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Kindertagespflege appelliert an Stadtvertretung, OB Badenschier zum Handeln zu beauftragen

Mit einem eindringlichen Appell wendet sich in diesen Tagen der Landesverband Kindertagespflege MV an die Stadtverwaltung und die Kommunalpolitik. Auch weiterhin erhielten Personen in der Kindertagespflege von der Landeshauptstadt nicht

  • Veröffentlicht Juni 25, 2022
Fall­en Kindertage­spflege-Ange­bote weg, geht vor allem auch die Kindern etwas ver­loren. | Foto: Alexan­der Vollmer

Mit einem ein­dringlichen Appell wen­det sich in diesen Tagen der Lan­desver­band der Kindertage­spflege Meck­len­burg-Vor­pom­mern an die Stadt Schw­erin und konkret an Ober­bürg­er­meis­ter Rico Baden­schi­er. Die aktuellen Preisen­twick­lun­gen in nahezu allen Bere­ichen des Lebens scheinen der let­zte Tropfen in ein ohne­hin schon volles Fass zu sein, das nun überzu­laufen scheint. Denn schon wieder­holt hat­ten Kindertage­spflege-Per­so­n­en aus Schw­erin eine leis­tun­sgerechte, faier und dem Gesetz entsprechende Bezahlung gefordert. Forderun­gen, die in den zuständi­gen Eta­gen des Stadthaus­es ein­schließlich OB-Büro let­ztlich ver­hal­ten.

 

Es kommt nicht mal das Geld, das den Betroffenen per Gesetz zusteht

Die aktuell hohe Infla­tion führe aktuell dazu, dass ein­er­seits die „die ohne­hin viel zu gerin­gen Geldleis­tun­gen, die die Frauen von der Stadt derzeit bekom­men”, entwertet wür­den, so Cindy Mater­na, stel­lvertre­tende Lan­desvor­sitzende des Lan­desver­ban­des Kindertage­spflege Meck­len­burg-Vor­pom­mern. Zusät­zlich ste­he für die Kindertage­spflegeper­so­n­en die Prob­lematik zu erwartender Heizungsnachzahlun­gen für den ver­gan­genen Win­ter 2021 an. Daraus fol­gerten dann entsprechend deut­liche Erhöhun­gen der Abschlagszahlun­gen. Da auch nahezu alle anderen Kosten steigen, brauchen die Schw­er­iner Kindertage­spflegeper­so­n­en drin­gend mehr Geld von der Stadt Schw­erin. Geld, das ihnen, so Cindy Mater­na, von Geset­zes­seite aus auch zustünde.

 

Verwaltung vertröstet bislang nur

Aus der Ver­wal­tung kämen bis­lang aber nur Ver­weise auf den neuen Dop­pel­haushalt 2023/24. Auch fehlen­des Geld im laufend­en Haushalt 2022 werde gel­tend gemacht, nach­dem richtiger­weise Erhöhun­gen der Vergü­tun­gen ab 1. Juli 2022 beantragt wur­den. Zudem heißt ein Ver­weis auf den zukün­fti­gen Haushalt auch nicht, dass alle Prob­leme dann gelöst sein dürften. Betra­chtet man die bish­er schon sture Hal­tung des Stad­to­ber­haupts und sein­er Ver­wal­tung aber auch von Teilend es Jugend­hil­feauss­chuss­es, ist kaum davon auszuge­hen, dass der neue Haushalt, der weit­er­hin Baden­schiers Entschul­dungskurs als ober­stes Ziel sieht, tat­säch­lich aus­re­ichend Geld im Sinne der Erfordernisse und der geset­zlichen Vor­gaben enthält. „Das wirkt irgend­wie wie ein Zeit­spiel der Ver­wal­tung und hat einen faden Beigeschmack. Obwohl jet­zt aktives Krisen­man­age­ment und Unter­stützung der Kol­legin­nen notwendig, fair und rechtlich per Gesetz ange­sagt wären”, so Ciny Mater­na.

 

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Die Betrof­fe­nen bräucht­en jet­zt Lösun­gen und nicht Beschwich­ti­gun­gen mit unklarem Aus­gang. Lösun­gen, die let­ztlich, so Mater­na, auch im Inter­esse der Eltern seien, die einen Betreu­ungsplatz benöti­gen. Wenn näm­lich Schw­er­iner Kindertage­spflegeper­so­n­en aus wirtschaftlich Grün­den wegen zu geringer Zahlun­gen der Stadt ihre Kindertage­spflegestelle schließen müssten oder sich wegen der ungerecht­en Bezahlung eine andere Arbeit sucht­en, dann gin­gen je Kindertage­spflegestelle bis zu fünf Betreu­ungsplätze für Kinder ver­loren. „Ich sehe aktuell hier Ober­bürg­er­meis­ter Dr. Baden­schi­er weit­er in der Ver­ant­wor­tung und auch Pflicht, endlich zu han­deln. Also konkrete Vorschläge zu unter­bre­it­en wie und bis wann die ver­schiede­nen Prob­leme aus sein­er Sicht gelöst wer­den sollen”, so Cindy Mater­na.

