Bereits Ende Januar mussten wir von bedrohlichen Zuständen in Mehrfamilienhäusern der Spree Zweite Beteiligung Ost GmbH berichten. Seinerzeit hatte eben diese Gesellschaft, damals noch vertreten
Erinnern wir uns kurz zurück: Bereits Ende Januar mussten wir von bedrohlichen Zuständen in Mehrfamilienhäusern der Spree Zweite Beteiligung Ost GmbH berichten. Seinerzeit hatte eben diese Gesellschaft, damals noch vertreten durch eine Hausverwaltung namens GEWINO, so lange die Verpflichtungen gegenüber den Stadtwerken Schwerin nicht beglichen, bis diesen nichts anderes übrig blieb, als den Mieterinnen und Mietern in zahlreichen Wohnblöcken die Abstellung von Heizung und Warmwasser anzukündigen. Mitten im Winter. Ein berechtigter Aufschrei ging durch die Reihen der Betroffenen. Dann die Kehrtwende. Der damals für Pressearbeit zuständige Lutz Ackermann kündigte im Namen der neuen Hausverwaltung DIM – Deutsche Immobilien Management GmbH eine umgehende Begleichung der offenen Gelder an. Damit war das Problem offenbar gelöst.
Im Januar beinahe keine Heizung – jetzt sind Fahrstuhl und Klingelanlage defekt
Dass schon damals mit der DIM eine neue Hausverwaltung angekündigt war, ließ so manchen hoffen. Vor allem, da die Gesellschaft mit einer Hochglanz-Website und diversen Standorten in ganz Deutschland vermeintlich viel professioneller daherkam. Wir sprachen seinerzeit auch mit einer neuen verantwortlichen Mitarbeiterin. Diese erklärte, man habe die Verwaltung noch nicht übernommen, und es seien noch keinerlei Unterlagen vor Ort. Zum Ende des zuerst freundlichen Gespräches drohte sie dann allerdings unvermittelt gegenüber unserem Redakteur mit rechtlichen Schritten, sollte „etwas Falsches“ veröffentlicht werden.
Allein dies ließ uns damals schon aufhorchen. Auch der Umstand, nur Tage vor der Übernahme eines Verwaltungsmandats für die Objekte Ziolkowskistraße 27-34, Ziolkowskistraße 37, Ziolkowskistraße 72-79, Marie-Curie-Straße 3-4a und Marie-Curie-Straße 5-5c noch keine Unterlagen zu haben war verwunderlich. Dies sei, so versicherte uns ein Branchenkenner, ebenso ungewöhnlich wie unwahrscheinlich. Die Befürchtung, dass die Mieter im schlimmsten Fall vom Regen in die Traufe kommen könnten, lag zumindest in der Luft.
Im Fünfgeschosser leben mehrere Menschen mit Rollator oder Rollstuhl
Und inzwischen hat sich diese auch schon länger bestätigt. Denn geschehen ist praktisch nichts. Aufgebrochene, nicht reparierte Kelle, nicht bearbeitete Mängelanzeigen, verschmutzte und beschmierte Treppenhäuser, defekte Briefkästen, kaputte Scheiben – die Liste der Mängel ist allein im Haus Ziolkowskistraße 37 eher länger als kürzer geworden. Und nun funktioniert dort seit dem 24. Juni, also inzwischen seit über 14 Tagen, auch der Fahrstuhl nicht mehr. Im Objekt aber leben zahlreiche ältere und hoch betagte Mieter. Einige von ihnen haben inzwischen Probleme mit dem Laufen, so dass sie auf Rollator oder gar Rollstuhl angewiesen sind. Ohne Fahrstuhl kommen sie maximal bis auf ihren Etagenflur. Nicht aber aus dem Haus. Aber auch für viele Personen, die derzeit keine Gehhilfen benötigen, ist der Weg im Zweifel aus dem 4. oder 5. Stockwerk alles andere als erheiternd.
Damit ist nicht wenigen Mietern der Weg zum Arzt oder zum Einkauf aktuell durch die Nicht-Reparatur faktisch versperrt. Einige Mieter stecken mehr oder weniger in den Wohnungen fest. Nun kam es sogar noch schlimmer. Statt eines reparierten Aufzugs trumpft das Objekt seit etwa einer Woche nun auch noch mit einer defekten Klingelanlage auf. Damit ist es jetzt von außen praktisch unmöglich, die Mieter zu erreichen. Wenn beispielsweise ein Einkaufsdienst helfen wollen würde, käme er gar nicht so einfach an sie heran. Selbst ein Anruf hilft dann nicht, da die Mieter die Tür nicht von der Wohnung aus öffnen können. Und wie gesagt – nach unten kommen viele nicht. Langsam stellt sich bei einigen eine Frage, die wir schon beim Heizungsausfall im Januar hörten: Will man das Haus eventuell leerziehen, oder sich zumindest einiger Mieter entledigen, und setzt dafür die Gesundheit einiger durchaus wissentlich aufs Spiel?
Hausverwaltung will nach eigener Aussage wiederholt auf Reparatur gedrängt haben
Das würde die DIM als Hausverwalterin vermutlich so nicht unterschreiben. Denn dort angefragt, erhielten wir am Donnerstag die schriftliche Information, die Beauftragung zur Mängelbeseitigung am Aufzug sei „unmittelbar nach Bekanntwerden des Defekts“ an die zuständige Wartungsfirma erfolgt. „Wir stehen hierzu täglich mit der Wartungsfirma in Kontakt, heute bereits auch wieder und haben erneut die Dringlichkeit betont. Es soll nun noch in dieser Woche eine Reparatur erfolgen“. Von der defekten Klingelanlage habe man erst am vergangenen Mittwoch in einem Mietergespräch erfahren. „Eine Mängelbeseitigung ist natürlich nur möglich, wenn wir darüber Kenntnis haben. Die haben wir nun und werden uns auch um diese Beauftragung schnellstmöglich bemühen“.
