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Schwerin: Zu viel Ruhe um den Fernsehturm?!

Selb­st mach engagiertem Befür­worter ein­er Wieder­eröff­nung des Fernse­hturms in Schw­erin dürfte eine zur Erre­ichung des Ziels wichtige Nachricht beina­he ent­gan­gen sein. Denn lediglich wenige Zeilen in der SVZ wiesen Ende

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  • Veröffentlicht August 20, 2020
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Daniel Mes­lien, Vor­sitzen­der des Auss­chuss­es Wirtschaft und Touris­mus in Schw­erin, fordert Bewe­gung in Sachen Fernse­hturm. | Foto: schw­erin-lokal

Selb­st mach engagiertem Befür­worter ein­er Wieder­eröff­nung des Fernse­hturms in Schw­erin dürfte eine zur Erre­ichung des Ziels wichtige Nachricht beina­he ent­gan­gen sein. Denn lediglich wenige Zeilen in der SVZ wiesen Ende Juli auf einen wichti­gen Schritt auf dem steini­gen Weg hin: Der Fernse­hturm Schw­erin ist ein „Kul­tur­denkmal von nationaler Bedeu­tung”. Damit ist der Weg für Bun­desmit­tel, die für die Sanierung angedacht sind, weitest­ge­hend offen.

 

Der Fernse­hturm Schw­erin ist seit Kurzem Kul­tur­denkmal. | Foto: schw­erin-lokal

Denkmalstatus für den Fernsehturm seit Ende Juni

Bekan­nt wurde diese Nachricht eher durch Zufall am Rande eines Tre­f­fens zwis­chen Schw­erins Ober­bürg­er­meis­ter Dr. Rico Baden­schi­er und dem Geschäfts­führer der DFMG Deutsche Funk­turm GmbH, Dr. Bruno Jacob Feuer­born. In diesem allerd­ings ging es eigentlich gar nicht um das Bauw­erk, das Dr. Baden­schi­er im ver­gan­genen Jahr offiziell zur Chef­sache erk­lärt hat­te. Vielmehr sprachen bei­de über eine Koop­er­a­tion beim Aus­bau des Mobil­funknet­zes in Schw­erin in Rich­tung 5G.

 

Landesamt: Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung

Anson­sten gab es von Seit­en der Stadtver­wal­tung bis­lang kein­er­lei öffentlich Ver­laut­barung zu der Entschei­dung des Lan­desamts für Kul­tur und Denkmalpflege Meck­len­burg-Vor­pom­mern. In einem Schreiben der dor­ti­gen Lan­deskon­ser­va­torin Dr. Ramona Dorn­busch vom 25. Juni dieses Jahres, das unser­er Redak­tion vor­liegt, kommt die Behörde zu der für die Aktivierung bere­it­ste­hen­der Bun­desmit­tel wichti­gen Entschei­dung. Voraus­ge­gan­gen war, wie wir aus gut informierten Quellen erfuhren, allerd­ings ein erster gescheit­ert­er Anlauf der Stadt Schw­erin, den Fernse­hturm zum Bau­denkmal erk­lären zu lassen.

 

„Als ein früh entstandenes technisches Bauwerk dieser Gattung mit einem außergewöhnlich hohen sozialgeschichtlichen Identitätspotenzial ist der Schweriner Fernsehturm ein Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung.
(Dr. Ramona Dornbusch, Landeskonservatorin)

 

Nach diesem kleinen Rückschlag ent­stand unter Fed­er­führung des Dez­er­nen­ten Andreas Ruhl ein mehr­seit­iges Konzept, das das Bauw­erk eher aus sozialgeschichtlich­er, mit Iden­ti­fika­tion ver­bun­den­er Per­spek­tive betra­chtet. Dieser Ansatz überzeugte offen­bar. Zwar weist die Darstel­lung der Lan­deskon­ser­va­torin auch auf architek­tonis­che Beson­der­heit­en des Turms hin. So ist er im Quer­schnitt nicht rund, son­dern hat die Form eines  Reuleaux-Dreiecks. Maßge­blich aber für die Ein­stu­fung als Denkmal waren andere Fak­toren. So nimmt der Turm „eine beispiel­hafte und her­aus­ge­hobene Stel­lung für die Sozialgeschichte in Deutsch­land ein.”