 

Stadt äußerst sich nicht, ob Rechtslage höhere Zahlungen vorgeben würde

Die Stadtver­wal­tung scheint die dur­chaus drama­tis­che Sit­u­a­tion weit­er­hin nicht zu sehen oder nicht sehen zu wollen. Auf Anfrage unser­er Redak­tion, ob und wenn weshalb man Kid­nertage­spflegeper­so­n­en nicht entsprechend der geset­zlichen Vor­gaben bezahlt, erk­lärte Sozialdez­er­nent Ruhl, man ori­en­tiere sich an ein­er „vom Jugend­hil­feauss­chuss beschlosse­nen ‚Han­dre­ichung zur Fes­tle­gung der laufend­en Geldleis­tun­gen für die Kindertage­spflegeper­so­n­en in der Lan­deshaupt­stadt Schw­erin‘.” Jahr für Jahr verbessere sich dadurch nun die „trans­par­ente Einkom­menssi­t­u­a­tion”. Und die Lan­deshaupt­stadt bewege sich dabei „im lan­desweit­en Ver­gle­ich auf hohem Niveau”. Das klingt alles blu­mig. Die bewusste Nicht­beant­wor­tung der Frage nach der geset­zlichen Vor­gabe lässt dur­chaus wenig Inter­pre­ta­tion­sspiel­raum.

 

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Warten bis zum näch­sten Jahr sei im Anbe­tra­cht der aktuellen Sit­u­a­tion keine geeignete Option. Schon jet­zt ste­he den Betrof­fe­nen per Gesetz mehr Geld zu. Geld, das sie drin­gend bräucht­en. Denn neben ihren finanziellen Zusatz­be­las­tun­gen im Beruf, sind sie, eben­so wie alle anderen Schw­er­iner­in­nen und Schw­er­iner, auch im Pri­vatleben mit den Fol­gen der Infla­tion belastet. „Mit net­ten Worten und Ver­sprechen lassen sich keine Rech­nun­gen und höhere Abschlagszahlun­gen der Energiev­er­sorg­er bezahlen.”

 

Selbst ohne Inflationsthematik sind Sachkostenzahlungen zu gering

Bere­its am Mon­tag kann die Kom­mu­nalpoli­tik zeigen, wie sehr sie tat­säch­lich hin­ter den Tages­müt­tern ste­ht und wie sehr sie deren zu Arbeit würdi­gen bere­its ist. Denn dann ste­hen zwei Punk­te auf der Tage­sor­d­nung der Stadtvertre­tung. Ein­er fordert den Ober­bürg­er­meis­ter auf, die Sachkoste­nausstet­tung – also das Geld, das die Stadt den Tages­müt­tern für anfal­l­ende Sachkosten erstat­tet – anzu­passen. In sein­er Begrün­dung geht Stadtvertreter Stephan Mar­ti­ni (ASK) primär auf die aktuelle Infla­tion und die damit ver­bun­de­nen Preis­steigerun­gen ein.

Dies macht sich die Ver­wal­tung zu Nutze, indem sie in ihrer Stel­lung­nahme erk­lärt, hier zu unter­stützen sei Auf­gabe des Bun­des. Eine vorherige Erhöhung der entsprechen­den Gelder wäre zudem ein unzuläs­siger Vor­griff auf den zu erstel­len­den neuen Haushalt. Unberück­sichtigt und uner­wäh­nt lässt die Ver­wal­tung allerd­ings, dass schon die aktuellen Sachkosten­zahlun­gen ohne die Infla­tion­s­the­matik nicht nur umstrit­ten son­dern wissentlich zu ger­ing erfol­gen. Bleibt zu hof­fen, dass die Stadtvertreterin­nen udn Stadtvertreter dies im Hin­terkopf haben und den Weg frei machen, dass die Kindertage­spflege-Per­so­n­en die Sachkosten­zuschüsse erhal­ten, die ihnen zuste­hen wür­den.