„Hier kommt schon kein Handwerker mehr ins Haus“
Folgt man dieser Darstellung der DIM, läge dort also kein Fehler. Aber ist dem wirklich so, oder spielt man bei der Verwaltung auf Zeit und den Ball einfach an einen Dritten weiter? Zumindest kann man schon jetzt sagen, dass die Reparatur bis zum gestrigen Freitagnachmittag – und da endet die Woche auch für Wartungsfirmen in der Regel – nicht erfolgt ist. Hört man im Haus genauer hin, kommen einem auch schnell Zweifel and er Aussage der DIM. So sollen nach Auskunft von Michaela Müller (Name geändert), Mieterin in der Ziolkowskistraße 37, schon gar keine Handwerksunternehmen mehr ins Haus kommen, da frühere Rechnungen nicht beglichen worden seien. „Miete dürfen wir bezahlen, aber getan wird praktisch nichts“. Aussagen, die wir schon Anfang des Jahres aus den anderen Schweriner Objekten der Spree Zweite Beteiligung Ost GmbH hörten. War der Wechsel der Hausverwaltung von der GEWINO zur DIM also letztendlich nur eine Art „Fassadenaufhübschung“ – eben eine Übergabe an eine Verwaltung mit Hochglanzwebsite – hinter den Kulissen läuft alles aber weiter so unzuverlässig und fragwürdig wie zuvor? Den Anschein zumindest hat es.
Mieterin: Aufzugsfirma hat gar keinen Reparaturauftrag
Martina Lehmann (Name geändert), ebenfalls Mieterin im Objekt, zumindest vermutet es auch. Denn sie hat sich inzwischen mehrfach an die Aufzugsfirma gewandt. Und was sie dabei erfuhr, lässt die Aussagen der DIM in einem durchaus zweifelhaften Licht erscheinen. Bei der Aufzugsfirma hieß es nämlich: „Wir würden sofort kommen und Ihnen helfen. Bei uns liegt aber bis heute kein Auftrag vor“. Diese Aussage stammt vom selben Tag, an dem die DIM uns gegenüber behauptete, man habe schon wiederholt die Ausführung der Reparatur angemahnt und am Freitag solle der Fahrstuhl wieder funktionieren. Genau das tat er nicht.
„Kann der Oberbürgermeister uns nicht helfen?“
Frau Lehmann ist verzweifelt. „Ich bin doch nicht mehr die Jüngste, und muss mich jetzt irgendwie die Treppen herunter quälen“. Andere im Haus trifft es noch schlimmer. Sie können keine Treppen mehr laufen, und sind faktisch an die Wohnung gefesselt. Frau Lehman spricht erneut aus, was wir schon mehrfach hörten: „Ob die uns hier raushaben wollen“? Man merkt ihr die Verzweiflung an. „Die Ecke hier, so direkt am Grünen, ist wirklich sehr schön. Vielleicht wollen die ja abreißen und neu bauen. Aber dann doch nicht so. Dann sollen sie es sagen. Aber so geht man doch nicht mit Menschen um. Kann der Oberbürgermeister uns nicht vielleicht helfen?“, richtet sie ihren sorgevollen Ruf in Richtung Stadthaus.
„Faul ist da auf jeden Fall etwas!“
„So kann man mit uns doch nicht umgehen“, sagt auch Frau Schulze. „Faul ist da auf jeden Fall etwas.“ Die 80-jährige ist nicht minder verzweifelt. Sie hat einen Rollator – und könnte eigentlich die Treppen gar nicht mehr laufen. „Aber was bleibt mir übrig?“ Sie quält sich also, wenn es nicht anders geht, hinunter. „Hier wohnen sieben oder acht Leute mit Rollator, und ich glaube zwei sitzen noch in einem Rollstuhl. Das kann doch nicht deren Ernst sein, was die hier mit uns machen.“ Bis heute hätten die Mieter keine Information, was nun mit den Fahrstühlen und der Klingelanlage sei. „Außer diesem komischen Zettel auf dem steht, dass der Aufzug außer Betrieb ist, kam nichts. Nicht zum Aufzug und nicht zur Klingelanlage.“ Dass diese nun auch noch defekt ist, macht ihr besondere Sorgen. „Stellen Sie sich mal vor, ich bekomme einen Herzinfarkt und komme noch gerade so an meinen Notknopf. Ich kann doch dann nicht noch die Treppen runtergehen, um dem Arzt aufzumachen. In so einem Moment sind wir hier komplett aufgeschmissen.“
Egal wie – Mieter brauchen Hilfe!
An wem es letzten Endes hängt, das ist ziemlich offensichtlich. Die Hauptverantwortung trägt die Eigentümergesellschaft für ihre Objekte. Sie hat ihrerseits die DIM als Verwalterin beauftragt. Für beide scheint das Mieterwohl allerdings nicht im Vordergrund zu stehen. Und da die DIM nicht die erste Verwaltung ist, die so agiert, fällt das Licht wieder auf die Spree Zweite Beteiligung Ost GmbH und deren Inhaber Josef Schrattbauer. Den Österreicher mal bei google einzugeben – das lohnt… Aber damit ist jetzt den Mietern nicht geholfen. Es bleibt vielleicht nur politischer und auch gesellschaftlicher Druck – so stark wie möglich. Denn niemand sollte sich damit abfinden, dass hier in Schwerin Menschen hilflos in ihren Wohnungen festsitzen und der Willkür einer Deutschen Immobilien Management und deren Auftraggeber ausgesetzt sind.