 

Im Fernse­hturm Schw­erin gibt es kein Ange­bot mehr. Er ist geschlossen. | Foto: schw­erin-lokal

Auf erste Feierlaune folgte etwas Ernüchterung

Für manch einen mag let­ztlich der Hin­ter­grund des Ganzen fast egal sein. Entschei­dend ist für die Befür­worter der Wieder­eröff­nung mith­il­fe öffentlich­er Gelder ver­mut­lich eher der Fakt, dass der Fernse­hturm nun ein Denkmal ist. Denn bere­its im Novem­ber 2019 hat­te man in Schw­erin die Korken knallen lassen. Unter anderem auch mit Unter­stützung der Bun­destagsab­ge­ord­neten Diet­rich Mon­stadt (CDU) und Frank Junge (SPD) war es gelun­gen, 500.000 Euro Bun­desmit­tel für die ener­getis­che Sanierung zu akquiri­eren. Zu diesem Zeit­punkt sprachen die meis­ten wohl nur davon, dass nun noch die selbe Summe aus dem Stadthaushalt kom­men müsste. Schwierig wurde es allerd­ings, als klar wurde, dass vom pri­vat­en Eigen­tümer des Turms, der DFMG nicht viel zu erwarten war. Dort betrachtet(e) man den Turm eigentlich nur aus tech­nis­ch­er Per­spek­tive. Damit bleibt eine poli­tis­che Frage: Will und soll die Stadt Schw­erin tat­säch­lich eine halbe Mil­lion Euro städtis­ch­er Mit­tel in das pri­vate Objekt ein­er Telekom-Tochter investieren? Und irgend­wie ste­ht auch die Frage im Raum, weshalb es so ruhig war um die doch pos­i­tive Botschaft der Lan­deskon­ser­va­torin.

 

Daniel Mes­lien, engagiert­er SPD-Stadtvertreter in Schw­erin | Foto: SPD Schw­erin

Ausschussvorsitzender erinnert an Stadtvertreterbeschluss

Zumin­d­est sind bei­de Fra­gen noch offen. Denn in den Nach­tragshaushalt 2020 gelang es noch nicht, die finanziellen Mit­tel einzustellen. Daher ste­ht die The­matik nun im Rah­men des aktuell disku­tierten Dop­pel­haushalts 2021/22 erneut auf der Agen­da. Und da gewin­nt sie nun zusät­zlich an Brisanz. Denn SPD-Stadtvertreter Daniel Mes­lien, auch Vor­sitzen­der des Wirtschafts- und Touris­musauss­chuss­es, und ein großer Ver­fechter eines öffentlich zugänglichen Fernse­hturms, erin­nert an einen Stadtvertreterbeschluss aus dem ver­gan­genen Mai. In diesem wurde der Ober­bürg­er­meis­ter aufge­fordert wird, „im Ergeb­nis ein­er öffentlichen Auss­chrei­bung bis zur Mitte des Jahres Konzeptvorschläge für die Nutzung des Fernse­hturms zu unter­bre­it­en.” Diese sollen über eine auss­chließliche Gas­tronomienutzung hin­aus­ge­hen. Zudem galt es, das Stadt­teil­man­age­ment eben­so wie inter­essierte Bürg­er zu beteili­gen.

 

Dr. Rico Baden­schi­er hätte an sich längst die Auss­chrei­bung starten müssen. | Foto: SIS/Christoph Müller

Beschluss gab Zeitplan vor, OB plant offenbar anders

„Keine Frage, der zeitliche Hor­i­zont war extrem eng, da der Antrag eigentlich im März zur Beratung stand. Durch den Lock­down ver­schob sich die Entschei­dung in den Mai. Aber selb­st wenn man diese zwei Monate auf­schlägt, muss die Frage erlaubt sein, weshalb in diesem Punkt bis­lang nichts passiert ist.” Und wer Daniel Mes­lien (SPD) ken­nt weiß, dass er diese Frage nicht ohne Hin­ter­grund stellt. Die Prob­lematik im Blick hat­te er sich kür­zlich an die Ver­wal­tung gewandt und nach dem Sach­stand gefragt. „Dort erfuhr ich, dass wohl aus Bonn noch ein let­ztes Okay fehlt, bevor die Bun­desmit­tel abschließend fließen kön­nen. Solange will die Ver­wal­tung trotz des Stadtvertreterbeschlusses abwarten.”