 

Gleiche Bezahlung wie Kita-Kräfte eher unwahrscheinlich

Ein zweit­er Antrag Mar­ti­nis zielt darauf ab, Tages­müt­ter so zu bezahlen wie Kita-Per­son­al und entsprechende Tar­if­steigerun­gen auch automa­tisch mit weit­erzure­ichen. Aktuell stellt sich die Sit­u­a­tion so dar, dass Kindertage­spflege-Kräfte nach dem Tar­if­sys­tem des Öffentlichen Dienst Geld erhal­ten. Die Ein­stu­fung erfol­gt aber niedriger und kommt es nach Tar­ifver­hand­lun­gen zu Gehaltssteigerun­gen bei Angestell­ten, gibt die Stadt diese Erhöhun­gen nicht an die Tages­müt­ter weit­er. Hinzu kommt, dass auch soge­nan­nte Erfahrungsstufen, von denen es fünf gibt, nur unzure­ichend genutzt wer­den. Nur Stufe 1 und 2 wen­det die Stadt bei den Tages­müt­tern an. Jahre­lange Erfahrung und eventuelle Zusatz-Weit­er­bil­dun­gen bleiben damit fak­tisch unberück­sichtigt. Man kann dies dur­chaus als „skan­dalös” beze­ich­nen.

 

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Automatismus bei Tariferhöhung wäre nur gerecht

Die Ver­wal­tung emp­fiehlt natür­lich auch bei diesem Antrag Ablehnung. Wieder ist von einem unzuläs­si­gen Vor­griff auf den neuen Haushalt die Rede. Damit ver­fährt der Ober­bürg­er­meis­ter bei den Tages­müt­tern wie auch im Falle der Hon­o­rarkräfte an der Volk­shochschule und den Musikschulen. Nicht Leis­tung und Qual­ität wer­den hon­ori­ert, son­dern es gibt, das, was man im Haushalt – in den übri­gens da neue Dez­er­nat mit jährlichen Kosten von min­destens 250.000 bis  300.000 Euro eingear­beit­et ist – find­et bzw bere­it ist freizu­machen.

Anzunehmen ist, dass die Gle­ich­stel­lung mit den Kita-Kräften keine Mehrheit find­et. Das wäre auch nicht ganz unko­r­rekt, denn entsprechende Rechtssprechun­gen sehen eine etwas niedrigere Ein­stu­fung der Tages­müt­ter vor. Allerd­ings wäre es nur fair und gerecht – ein ger­ade auch in der Partei des Ober­bürg­er­meis­ters gern genutztes Wort – wenn zumin­d­est der Automa­tismus einge­führt würde, dass bei Tar­ifer­höhun­gen auch die Kindertage­spflege-Per­so­n­en unmit­tel­bar diese Erhöhung erhal­ten.

 

Landesverband hofft auf Stadtvertretung

Mit Blick auf den kom­menden Mon­tag sagt Cindy Mater­na: „Ich hoffe, dass die Mehrheit der Schw­er­iner Stadtvertreter sich am kom­menden Mon­tag mit den Schw­er­iner Kindertage­spflege-Per­so­n­en sol­i­darisch erk­lärt und diesen hil­ft. Sprich die Stadtvertre­tung den Ober­bürg­er­meis­ter beauf­tragt, […] dem Jugend­hil­feauss­chuss konkrete Beschlussvor­la­gen für mehr Geld für die Schw­er­iner Tages­müt­ter vorzule­gen.”

 

 

  • Stephan Haring

    Stephan Har­ing ist freier Mitar­beit­er unser­er dig­i­tal­en Tageszeitung. Er hat ein Bach­e­lor-Studi­um der Kom­mu­nika­tion­swis­senschaften an der Uni­ver­sität Erfurt mit den Neben­fäch­ern Sozial­wis­senschaften & Poli­tik absolviert. Im Nach­hinein arbeit­ete er in lei­t­en­den Funk­tio­nen der Presse- & Öffentlichkeit­sar­beit, im Leitungs­bere­ich eines Unternehmens sowie als Rek­tor ein­er pri­vat geführten Hochschule. Zudem entwick­elte, organ­isierte und real­isierte er mit der durch ihn entwick­el­ten LOOK ein Fash­ion­event in Schw­erin. Heute arbeit­et er freiberu­flich als Tex­ter, Press­esprech­er und Tex­tko­r­rek­tor sowie als Berater in ver­schiede­nen Pro­jek­ten. In einem Schw­er­iner Orts­beirat ist er zudem ehre­namtlich als Vor­sitzen­der kom­mu­nalpoli­tisch aktiv.

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