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Staatsgeheimnis Corona-Test?

Bereits zu Beginn vergangener Woche thematisierte schwerin-lokal in einem Artikel eine Art „Vertrauensfrage“ thematisiert, die viele Menschen in dieser Zeit hinsichtlich der Corona-Maßnahmen und der mit diesen verbundenen Begründungen bewegt.

  • Veröffentlicht März 2, 2022
An den Schulen im Land kommen regelmäßig Schnelltests zum Einsatz. | Foto: Alexandra Koch

Bereits zu Beginn vergangener Woche thematisierte schwerin-lokal in einem Artikel eine Art „Vertrauensfrage“ thematisiert, die viele Menschen in dieser Zeit hinsichtlich der Corona-Maßnahmen und der mit diesen verbundenen Begründungen bewegt. Speziell richtete sich dabei der Blick auf die Schulen im Land. Für diese hatte Bildungsministerin Simone Oldenburg bereits einen recht termingenauen Öffnungsplan bekannt gegeben – beziehungsweise eine termingenaue Rücknahme von derzeit noch geltenden Maßnahmen. Und das zu einem Zeitpunkt, an dem kaum verlässliche Zahlen über das aktuelle Infektionsgeschehen in den Gruppen der Schülerinnen und Schüler vorlagen. Denn die bis zu den Ferien regelmäßig stattgefundenen Testungen in den schulischen Einrichtungen waren ferienbedingt 14 Tage ausgefallen. Es war und ist also vorhersehbar, dass das zahlenmäßig erfasste Infektionsgeschehen im gesamten Land, speziell in der betreffenden Gruppe, nun wieder an Fahrt gewinnt. Dass sich auch in dieser Woche erneut ein Wochenhöchstwert bei den Neuinfektionen in MV abzeichnet, lässt durchaus entsprechende Entwicklungen erahnen.

 

Coronapolitik leidet unter Vertrauensverlust

So wünschenswert eine Entlastung der Schülerinnen und Schüler wie auch der Lehrkräfte im Schulalltag ist, so wenig nachvollziehbar erscheinen termingenaue Ankündigungen zu Zeiten, in denen weder das aktuelle Infektionsgeschehen wirklich bekannt ist, noch ein daraus ableitbarer Trend erkennbar sein kann. Aber letzten Endes reiht sich dieses Vorgehen in einen längst stattfindenden Vertrauensverlust in das Vorgehen der Landesregierung gerade auch in Bezug auf die Coronapolitik in den Schulen des Landes ein. Was viele nur hinter vorgehaltener Hand sagten, hatte Rostocks Sozialsenator Steffen Bockhahn (Linke) vor den Winterferien laut ausgesprochen. Er warf der Landesregierung eine gezielte Durchseuchung der Kinder und Jugendlichen im Land vor.

 

Frage nach eingesetzten Tests wochenlang ohne Antwort

Vor diesem Hintergrund müsste es eigentlich klare Politik des zuständigen Ministeriums sein, wieder Vertrauen in das eigene Handeln zurück zu gewinnen. Noch allerdings scheint das nicht die oberste Priorität zu haben. Zumindest lässt eine Erfahrung des Schweriner Stadtvertreters Stephan Martini (ASK) nicht unbedingt darauf schließen. Dieser hatte bereits im Dezember vergangenen Jahres, als klar war, die Omikron Welle würde unausweichlich auch auf MV zukommen, eine Anfrage an die Stadt Schwerin und das Bildungsministerium gestellt. Konkret wollte er wissen, welche Corona-Schnelltest in den Schulen in Schwerin zum Einsatz kommen. Hintergrund war die seinerzeit bekannt gewordene Situation, dass es verschiedene Produkte auf dem Markt gab, die eher schlechter bis gar nicht Infektionen mit Omikron erkennen könnten. Aber auch in Bezug auf die zu diesem Zeitpunkt noch dominierende Delta-Variante gab es sehr unterschiedliche „Trefferquoten“ der verschiedenen Tests.