Dass diese Antwort den Vor­sitzen­den des Auss­chuss­es für Wirtschaft und Touris­mus nicht zufrieden­stellte, dürfte nicht ver­wun­dern. Denn für Mes­lien, der sich schon seit Jahren konkret auch auch für den Dreesch, das Mueßer Holz und Neu Zip­pen­dorf stark macht, ist ein öffentlich zugänglich­er Fernse­hturm aus viel­er­lei Hin­sicht wichtig. So muss er „Bestandteil eines bun­ten Blu­men­straußes sein, den wir den Touris­ten anbi­eten, die in unsere Stadt kom­men. Damit sie eben nicht nur ein paar Stun­den bleiben.” Und Mes­lien wäre nicht der seit Mitte der 1990er Jahre so engagierte Sozialdemokrat, wenn er nicht auch noch eine zweite Kom­po­nente sehen würde. „Wir hat­ten lei­der viel zu oft neg­a­tive The­men in der öffentlichen Diskus­sion, wenn es um den Dreesch, das Mueßer Holz und Neu Zip­pen­dorf ging. Da wäre zumin­d­est eine wieder öffentlich zugängliche Aus­sicht­splat­tform ein ganz wichtiges pos­i­tives Sig­nal für die Men­schen. Unser Ansatz muss doch sein, dort für die Stadt und die Men­schen aktiv zu sein. Warten bringt keine Bewe­gung”, so Mes­lien.

 

Selb­st die Innenein­rich­tung erin­nert noch an ver­gan­gene Zeit­en. | Foto: schw­erin-lokal

Interessenten brauchen Zeit für objektspezifische Konzeptentwicklungen

Für ihn ste­ht das Nich­tagieren der Ver­wal­tung dabei auch im Wider­spruch zum Mehrheits­beschluss der Stadtvertre­tung. „Das ist für mich als Stadtvertreter schon extrem schwierig. Aber vor allem ver­lieren wir in der Sache wichtige Zeit. Und das kön­nen wir uns nicht leis­ten! Selb­st die kreativsten Inter­essen­ten wer­den mehr Zeit als bei klas­sis­chen Gewer­beob­jek­ten benöti­gen, um tragfähige Konzepte zu entwick­eln und einzure­ichen. Es han­delt sich bei unserem Fernse­hturm schließlich um die Son­der­im­mo­bilie schlechthin in Schw­erin”, so Mes­lien. Natür­lich ist ihm bewusst, dass es noch einige Unwäg­barkeit­en gibt, bevor wirk­lich Klarheit herrscht und Verträge geschlossen wer­den kön­nten. „Aber soweit sind wir ohne­hin noch lange nicht. Und diese Punk­te lassen sich doch in ein­er Auss­chrei­bung offen kom­mu­nizieren. Erst ein­mal geht es um diese von der Stadtvertre­tung beschlossene beschlossene Auss­chrei­bung. Damit wir dann Konzepte auf dem Tisch haben. Hier haben wir die Ver­wal­tung inhaltlich wie zeitlich in die Pflicht genom­men zu han­deln.”

Eine der Unwäg­barkeit­en, die Mes­lien hier anspricht, ist eben die weit­er offene Finanzierungs­frage. Hier lag seine Hoff­nung aber auch auf dem Prozess und dem Ergeb­nis der Auss­chrei­bung. „Es fällt bes­timmt dem einen oder anderen leichter, mit uns für die 500.000 Euro zu stim­men, wenn inter­es­sante Konzepte auf dem Tisch liegen. Diese Chance aber geht ger­ade ver­loren”, so Mes­lien.

 

Mit der Eigentümerin ist offenbar ein anderer Fahrplan besprochen

Und wir fra­gen uns, wie es ger­ade jet­zt manchem Kom­mu­nalpoli­tik­er gefall­en wird, dass die Ver­wal­tungsspitze einen Stadtvertreterbeschluss in einem zen­tralen Punkt wissentlich nicht beschlussge­treu umset­zt? Dass die Stadt­spitze dies let­ztlich schein­bar gar nicht plant, darauf deutet die Antwort der Deutschen Funk­turm GmbH auf eine Anfrage unser­er Redak­tion hin. Darin heißt es: „Wir haben uns mit der Stadt und dem Bund auf die Rah­menbe­din­gun­gen für die Förderung ein­er Wieder­eröff­nung des Schw­er­iner Fernse­hturms ver­ständigt, die ein Betreiber­mod­ell vorse­hen. Dem entsprechend laufen plan­mäßig die Vor­bere­itun­gen für die Finanzierungsvere­in­barung und als anschließen­den Schritt die Auss­chrei­bung für den neuen Betreiber”. Dem­nach ist man dur­chaus wissentlich und wil­lentlich noch ein gutes Stück von ein­er Auss­chrei­bung ent­fer­nt. Ein­er Auss­chrei­bung, die der Ober­bürg­er­meis­ter laut Mehrheits­beschluss der Stadtvertre­tung längst hätte durch­führen oder zumin­d­est starten müssen.

 

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