 

Ministerium machte Staatsgeheimnis aus dem Thema

Von der Verwaltung der Landeshauptstadt erhielt Martini sodann nach eigenen Angaben den Hinweis, der Oberbürgermeister würde sich für eine Beantwortung der Frage an das Bildungsministerium wenden. „Bis Mitte Februar habe ich mehrfach bei der Stadtverwaltung nachgefragt, ob es eine Reaktion von Seiten des Bildungsministeriums gäbe. Jedes Mal wurde verneint, bis mir dann […] nahegelegt wurde, selbst beim Bildungsministerium anzufragen“, so Martini. Dies tat er, und erhielt von Seiten des Landesministeriums die allgemeine Antwort, die Tests entsprächen den in der Liste des Paul-Ehrlich-Instituts festgesetzten Normen. Eine Nachfrage zu konkreten Testnamen und deren Sensibilität führte dann zu einer wenig vertrauensbildenden Antwort: „…wir veröffentlichen grundsätzlich nicht die Firmennamen der verwendeten Tests.“

 

Die aktuell an den Schulen in MV zum Einsatz kommenden Tests. | Screenshot Website Bildungsministerium

 

Auf Nachfragen lenkt Ministerium ein

Kurzum: Das Ministerium machte aus den Tests, mit denen die Schülerinnen und Schülern in Schwerin regelmäßig getestet werden, ein Staatsgeheimnis. Eine Recherche Martinis ergab allerdings, dass das Ministerium zu einem früheren Zeitpunkt durchaus Testnamen veröffentlicht hatte. Zu finden waren diese noch zu Wochenbeginn auf der Ministeriumsseite. Darauf durch den Fragesteller aber auch Medienvertreter angesprochen, lenkte das Ministerium ein: „Auf unserer Website bislang veröffentlichten Tests waren die Tests, die zu Beginn der Pandemie an Schulen im Einsatz waren. Diese Auflistung haben wir nun aktualisiert„, so eine Ministeriumssprecherin gegenüber unserer Redaktion. Es gab also durchaus Namensnennungen, und es gibt sie nun auch wieder.

 

Alle Tests auf Liste des Paul-Ehrlich-Instituts

Tatsächlich, so zeigt sich, finden sich alle zum Einsatz kommenden Tests auf der entsprechenden Liste des Paul-Ehrlich-Instituts wieder. Martini kritisierte nach Bekanntwerden der Namen allerdings, die unterschiedliche – teilweise in seinen Augen zu niedrige – Sensibilität der Tests. Und sicherlich lässt sich über den einen oder anderen streiten, und die Frage stellen, weshalb dieser und kein anderer. „Hätte doch durch vorherige Prüfung der Sensibilität und gezielte Bestellung von ausschließlich gut abschneidenden Tests – auch zu Delta Zeiten – Ansteckungen und Erkrankungen vermieden werden können. Wer weiß wie viele Ansteckungen und Erkrankungen auf die schlechten Tests zurückzuführen sind.“

Klar aber ist, es sind entsprechend geprüfte Tests, und das sollte die Hauptbotschaft an die Eltern wie auch Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte sein. Und dies sich zweifelsfrei stellende Frage ist, warum erst ein Geheimnis um die Testnamen gemacht wurde. Vertrauensbildend war und ist dies nicht.

 

 

 

Written By
Stephan Haring

Stephan Haring ist freier Mitarbeiter unserer digitalen Tageszeitung. Er hat ein Bachelor-Studium der Kommunikationswissenschaften an der Universität Erfurt mit den Nebenfächern Sozialwissenschaften & Politik absolviert. Im Nachhinein arbeitete er in leitenden Funktionen der Presse- & Öffentlichkeitsarbeit, im Leitungsbereich eines Unternehmens sowie als Rektor einer privat geführten Hochschule. Zudem entwickelte, organisierte und realisierte er mit der durch ihn entwickelten LOOK ein Fashionevent in Schwerin. Heute arbeitet er freiberuflich als Texter, Pressesprecher und Textkorrektor sowie als Berater in verschiedenen Projekten. In einem Schweriner Ortsbeirat ist er zudem ehrenamtlich als Vorsitzender kommunalpolitisch aktiv.

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